Re: wer ist wirklich besser, gesetzl. oder privat? (Private Krankenversicherungen)

Ein-PKV-Versicherter, Mittwoch, 16.12.2009, 00:44 (vor 5457 Tagen) @ Brömel

Was ist besser?

Wer auch nur ein paar wenige Beiträge aus dem Forum gelesen hat trifft immer wieder auf die gleichen Antworten: Kann man pauschaul nicht sagen, kommt auf die Leistungswünsche an, kommt auf die familiäre Situation an, usw.

"Besser" - Was ist der Bewertungsmaßstab?
Maximales Geldsparen? Die Möglichkeit bestmöglicher Versorgung? Wertschätzung für das Solidarsystem? Beim Arzt bevorzugt behandelt zu werden? Eigenverantwortlichkeit bei der Gesundheitsabsicherung? Niedrige Beiträge in Zeiten schlechteren Einkommens und im Alter? Wirtschaftlicher Umgang mit limitierten Finanzmitteln?

Meine Meinung:

Der Beitrag
PKV ist in der Regel nur bedingt zum Geld sparen geeignet.
Wer einen "billigen" Tarif hat wurde schlecht beraten oder hat sich wissentlich für einen löchrigen Versicherungsschutz entschieden, der im Krankheitsfall die finanzielle Existenz ruinieren kann.
Für das Privileg die Samstags-Privat-Sprechstunde besuchen zu dürfen, verzichtet man doch gerne mal auf den medizinisch notwenigen Herzmonitor für 10.000 €, den die GKV bezahlt hätte - oder? ;) Die Motivation für die PKV sollte ein erhöhter Leistungsanspruch sein - und der kostet Geld. Man muss sich dessen klar sein, dass die Beitragsersparnis vermutlich eine Vorübergehende sein wird. Korrekter Weise wären übrigens die Beiträge von GKV+Zusatzschutz mit privater Vollversicherung zu vergleichen. Ok, alternativ kann man natürlich auch die Eigenverantwortung in den Fokus rücken und niedrige Beiträge durch große Selbstbehalte oder Leistungslücken im Tarif realisieren. Das ist aber nichts für die Masse sondern nur für Leute, die sehr genau wissen, was sie tun.

Wirtschaftlichkeit
Warum ist der Privatpatient bei den Ärzten lieber gesehen als ein Kassenpatient? Hinter dem Kassenpatient steht eine starke "Einkaufsgemeinschaft", die die Preise drückt!
Für das Gesundheitswesen steht nur ein begrenztes Budget zur Verfügung, das es so effizient wie möglich zu nutzen gilt. Man kann sicher noch an der einen oder anderen Stelle an der Effizienz arbeiten, sei es die Anzahl der Krankenkassen oder seien es die Preise der Arzneimittel. Aber die Tendenz in der GKV stimmt: An verschmerzbaren Stellen Leistungen kürzen und Honorare begrenzen statt angesichts unserer Demographie die Beiträge vollends explodieren zu lassen. Das Ziel, allen die wirklich notwendigen Leistungen zukommen zu lassen, bleibt gewahrt.

Was macht im Vergleich dazu die PKV? Die Patienten versichern sich in teuren Tarifen, um die Bindungen an Honorarordnungen aufzuweichen. Budgets? Fehlanzeige. Statt dessen fühlt sich der Privatpatient "gut behandelt", wenn er objektiv übertherapiert wurde. Demographieproblem? Die Altersrückstellungen werden es hoffentlich richten. Ansonsten Augen zu und durch.

Eigenverantwortung
Jeder kann das Leistungsniveau versichern, was er für sich für notwendig hält und das zu seinem Geldbeutel passt. Das Kleingedruckte vieler Tarife ist interessanter Weise nur deshalb so lang, weil man die zahlreichen Leistungslöcher darin verstecken musste. Der normale Patient ist hoffnungslos mit der Tarifauswahl überfordert und - liebe Vermittler, verzeiht mir den Kommentar - mancher aus eurer Zunft auch.
Ich bin zwar gegen viel staatliche Regulierung, aber dem Tarifwildwuchs dürfte durchaus Einhalt geboten werden. Elektrische Geräte müssen gewissen sicherheitstechnischen "Mindestanforderungen" genügen, bei einem so existentiellen Produkt wie der Krankenversicherung sollte das analog dazu gelten.

Soziale Gerechtigkeit
Ich finde es durchaus ok, wenn Familien von der GKV derart bevorzugt werden, dass es den meisten PKV-Versicherten die Zornesröte ins Gesicht treibt. Kinder sind jede Subvention wert.

Darüber hinaus ist es aus meiner Sicht sinnfrei, dass höhere Einkommen nicht zum solidarischen System beitragen müssen. Aber mich fragt ja keiner ...
Dem Einzelnen, der sich "besser" versichern will, ist umgekehrt wohl kaum vorzuwerfen, dass er das Angebot der PKV nutzt. Es aus Idealismus nicht zu tun, wäre aus meiner Sicht zu viel verlangt.

Ach ja, eine Bemerkung am Rande:
Wir alle machen gerne mal Urlaub und daher finde ich es nicht verwerflich wenn auch ein Arzt das gelegentlich tut.

Fazit
Unsere GKV ist besser als ihr Ruf. Wenn Du dich mal intensiver mit PKV-Tarifen, ihren Leistungen und Nicht-Leistungen auseinander gesetzt hast, weißt Du das zu schätzen!

PKV kann sich abhängig von den Leistungsansprüchen und Lebensumständen in Form einer (evtl. nur anfänglichen) Beitragsersparnis lohnen. Allerdings sollte man sich sehr sehr genau vorher über die Konsequenzen dieses Schritts informiert haben.


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