Re: Selbständige (Krankenkassenrecht)

RHW, Samstag, 04.09.2010, 08:34 (vor 5184 Tagen) @ Klage

Hallo,

"In meinen Augen gibt es gar keine Lösung des "Problems". Von den ca. 300.000 Nichtversicherten waren wieviel krank und haben wieviel gekostet? Vor 2007 gab es keinen Versicherungszwang für Selbständige. Die Lösung ist ganz einfach: entweder gänzliche Versicherungsfreiheit oder Recht auf Versicherung oder Versicherungszwang mit Zahlung von Beiträgen gemäß des TATSÄCHLICHEN Einkommens, wenn es bei letzterem kein Einkommen gibt, wird eben auch nur 0 EURO Beitrag gezahlt."

Hier einige Gedanken dazu:
Von den Versicherten (und auch den Nicht-Versicherten) ist zum Glück immer nur ein kleiner Teil krank. Bei Krankheit gibt es aber sehr oft einen sehr starken Wunsch bei den Nicht-Versicherten ganz plötzlich eine Versicherung haben zu wollen. Das ist aber für eine Versicherung nicht machbar/tragbar ("ein brennendes Haus ist nicht zu versichern"). In der Vergangenheit hatten die Nicht-Versicherten dann sehr häufig keine Rücklagen und die Kosten wurden dann vom Sozialamt getragen (und damit vom Steuerzahler). Die Einführung ist also zum Schutz der (verschuldeten) Städte und der anderen Steuerzahler (und Beitragszahler, wenn es die Erkrankten doch irgendwie in die GKV geschafft haben).

"Vor 2007 gab es keinen Versicherungszwang für Selbständige."
Und vor 1884 gab es auch keine Versicherungspflicht für Arbeitnehmer. Wenn Freiheit dann auch ruhig für alle. Als Arbeitnehmer ist meine Freiheit nach dem Grundgesetz auch eingeschränkt: ich kann keine Beschäftigung ohne Sozialversicherungspflicht aufnehmen. Bei einer Freiheit für alle würde dann aber kaum noch einer versichert sein. Die Kosten müssten dann durch Steuern bezahlt werden (mit entsprechend hohen Steuersätzen). So ein staatliches Gesundheitssystem kann man in Großbritannien sehen (mit allen Vor- und Nachteilen).

Beiträge nach dem Einkommen bedeutet dann konsequenterweise, dass ich bei Verlusten noch Geld von meiner Krankenkasse bekomme. (Gespräch unter Selbständigen: "Wovon lebst du?" "Von den Beitragszahlungen, die mir meine Krankenkasse monatlich überweist? :-D ).
Eine Mindesteinnahmegrenze macht meines Erachtens schon Sinn.

Über die Höhe kann man durchaus geteilter Meinung sein. Bis 1988 konnten die Krankenkassen teilweise die Höhe der Mindesteinnahme selber frei bestimmen. Von der aktuellen Mindesteinnahmegrenze von 1916 Euro gibt es seit einigen Jahren neben den Existenzgründern auch noch andere Ausnahmen, bei denen die Mindesteinnahme von 1277 Euro gilt.

In unserer Demokratie kann man auf Gesetze Einfluss nehmen: Schreiben an das Gesundheitsministerium, Kontakt mit Bundestagsabgeordneten, Petitionsausschuss, Eintreten in eine Partei, Gründen einer Bütgerinitiative ....

Das Bundessozialgericht hat übrigens entschieden, dass die Mindesteinnahme mit dem Grundgesetz vereinbar ist, und daher nicht das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet.

Nr. 18 bis 20:
http://lexetius.com/1998,208

Gruß
RHW


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