Re: Hautkrebsvorsorge: Kostenerstattung bei konkretem Krankheitsverdacht? (Gesetzliche Krankenkassen)

Jack, (vor 7436 Tagen) @ ichweissbescheid

Schon Untersuchungen von 200.000 BKK-Versicherten in Bayern zeigten bei jedem zwanzigsten Versicherten den Verdacht auf eine Hautkrebserkrankung. Bei jedem Hundertsten bestanden sogar Hinweise auf das Vorliegen des besonders gefährlichen schwarzen Hautkrebses (Melanom).

Das sind die üblichen Panik-Zahlen, die herausgekramt werden, um einen vorbestimmten Zweck zu erreichen: Die Krankenkassen sollen entweder von interessierter Seite veranlaßt werden, Sonderverträge zu schließen, oder die Kassen selbst versuchen, sich von der Masse der Kassen abzuheben und Argumente für den Beitritt in ihre Kasse zu liefern.

Maßgeblich ist doch nicht, wie oft ein Verdacht erhoben wird, sondern wie oft sich ein Verdacht als begründet herausstellt. Denn an einem Krankheitsverdacht stirbt kein Patient, er stirbt an der Krankheit. Für die tolle Meldung der BKK gilt das gleiche:

Das Durchschnittalter von Patienten mit Melanomverdacht liegt in Deutschland bei ca. 45 Jahren

Betrachtet man die wahre Häufigkeit von bestätigten Melanomdiagnosen, liegt die jährliche Neuerkrankungsrate in Deutschland bei etwa 10 auf 100.000 Einwohner. Unterstellt man eine Lebenserwartung von 80 Jahren, kann man eine Wahrscheinlichkeit von 800 auf 100.000 Menschen berechnen. Nur einer von 125 Menschen wird also im Leben ein Melanom bekommen. Wenn man im Alter von 20 bis 80 Jahren jeden Menschen alle zwei Jahre untersuchen würde, müßte man 3750 Untersuchungen machen, um ein Melanom zu entdecken. Mit einer Häufigkeit von 2 % aller Krebserkrankungen ist es ein relativ seltener Tumor.

Das Nierenzellkarzinom hat eine Häufigkeit von 12 auf 100.000 Menschen. Auch hier müßte man um 3.000 Ultraschall-Untersuchungen machen, um ein einziges Karzinom zu erkennen. Mit einer Häufigkeit von 3 % aller Krebserkrankungen ist es häufiger als das Melanom.

Ich weiß nicht, ob eine Untersuchung der ganzen Haut nach den BKK-Verträgen teurer oder billiger ist als eine Ultraschall-Untersuchung der Nieren.

Generell könnte man sagen: Ein generelles Screening auf alle Krebsarten, die eine Häufigkeit von mehr als 2 % aufweisen, ist für die Kassen nicht finanzierbar. In irgendwelchen Nischen mögen Krankenkassen da Sonderverträge und viel Wind von ihrer Großzügigkeit machen. Vielleicht kennt jemand eine Kasse, die ein kostenloses Ultraschall-Screening zur Frühentdeckung des Nierenzellkarzinoms anbietet: Dann könnten sich die Versicherten aussuchen, ob sie mehr Angst vor dem Nierenkarzinom oder dem Melanom haben und entsprechend die Kasse wählen.

Pech nur für Einen, der sich wegen des (geringen) Melanom-Risikos die Melanom-Paniker-Kasse aussucht, aber dann am Nierenzellkarzikom stirbt, weil er sich das Geld gespart hat, sich mit einer privat bezahlten Nieren-Ultraschalluntersuchung dieses (ebenso geringe) Risiko abzudecken.

Nein, mal Spaß beiseite: Gegen diese Erkrankungen mit geringer Häufigkeit vorzusorgen, ist die individuell zu treffende Entscheidung jedes Menschen. Die trifft er nach seinem persönlichen Sicherheitsbedürfnis und finanziert sie dann auch mit eigenem Geld.

vgl. auch:
http://www.aerzte-mettmann.de/pageID_416414.html



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