Re: Tarife und Selbstbeteiligung (Private Krankenversicherungen)

Thomas, Samstag, 14.10.2006, 16:38 (vor 6616 Tagen) @ MichaelMV

Die 1250 euro bezogen sich nicht auf die 1100 Euro Rechnung, sondern auf Ihre tatsächliche Selbstbeteiligung.

Wichtig war mir, nur zu zeigen, dass die SB von 650 nicht das einzige ist, das Sie im Jahr unter Umständen selbst bezahlen müssen.
Denn auf die SB werden nur die erstattungsfähigen Kosten angerechnet, also z.B. bei 75% erstattungsfähigem Zahnersatz nur die 75%, nicht die 25%, die Sie sowieso selbst zahlen müssen und all das, was medizinisch nicht notwendig ist und bei gewissen Tarifen auch als NICHT ANGEMESSEN angesehen wird.

Auch sog. individuelle Gesundheitsleistungen (IGEL), die einem Kassenpatient schon nur sehr reduziert angeboten werden, da der sofort bar zahlen muss, werden Privatpatienten gern im normalen Behandlungsverlauf untergeschoben - diese Leistungen sind oft medizinisch nicht notwendig und werden zudem oft nicht angemessen, d.h. überhöht abgrechnet.

Gehen wir z.B. mal auf Ihr HNO-Arzt-Beispiel ein. Sie gehen als Privatpatient zum HNO-Arzt wegen einem Knalltrauma an den Ohren. Plötzlich werden Sie gefragt: "Darf ich mal in Ihren Hals (es ist nicht der Mund gemeint) reinschauen?" Sie sagen verdutzt: "JA!". Dann schaut der Herr Doktor mit einer Spezialkamera in den Hals gen Magen und nicht gen Ohren und sagt, das ja alles in Ordnung ist. So, das treibt die Rechnung aber um 50 Euro nach oben und ist - sofern der Arzt nicht lügt und als Diagnose "Halsentzündung usw." auf der Rechnung angibt - nur bedingt medizinisch notwendig und sicherlich nicht angemessen. Sind Sie in einem Top-Tarif, lächelt der Sachbearbeiter der PKV nur über den Erfindungsreichtum der Ärzte bei der Einkommensvermehrung. Sind Sie in einem Billigtarif mit Angemessenheitsklausel, wird der Sachberarbeiter schon stutzig. Würde dieses ärtzliche Vorgehen eine höhere Summe ausmachen, würde hier die Erstattung mit Sicherheit verweigert.

Und hier zeigt sich das Problem: Oft ist nicht die SB das Hauptmerkmal, ob Sie etwas selbst zahlen müssen, sondern die Bedingungen!

Je nach dem, wo Ihre gesundheitlichen Problembereiche liegen werden - haben Sie schon welche, können Sie die PKV wegen der Gesundheitsprüfung eh vergessen - gibt es unterschiedlichen Haken:
Manche PKV zahlt Masseure und Zahntechniker nur nach der Preisliste für Beihilfeberechtige (Beamte) des Bundesinnenministers, andere haben sogar eigene Preislisten, die weit darunter liegen. Ist alles kein Problem, wenn man es vorher weiß (kostenvoranschläge einreichen) und mit Verhandlungsgeschick die Preise drückt.

Doch wenn man ahnungslos zum Arzt geht und der wie die Metzgersfrau immer fragt: "Darf es noch ein bisschen mehr sein?", wird"s teuer. Da wird diese und jene neue naturheilkundliche Methode an einem exerziert usw., man wird kurzfristig für todkrank erklärt, bis man nach zehn Röntgenaufnahmen halb strahlenverseucht im Kernspin noch magnetisch die Plomben aus den Zähnen gezogen bekommt und erhält dann die frohe Kunde, dass man kerngesund ist. Und hier dürfte ein Angemessenheitstarif besonders unter den finanziellen Belastungen der Gesundheitsreform v.a. finanzielle Belastungen für Sie bedeuten oder Leistungseinschränkungen, z.B. dass Kernspins (MRT) und CTs genehmigungspflichtig werden. Doch was machen Sie, wenn diese wirklich notwendig sind und aus Kostengründen nicht genehmigt werden? Bei Kassenpatienten tritt das Problem öfter auf, doch dann wird halt ein sog. Großgeräteeinsatz abgrerechnet, der einigermaßen die Kosten deckt. Aber beim Privatpatienten bleiben Sie auf den Kosten sitzen.

Sie müssen sich nämlich einer Sache bewusst sein: Für viele Fachärzte und Krankenhäuser sind Privatpatienten die Quersubventionierungskuh für die GKV-Patienten, da wird abgerechnet, dass sich die Balken biegen. Deshalb sollten Sie wirklich bei billigen Tarifen vorsichtig sein: Denn diesen leisten nämlich dann nicht oder werden später extrem teuer!

Deshalb sind oft auch Tarife mit einer hohen Beitragsrückerstattung oft beitragsstabiler, weil die Patienten damit bestochen werden, nicht zum Arzt zu gehen. Ob dies auf Dauer in höherem Alter gesund ist, sei dahin gestellt.


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