GKV bei Beamten mit Behinderung (Private Krankenversicherungen)

Robert, Dienstag, 23.09.2008, 13:27 (vor 5907 Tagen)

Hallo.
Ich habe folgendes Problem:

Ich bin seit ca. 1,5 Jahren Beamter z.A. in NRW.
Ich bin zu 60% schwerbehindert und hatte mich zum Zeitpunkt meiner Erstbeamtung (Feb. 2007) bei einer privaten KV beraten lassen, welche Leistungen abgedeckt seien.
Damals entschied ich mich gegen die PKV aufgrund vieler Unsicherheiten und des m.E. kleinen Leistungskatalogs.
Seither bin ich freiwillich gesetzlich versichert.

Ich zahle ca. 320€ pro Monat an Krankenkassenbeiträgen und würde das gerne reduzieren.

Eine Aufnahme in die PKV dürfte mir ja nicht mehr offen stehen (6 Monate nach Verbeamtung verstrichen).

Meine Situation stellt sich doch nun wie folgt dar:
Mein Arbeitgeber (das Land NRW) gewährt mir Beihilfe, die ich nicht nutzen kann, da die GKV alle Leistungen übernimmt.
Im Gegenzug gewährt der Arbeitgeber keine Zuschüsse zu Krankenkassenbeiträgen seiner Beamten, da er ja Beihilfe gewährt.
Angestellte erhalten wie bei jedem Arbeitgeber jedoch 50% der Mitgliedsbeiträge zur Krankenkasse bezuschusst.
Eine Mitgliedschaft in der PKV, den das Land NRW für seine gesunden Beamten durch seine Beihilferegelung vorsieht, steht mir aufgrund meiner Behinderung nicht offen.
Das Argument, dass mir ein Wechsel offen gestanden hätte, wenn ich mich innerhalb der ersten 6 Monate dazu entschieden hätte, darf doch hier nicht ziehen. Denn die Öffnungsklausel ist ein freiwilliges Angebot der PKVen gewesen, mit dem mein Arbeitgeber doch nicht argumentieren dürfte.

Fazit:
Als behinderter Beamter habe ich keine Wahlmöglichkeit. Ich bin gezwungen, in der GKV freiwillig versichert zu sein. Ich bin dadurch zur Zahlung der doppelten Beiträge gezwungen, wie mein Kollege, der Angestellter ist.

Meine Frage: ist das rechtens, oder bin ich unterinformiert ?

Werde ich als behinderter Beamter somit nach dem allgemeinen Gleichbehandlungssgesetz "diskriminiert" ?

Müsste mein Arbeitgeber in einer solchen "Zwangsituation" nicht dieselben Zuschüsse zu Mitgliedsbeiträgen von GKV zahlen, wie bei seinen Angestellten?

Ich strebe im Übrigen nicht danach, in die PKV zu wechseln, da ich mich in der GKV mit dem möglichen Rechtsweg über Sozialgerichte sicherer wähne und bislang die Leistungen der GKV für mich vollkommen zufriedenstellend waren.

