400 000 Mitglieder verlassen die DAK (Gesetzliche Krankenkassen)

Cindy, Sonntag, 09.05.2010, 02:25 (vor 5313 Tagen)

Krankenkassen: Zusatzbeiträge sorgen für Wechselwelle

Die Zusatzbeiträge, die einzelne Krankenkassen erheben, sorgen für einen Exodus der Versicherten zu konkurrierenden Kassen. Die betroffenen Kassen wie die DAK oder KKH geraten in zusätzliche Finanzierungsprobleme, weil es vor allem gesunde Versicherte sind, die sich zu einem Wechsel entschließen.
von Peter Thelen

BERLIN. „Wat den een sien Uhl, is den annern sien Nachtigal." Frei nach dieser plattdeutschen Spruchweisheit profitieren derzeit vor allem die Marktführer unter den gesetzlichen Krankenkassen, die Barmer-GEK und die TK, davon, dass ihre ärgsten Konkurrenten DAK und KKH-Allianz seit einigen Wochen Zusatzbeiträge erheben müssen, weil sie mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. 230 000 Neueintritte zählte die TK nach eigenen Angaben seit Anfang des Jahres. Bei der Barmer-GEK waren es 150 000. Und das Gros der Neuzugänge kommt, so erfuhr das Handelsblatt aus Kassenkreisen, von der DAK und der KKH.

Der drittgrößten deutschen Krankenkasse DAK, die seit 1. Februar acht Euro Zusatzbeitrag von ihren Versicherten verlangt, kehrten im Gegenzug seit Januar 150 000 Mitglieder den Rücken. Nach internen Schätzungen soll die Zahl bis zum Ende des Jahres auf 400 000 steigen.
Auch die KKH räumt ein, dass es eine Kündigungswelle gegeben habe, seit sie zum 1. März einen Zusatzbeitrag von acht Euro einführte. Inzwischen sei der Exodus schwächer geworden. Gleichwohl geraten beide Kassen dadurch in zusätzliche Finanzierungsprobleme. Sie entstehen auch deshalb, weil es vor allem gesunde Versicherte sind, die sich zu einem Kassenwechsel entschließen.

In der offiziellen Statistik spiegeln sich die durch Zusatzbeiträge ausgelösten Wanderungsbewegungen zwischen den Kassen aber noch nicht wieder. Hauptgrund sind die langen Kündigungsfristen bei einem Kassenwechsel. Erste verlässliche statistische Daten gebe es erst Anfang Juli, hieß es gestern bei der Barmer.

Würde die größte Kasse auch einen Zusatzbeitrag erheben, könnte dies die Abwanderungswelle aus den insgesamt elf Kassen mit Zusatzbeiträgen deutlich bremsen. Kassen wie die AOK Rheinland-Pfalz oder die AOK Saarland, denen nach Informationen aus Insiderkreisen das Wasser längst bis zum Hals steht, warten nur auf einen solchen Schritt des Marktführers. Solange er ausbleibt, versuchen sie formelle Beschlüsse über Zusatzbeiträge hinauszuzögern, um eine Kündigungswelle zu vermeiden.

Doch noch ist die Barmer nicht soweit. Ihr Sprecher dementierte gestern Berichte, sie müsse bald einen Zusatzbeitrag erheben. Auch bei der TK steht das Thema nicht auf der Agenda. Barmer-Chefin Birgit Fischer hofft auf die Hilfe der Politik. Sie hält die einseitige Belastung der Versicherten durch Zusatzbeiträge für falsch und fordert stattdessen neben weiteren Sparmaßnahmen, den zur Hälfte von den Arbeitgebern zu tragenden allgemeinen Beitragssatz von derzeit 14 Prozent zu erhöhen. Die Wirtschaft müsse auch ihren Beitrag leisten.Höhere Lohnzusatzkosten will Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) aber bislang unbedingt vermeiden.

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