Termin, Frist, reguläre Kündigung, Sonderkündigung (Krankenkassenrecht)

Jack @, Dienstag, 16.11.2004, 23:43 (vor 7311 Tagen) @ Trabbifahrer

Hallo Trabbifahrer,
macht echt Spaß mit Ihnen zu diskutieren. Ist aber eine zugegebenermaßen schwierige Materie. Habe am Wochenende auf einer Sozialrechtstagung den Justitiar einer KV gefagt. Der sagt, für das SGB ist § 26 SGB-X einschlägig, der die §§ 185-193 des BGB leicht modifiziert. Die am 2.11. eingegangene Sonderkündigung ist rechtzeitig.

Zu den Gründen: Zunächst einige Zitate:
(A) SGB-V § 175 Abs. 4 Satz 2: Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt.
(B) SGB-V § 175 Abs. 4 Satz 4: Die Kündigung wird wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung nachweist.
(C) SGB-V § 175 Abs. 4 Satz 5: Erhöht eine Krankenkasse ihren Beitragssatz, kann die Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 bis zum Ablauf des auf das Inkrafttreten des der Beitragserhöhung folgenden Kalendermonats gekündigt werden.
(D) SGB-X § 26
(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.
(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Dies gilt nicht, wenn dem Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.
(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.
(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.
(E) BGB § 193 Sonn- und Feiertag; Sonnabend
Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

Das sind die Grundlagen.

1. Zunächst streiten wir uns, ob das Ende der Kündigungsfrist ein Termin ist. Das Ende einer Frist ist das Ende einer Frist, nämlich eines Zeitraums. Ein Termin ist ein Datum (am 1.1.2002, bis zum 30.9.). Beleg: Meine Zitate A bis C: Der Gesetzgeber schreibt in Zitat A und Zitat B in beiden Fällen "zum Ablauf". Sie sagen, das sei ein Termin, ich sage, das ist eine Frist. Weil die Definition eigentlich jedem klar ist, enthält das BGB keine eigene Definition der beiden Begriffe in den §§ 185-193. Aber der Gesetzgeber nennt in Zitat B selbst den Begriff Kündigungsfrist und bestätigt damit meine These.

2. Man muss differenzieren zwischen regulärer Kündigung und Sonderkündigungsrecht. Figge schreibt nur von der regulären Kündigung. Weil die nach Ablauf der 18 Monate immer, jeden Tag, möglich ist, gilt hier der Tag des Eintreffens bei der Kasse. Und die Kündigung wird mit Ablauf des dem Eingang folgenden übernächsten Monat wirksam, egal, ob Sa., So. oder Feiertag. Weil es hier keine Frist gibt, innerhalb derer gekündigt werden kann, können Regelungen die für Fristen gelten nicht angewendet werden.

3. Im Gegensatz dazu haben wir beim Sonderkündigungsrecht eine Frist und deshalb gelten die Regelungen des SGB-X oder des BGB für Fristen.

4. BGB 193 beginnt mit "Ist ... an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben, ... so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Das wird wiederholt im § 26 Abs. 3 SGB-X, wobei für Termine eine Einschränkung gemacht wird: Das gilt nur dann nicht, wenn dem Betroffenen ein fester Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist, und zwar unter Berufung auf Abs. 3 !

5. Nach BGB ist es also egal, ob es sich um einen Termin oder ein Fristende handelt, immer gilt der nächstfolgende Werktag. Und da dem Betroffenen von der alten Kasse regelmäßig nicht unter Berufung auf § 26 Abs. 3 ein bestimmter Tag als Ende seines Sonderkündigungsrechtes mitgeteilt wird, gilt eben der nächstfolgende Werktag.

6. Zusammenfassend gilt also:
Die reguläre Kündigung, eingetroffen am 2.11. bei der Kasse führt zum Ende der Mitgliedschaft am 31.01.05.
Die Sonderkündigung, eingetroffen am 2.11. wird zum 31.12. wirksam.
Bißchen verwirrend für Kassenmitarbeiter, aber Gesetz.

7. Dass die Mitgliedschaft immer am letzen Tag des Monats endet, auch wenn das ein Sonntag ist, ergibt sich aus dreierlei: Erstens ist nach BGB die Fristverlängerung nur für Willenserklärungen gültig. Zweitens wird das Ende der Mitgliedschaft dem Mitglied von seiner Kasse als fester Termin mitgeteilt. Drittens ist das nochmal ausdrücklich in § 26 Abs. 4 SGB-X festgelegt.

Wenn Sie diese Stellungnahme noch sicherheitshalber dem Kommentator Figge übermitteln wollen, mit der Anregung einer klarstellenden Ergänzung des Kommentars, wette ich, Sie bekommen die Bestätigung.

So. Hat wie gesagt Spass gemacht, als Nichtjurist (nur Hobbyjurist) noch mal richtig fachsimpeln zu können.


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