Vielen Dank für hilfreiche Tipps.
Grüße
Robert

Re: GKV bei Beamten mit Behinderung

Robert, Montag, 29.09.2008, 15:32 (vor 5901 Tagen) @ Robert

Hallo Robert,

Deine Frage kommt mir sehr bekannt vor, habe/hatte ich doch mit denselben Problemen in Bayern zu kämpfen. Im übrigen geht es so vielen Behinderten Kolleg(inn)en. Viele trauen sich aus Unsicherheit nicht in die PKV zu wechseln, manche sind schon länger in der PKV versichert (oft mit bis zu 100% Risikozuschlag) und manche wiederum verpassen die in der Öffnungsaktion vereinbarten 6 Monate. Finde ich persönlich, schon vom Gleichheitsgrundsatz her, völlig ungerecht.
So hatte ich so ziemlich jeden Schwerbehindertenbeauftragten in Bayern um Hilfe ersucht. Manche verwiesen darauf, dass Sie "am Ball" in der Thematik seien und auch dass ihnen der Sachverhalt bewusst sei, machen können sie letztendlich auch nicht viel.
Ich hatte mich auch an die Patientenbeauftragte der Bundesregierung gewandt, was mich aber auch nicht weitergebracht hatte. Das Problem sei bekannt, man verweise aber auch an den kommenden Basistarif, der Anfang 2009 kommen soll. Details dazu konnte bislang nicht erfahren.
Des weiteren sei das Problem Ländersache und der Bund könne hier wenig machen.
Ein Schwerbehindertenvertreter meiner Behörde meinte, ein Gang vor das Verfassungsgericht wurde schon mal unternommen, hat aber keinen Erfolg gehabt. Ein guter Tipp aber war, ich solle eine Petition beim bayerischen Landtag einreichen, was ich auch tat. Ich hatte den Herren mehrere Möglichkeiten aufgezeigt ( von der Zahlung eines AG-Anteils zur KV, eine erneute Öffnungsaktion o.a.). Ich hatte Erfolg in der Hinsicht, dass die Staatsregierung mit dem Vorstand der PKV kontakt aufgenommen hatte, so dass ich dann doch aufgenommen wurde.
Ich spare mir somit derzeit 110 EUR je Monat ein, vermutlich bald mehr.
Ob dies von mir eine richtige Entscheidung war, wird sich noch zeigen.
Da Du aber eher auf einen Arbeitgeber-Anteil zur KV hoffst, glaube ich persönlich, dass Du wenig Erfolgt haben wirst. Nicht schon deshalb verweist der Dienstherr, dass zum Einen Beihilfe gewährt wird und zum Anderen die Bezüge hoch genug sind um den Rest der Krankheitskosten daraus bezahlen zu können. Der Petitionsausschuss hatte mir vorgehalten, ich hatte die Öffnungsaktion versäumt, also schuld.
Mein Vorschlag:
Du braucht eine gute Lobby (kompetente Schwerbehindertenvertreter) oder es wagt sich mal wieder jemand vor das zust. Verfassungsgericht.

Alles Gute und viel Erfolg,
Robert

Re: GKV bei Beamten mit Behinderung

Hanni @, Montag, 20.07.2015, 13:32 (vor 3416 Tagen) @ Robert

Hallo Robert,
ich weiß der Eintrag ist schon sehr lange her, aber vielleicht erreiche ich Dich trotzdem.
Mein Sohn hat ein ähnliches Problem (ebenfalls wohnhaft in Bayern, aber Bundesbeamter in Hessen zur Probe). Da er schwerhörig ist und sich leider mit diesen Sachen nicht gut auskennt, schreibe ich. Als er Beamter auf Widerruf war, habe ich einen Probeantrag bei der PKV gestellt. Die Antwort der PKV war:Die Risikoprüfung hat ergeben, dass der gewünschte Versicherungsschutz nicht geboten werden kann, auch nicht zu besonderen Bedingungen (aufgrund des Gesundheitszustandes..). Leider wurde von pkv weder auf die Möglichkeit eines Basistarifs noch auf die Öffnungsklausel für Beamte auf Probe hingewiesen. Insofern wurden wir nicht richtig beraten. Ich hatte dann noch beim vdk nachgefragt, da wurden wir auch falsch informiert
Er ist jetzt in der GKV und zahlt den vollen Beitrag. Was neben dem Beitrag nervt sind die ständigen Nachfragen der Krankenkasse nach geänderten Bezügen und die Tatsache, dass er jedes mal wenn er eine Leistung von der Beihilfe will einen Stempel von der GKV braucht was übernommen wurde, bzw dass nichts übernommen wurde.

Meine Frage: wie war der ganze Vorgang mit der Petition, an wen könnte sich mein Sohn wenden ?

viele Grüße Hanni

PS: Frage an die Redaktion: falls Robert nicht mehr in diesem Forum aktiv ist, könnte die Redaktion einen Kontakt zu ihm herstellen. Es gab im Zusammenhang mit diesem Eintrag zwei verschiedene Roberts

Re: GKV bei Beamten mit Behinderung

admin ⌂ @, Braunschweig, Montag, 20.07.2015, 14:02 (vor 3416 Tagen) @ Hanni

Hallo Hanni,

leider können wir den gewünschten Kontakt nicht herstellen, weil weder der eine noch der andere Robert seine E-Mail-Adresse hinterlassen hat.

Gruß, d. Red.

Re: GKV bei Beamten mit Behinderung

Robert, Montag, 29.09.2008, 15:34 (vor 5901 Tagen) @ Robert

Übrigens:
Das Thema wurde hier schon öfters diskutiert, also "scroll" ein paar Monate zurück.

Re: GKV bei Beamten mit Behinderung

Robert, Montag, 06.10.2008, 11:29 (vor 5894 Tagen) @ Robert

Hi anderer Robert,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort, wenn sie mir auch keine Hoffnung macht.
Kannst du über deinen Schwerbehindertenvertreter an das Aktenzeichen des Verfassungsgerichts kommen? Das wär hilfreich.

