Deswegen sind wir zur AOK gewechselt (Gesetzliche Krankenkassen)
Der Doktor und das liebe Honorar
Die AOK möchte Patienten stärker an die Hausärzte binden - Boni für fleißiges Impfen
Eine Impfung kann sich für Ärzte, die am Hausarztprogramm der AOK teilnehmen, künftig finanziell durchaus lohnen.
Patienten werden derzeit häufig auf das AOK-Hausarztprogramm angesprochen. Immer mehr Ärzte beteiligen sich. Das Programm existiert seit einem Jahr und bindet Patienten an den Hausarzt.
BRIGITTE SCHEIFFELE
Merklingen/Laichingen "Ich schlage vor, dass sie auch am Hausarzt-Programm teilnehmen, es hat viele Vorteile", sagt der Merklinger Arzt Dr. Ramiro Soria. Dann folgt eine schnelle Aufklärung über das bereits im Juli 2008 eingeführte AOK-Hausarztmodell, dem sich verstärkt Hausärzte der Region anschließen: "Bessere Vergütung für die Ärzte, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient, besserer Überblick für den behandelnden Arzt, denn die gesamte Krankheitsgeschichte des Patienten läuft über seinen Tisch. Patienten gehen immer erst zum Hausarzt, bevor sie zum Facharzt gehen, allgemein können Kosten eingespart werden durch unnötige doppelte Arztkontaktierung und es gibt eine Erleichterung für die Ärzte bei der Abrechnung." Das erst einmal in Kürze, meint Soria. Über den Schreibtisch reicht er die Teilnahmeerklärung zum AOK-Hausarztprogramm.
Und jetzt? Eine Unterschrift für bessere Ärztehonorare Und Einwilligung zur kompletten Gesundheitsüberwachung?
Mit seiner Unterschrift bestätigt der Patient zunächst einmal die Krankenversicherung bei der AOK und seinen Wohnsitz in Baden-Württemberg. Weiterhin seine Entscheidung, dass dieser Arzt für ein Jahr zum persönlichen Hausarzt wird und kein anderer. Also kein heimlicher Schritt mehr in eine andere Arztpraxis, wenn einem etwas nicht passt. Dieses Arzt-Patienten-Verhältnis kann mit einer Kündigungsfrist von einem Monat nach einem Jahr gekündigt werden, ansonsten verlängert sich der Vertrag um weitere zwölf Monate. Die Kündigung geht an die AOK und selbstverständlich wird der Arzt darüber informiert. Ein heimliches "Rausmogeln", etwa um sich einer direkten Konfrontation zu entziehen, ist nicht mehr möglich.
Die Urlaubsvertretung wird durch den Hausarzt organisiert, primär durch einen ebenfalls im Hausarztvertrag eingeschriebenen Arzt, im Bedarfsfall kann sie aber auch von einem anderen Hausarzt erfolgen. Verlässt der Patient die AOK, ist auch die Teilnahme am Hausarztprogramm nicht mehr möglich. "Der Vertrag basiert auf Vertrauen", wiederholt Soria. Außerdem erfolge eine bessere Vergütung der ärztlichen Leistung. Neu ist nun, dass es in der hausarztzentrierten Versorgung für den Arzt keine schwankenden Punktwerte mehr im Abrechnungssystem gibt, sondern ein festes Honorar mit einigen Zuschlägen. Zunächst gibt es eine Jahrespauschale von 65 Euro, unabhängig von den Patientenkontakten. Diese dient der Finanzierung der Praxiskosten. Weiter wird eine quartalsweise kontaktabhängige Gebühr von 40 Euro pro Patient gezahlt, sowie Zuschläge für chronisch Kranke. Zuschläge gibt es auch für besondere ärztliche Qualifikationen wie Psychosomatik oder Geräteausstattung. Und zum Schluss noch eine Vergütung für gewisse Behandlungsergebnisse, auch "erfolgsabhängige Zusatzvergütung" genannt, wenn vereinbarte Quoten bei Impfungen, Früherkennungsuntersuchungen oder Arzneimittelverordnungen erreicht werden. "Im ersten Quartal 2009 betrug die Fallpauschale 104 Euro pro Patient plus der Jahrespauschale", nennt Andreas Hinderberger, Pressesprecher der AOK Ulm als Beispiel. Und: "Wir wollen die Rolle des Hausarztes als zentralen Lotsen stärken."
