massive Beitragssteigerungen (Private Krankenversicherungen)

RHW, Sonntag, 27.11.2011, 08:41 (vor 4745 Tagen) @ Joachim Röhl

Einige Anmerkungen zu den Tipps:

Die Antragspflichtversicherung ist innerhalb von 3 Monaten nach Beginn der Selbständigkeit zu stellen. Der Monatsbeitrag liegt 2011 bei 38 Euro. Es sind die wenigsten Selbständigen, die diese Versicherung abschließen. Im Übrigen sind es auch sehr wenige PKV-Experten, die bei Abschluss der PKV auf diese 38 Euro Verteuerung für die "Rückkehr-Garantie" hinweisen.


Sollte das 55. Lebensjahr überschritten sein, zahlt die Agentur für Arbeit sehr hohe Zuschüsse zur privaten Krankenversicherung und im Falle von Hartz 4 werden überhaupt keine Beiträge für private oder gesetzliche Kasse fällig. Auf Sozialhilfeniveau lebend dürfte es allerdings den allermeisten gleich sein, ob die Kosten eines Beinbruchs nun aus gesetzlichem oder privatem Töpfchen erstattet werden.

Bei Bezug von Arbeitslosengeld zahlt die Arbeitsagentur für die Betzugsdauer 15,5% von 80% des zugrundeliegenden Verdienstes als Zuschuss. Je nach Tarif kann der PKV-Beitrag deutlich höher sein.
Bei Ende des Alg-Bezuges wird der Zuschuss von der Arbeitsagentur eingestellt. Arbeitslosengeld II erhält man Jobcenter nur bei Bedürftigkeit (Vermögen? Ehegatteneinkommen? ...). Der Zuschuss wird maximal in Höhe der halben Beiträge für den Basistarif gezahlt. Die PKV muss bei einer Umstellung auf den Basistarif die Beiträge auf die Hälfte senken, so dass dann die Beiträge zu 100% übernommen. Wenn man nicht auf den Basistarif umstellt, sind die Hälfte der Beiträge für den Baisistarif aber die Obergrenze für den Beitragszuschuss. Der Basistarif hat den gravierenden Nachteil, dass kein Arzt verpflichtet ist, zu dem deutlich abgesenkten Honorar zu behandeln (Ausnahme: Notfälle). Nach dem Ende des Arbeitslosengeld II-Bezuges kann man vermutlich nicht mehr aus dem Basistarif wechseln.


Den Schritt in die kostenlose Familienversicherung über den Ehepartner wählen viele vormalige Selbständige, die keinen Anspruch auf ALG I mehr haben oder aufgrund hoher Rücklagen Hartz 4 nicht beantragen können. Dieser Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung ist sogar altersunabhängig möglich, falls die Einkommengrenze unterschritten wird. Dies sollte bei einer wirtschaftlichen Pleite oder einer gezielten Betriebsaufgabe in den wenigsten Fällen problematisch sein. Das Fenster zur kostenlosen Familienversicherung schließt sich erfahrungsgemäß dann, wenn mehr als 365€ gesetzliche Altersrente fließen.

Für diesen Schritt braucht man einen Ehegatten. Gerade bei wirtschaftlichen Pleiten leidet auch die familiäre Situation. Trennungen und Scheidung sind deutlich häufiger als in wirtschaftlich guten Zeiten. Noch-Ehefrauen könen leicht auf die Idee kommen, sich dieses Recht auf eine GKV-Rückkehr des Noch-Ehemannes bei der Höhe des Unterhaltes honorieren zu lassen. Falls nicht, wird ggf. noch vorher die Scheidung durchgeführt. In Trennungsfällen geht es oft hauptsächlich darum, wie man dem Ex-Partner schaden kann. Im Übrigen ist es nicht entscheidend in die Familienversicherung zu kommen, sondern mindestens 12 Monate dort zu bleiben (§ 9 SGB V). Anderenfalls ist eine freiwillige Weiterversicherung in der GKV nicht möglich.


Schlußfolgerung: jeder Privatversicherte sollte spätestens um die Fünfzig seine zu erwartenden Alterseinkünfte abschätzen. Sind weniger als das 5fache des heutigen Beitrages in der PKV zu erwarten, sollte über einen geordneten Wechsel ins gesetzliche System nachgedacht werden. [/i]

Gesetzesänderungen sind übrigens jederzeit möglich. Es gibt keine Garantie, dass die Altersgrenze von 55 nicht nächstes (oder übernächstes) Jahr auf z.B. 50 gesenkt wird. Gerade nach Bundestagswahlen gibt es häufiger Änderungen. Oder die erforderliche Dauer der Familienversicherung wird z.B. von 12 auf 60 Monate verlängert. Dann muss man den erhöhten Unterhalt an die Noch-Ehefrau entsprechend länger zahlen. :-) Bei Gesetzesänderungen, die die Rückkehrmöglichkeiten in die GKV einschränken, gibt es keinen Vertrauensschutz.

In den letzten 25 Jahren fallen mir spontan ein halbes Dutzend neu eingeführte Einschränkungen bei der Rückkehr in die GKV ein.

Wer die Rückkehr in die GKV fest einplant, hat hoffentlich die Altersvorsorge nicht komplett auf griechische Staatsanleihen aufgebaut. Sonst kann kann man doppelt Pech haben.


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