Die Argumentationen deiner Gesprächspartner kann ich allesamt nicht nachvollziehen.
Die Öffnungsaktion ist ein freiwilliges Angebot der PKV"en. Deshalb darf (finde ich) damit nicht argumentiert werden. Was wäre, wenn die PKV"en die Öffnungsaktion künftig nicht mehr anbieten?
Ob ich die "versäume" oder mich aus anderen Gründen gegen die PKV entscheide, ich werde als behinderter Beamter anders behandelt, als ein gesunder.
Und das darf laut dem AGG nicht sein.

Folgendes hat mir Andi geschrieben. Was hältst du davon?

auch als GKV Mitglied hast du Anspruch auf Beihilfe, geh zu deiner Kasse, lass dir alle "Kosten" die du verursacht hast bescheinigen, davon bekommst du nachträglich 50% in Form von Beihilfe von deinem Arbeitgeber erstattet

Danke
Grüße
Robert

Re: GKV bei Beamten mit Behinderung

Thomas, Montag, 06.10.2008, 15:37 (vor 5894 Tagen) @ Robert

Das, was da von andi vorgeschlagen wurde, widerspricht allen jetzigen Gesetzen, dass man mit Krankheit keinen Gewinn machen darf, war aber früher möglich (sog. Überbeihilfe).
Jetzt gibt es in einigen Ländern und beim Bund nur mehr die Möglichkeit in der GKV die Kostenerstattung zu wählen und sich den offenen Rest von der Beihilfe zu 100% bis zu den Beihilfehöchstsätzen zahlen zu lassen, wodurch man ambulant zum Privatpatienten wird. Da aber Lücken durch dieses Verfahren entstehen, ist dies nur mit einer Zusatzversicherung oder einem GKV-Wahltarif zu empfehlen.

Zur Möglichkeit einer Klage: Bisher sind immer alle Klagen mit Hinweis auf die Öffnungsaktion auf Zahlung des Arbeitgeberanteils abgewiesen worden, es ist aber in diesen Prozessen nie mit den Leistungslücken der PKV argumentiert worden. Allerdings gibt es auch PKVen, die einen offenen Hilfsmittelkatalog und Kur im Haupttarif haben, nur haben die halt nicht den Terminus Beamten im Namen!

Re: GKV bei Beamten mit Behinderung

Robert (1) @, Dienstag, 07.10.2008, 10:54 (vor 5894 Tagen) @ Thomas

Hallo Thomas,

vielen Dank für deine Einschätzung.

Ich versuche, mich so gut es geht selbst zu informieren und alles zu verstehen - was aufgrund der Vielfalt der verschiedenen Regelungen für mich als Anfänger jedoch nicht so einfach ist.

Zu deinen Vorschlägen:
Wird durch einen deiner Vorschläge meine monatliche finanzielle Belastung geringer ? (Derzeit: 12,4% = 320€, ab Januar 15,5% = 405€)

Wahl der Kostenerstattung:
Wähle ich diesen Tarif, erstattet die Krankenkasse nur den einfachen Honorarsatz des Arztes, auch wenn er z.B. den 2,3fachen abrechnet. Da muss mein monatlicher Mitgliedsbeitrag aber ziemlich stark gesenkt werden, dass sich das für mich lohnt, oder?
Zusätzlich muss ich ja die Zusatzversicherung, die du angesprochen hast, noch zahlen...

Wahltarif:
Nach meiner Recherche bieten manche Kassen einen Selbstbehalt an. Dadurch könne man bis zu 0,5%-Punkte am Beitragssatz sparen. Ab Januar läge ich dann bei ca. 390€ monatlich. Das reicht natürlich nicht.
Leider gibt es ja keine 50%-Selbstbehalt-Tarife in der GKV, sodass ich meine Beihilfe komplett nutzen könnte.

Du sprichst die Möglichkeit an, doch zu einem privaten Versicherer zu wechseln, um Beiträge sparen zu können.
Inwiefern sind denn private Versicherer verpflichtet, die ärztlich verordneten Medikamente/Hilfsmittel auch tatsächlich zu erstatten? Ich befürchte nämlich, dass ich in Zukunft bei einer PKV nicht ausreichend abgesichert sein könnte.

Zusätzlich wüsste ich gern, wieso mich eine PKV jetzt noch nehmen sollte. Die Öffnungsaktion ist verstrichen.
Relativiert sich der Kostenvorteil spätestens, wenn meine Frau ein Kind bekommt und ich dann für beide jeweils einen weiteren Vertrag abschließen muss, oder?

Da auch du die Gerichtsurteile näher zu kennen scheinst: hast du Aktenzeichen davon, sodass ich hier mal nachlesen kann?

Könntest du (oder gern auch jeder andere Leser) mir denn einen konkreten Tipp geben, was du in meiner Situation machen würdest?

Vielen Dank
und viele Grüße
Robert

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