Die Honorarabrechnung der Ärzte erfolgt nicht mehr über die Kassenärztliche Vereinigung, sondern über die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft, eine Managementgesellschaft. Sie koordiniert die Abrechnungsmodalitäten zwischen AOK und den teilnehmenden Ärzten dieses Hausarztprogramms. Hierfür zahlen die Ärzte eine Verwaltungskostenpauschale und benötigen eine spezielle Praxis-EDV. Diese Vertragssoftware gibt ihnen außerdem Verordnungsempfehlungen für Medikamente, unter anderem für Arzneimittel aus Rabattverträgen die zwischen der AOK und der Pharmaindustrie abgeschlossen wurden. " Hierdurch haben Patienten Vorteile durch die Befreiung der Rezeptgebühr für rabattierte Arzneimittel", sagt Hinderberger.
Außerdem sei mindestens einmal pro Woche Abendsprechstunde bis 20 Uhr, die Wartezeit nach Möglichkeit auf 30 Minuten maximal begrenzt, die Gesundheitsuntersuchung mit zusätzlichen Laborwerten werde jährlich angeboten.
3050 Hausärzte haben sich im Südwesten bereits in das Hausarzt-Programm eingeschrieben. Dr. Walter Bollenbach aus Laichingen begründet seine Teilnahme damit, dass mit diesem Modell die Rolle des Hausarztes gestärkt werden könne. Somit sei es aussichtsreicher, auch zukünftig Menschen für den Beruf des Hausarztes zu erreichen. Diesen als Lotsen einzusetzen, der nur gezielt an Fachärzte verweise und damit Kosten einzusparen, sei vernünftig und medizinisch sinnvoll: "Mit einem Augenproblem muss ein Patient nicht zwangsläufig zum Augenarzt, sondern eventuell zum Neurologen", sagt Bollenbach. Diese Entscheidung könne ein Hausarzt, der die Vorgeschichte kenne, besser treffen als der Patient, der zunächst einmal den Augenarzt aufsuchen würde.
Durch das Hausarztmodell sei auch ein Zeichen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung gesetzt worden, die es "restlos verschlafen" habe, sich im Rahmen der Gesundheitsreform für die Ärzte in Baden-Württemberg einzusetzen. Allerdings, so Bollenbach, sei es noch ungewiss, wie sich die Abhängigkeit des Hausarztes im Hausarzt-Modell auswirke. Er ist seit 1. Juli 2009 eingeschrieben.
Auch Paul-Gerhard Steinestel aus Laichingen ist beigetreten. Er lobt den besseren Überblick über die Krankheitsgeschichte des Patienten, die bessere Honorierung, den verminderten bürokratischen Aufwand bei der Abrechnung und in gewisser Weise die Zuzahlungsbefreiung für Medikamente aus Rabattverträgen: "Dennoch kann man als Arzt aufschreiben was man will, das EDV-Programm macht nur Vorschläge", betont er.
Seinen Patienten überreicht er in diesen Tagen Informationsmaterial, damit diese sich die Unterzeichnung des Vertrages überlegen können.
Erscheinungsdatum: Dienstag 25.08.2009
Quelle: http://www.suedwest-aktiv.de/
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Re: Deswegen sind wir zur AOK gewechselt
...mal wieder Werbung...
wurde eigentlich schon entschieden, ob die AOK die Zahlungen für das Hausarztmodell auf die Gesamtvergütung anrechnen kann (Wunsch der AOK) oder sie die Gesamtvergütung in voller Höhe an die kassenärztliche Vereinigung überweisen muss (Wunsch der KV)?
Im letzteren Fall hat die Aok nach allem, was man so liest, ein Problem....
Gruß GKVler
Re: Deswegen sind wir zur AOK gewechselt
@GKV´ler
In Bayern wurde vom LSG geurteilt, dass die Zahlungen angerechnet werden. Die KV geht also "leer" aus!