Nachfragen und Verzögerungen durch PKV (Private Krankenversicherungen)

grindelein, Donnerstag, 09.06.2011, 09:45 (vor 4916 Tagen)

Hallo,

bin seit 01.07.2009 bei der Continentalen, davor GKV. Bisher alles schön, hab nie was eingereicht bis jetzt.

Im Februar 2011 wurde bei mir eine Immunschwäche diagnostiziert, seitdem bin ich in ärztlicher Behandlung. Jeden Monat kommen so ca 1700 Eur an Medis dazu. Bei der PKV hab ich mittlerweile ca 4500 EUR an Rechnungsvorleistungen eingereicht und nichts wurde bisher bezahlt. Erst wollten sie alle betreff. Ärzte anschr. um die Rechnungen zu prüfen. Jetzt wo sie wissen, dass ich Medikamente bis an mein Lebensende brauchen werde, haben sie von meiner GKV alle mögl. Gesundheitsrelevanten Daten zwischen 2004-2009 angefordert. Ich hab damals bei Antragsstellung alle Fragen nach besten Wissen und Gewissen angegeben. Selbst meinen Heuschnupfen habe ich nicht verschwiegen (und zahle bis heute Risikozuschlag dafür), desweiteren hatte ich bisher keine anderen chronischen Leiden. Lediglich bei den Zeiten wegen Arbeitsunfähigkeit (in d. letzten 3 Jahren) habe ich 1 Woche angegeben wegen grippalen Infekt. Das war lediglich eine Schätzung! Ansonsten hatte ich alles normale an Kranktagen, Grippe etc was man eben mal haben kann. Keine chronischen Geschichten, kein Krankenhausaufenthalt, jedenfalls alles behandelt und ausgeheilt zum Eintrittszeitpunkt.

Frage, darf die PKV diese alten Daten überhaupt abfragen? Sie drohen sofort mit Nichtbearbeitung meines Leistungsanspruchs, falls nicht. Bis wann muss die PKV meine Rechnungen bezahlen (Nachfragen hin oder her)? Außerdem, habe ich Angst aus fadenscheinigen Gründen in eine Basisversicherung abgeschoben zu werden. Ich kann nur zurück in die GKV, wenn ich unter der Bemessungsgrenze liege, richtig (ich bin 36 Jahre alt)? Kann ich im schlimmsten angenommenen Fall, zb wenn ich meine Wochenarbeitszeit verkürze, "sofort" zurück wechseln? Oder muss ich erst warten bis mein Jahresbrutto gefallen ist? Ich will auf keinen Fall in einen Basistarif und darin gefangen sein.

Danke für Ihre Hilfe und sorry für die vielen Fragen!

Nachfragen und Verzögerungen durch PKV

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Donnerstag, 09.06.2011, 12:36 (vor 4916 Tagen) @ grindelein

Ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen, kann die PKV einen bis zu zehnjährigen Zeitraum prüfen, auch hast Du der Schweigepflichtentbindung bei Antragsaufnahme sicher zugestimmt und nicht nur aus diesem Grunde ist es erforderlich in Punkto Gesundheitsfragen äußerst pingelig vorzugehen. Die Rechtsgrundlage dafür ist unter anderem im VVG §21 Punkt (3) zu finden. Vergleichbar ist dies alles nur mit einem dienstbeflissenen Zöllner, der trotz Äußerung "man hätte doch gar nichts bei" dennoch argwöhnisch im Kofferraum wühlt oder im schlimmsten Fall mit übergestreiften Gummihandschuhen zur Leibesvisitation schreitet ..

Leider, haben die Zahlen von Betrug im Zusammenhang mit der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung nicht abgenommen und die PKV nutzt hier den gesetzlichen Spielraum in voller Breite aus. Falls die PKV Dir dies gerichtfest nachweisen kann, würdest Du zu 99,9% im Basistarif bei jedem anderen privaten Unternehmen versichert werden und ich selbst würde für diesen Fall sofort die Pflichtversicherung in der GKV auslösen, was durch Verringerung von Arbeitszeit und oder Einkommen und damit noch lange vor Aufnahmeschluß 55. Geburtstag sofort in die Solidargemeinschaft zurück führt. Basta!

Falls und damit wird´s schon sehr hypothetisch, die PKV gar den relativ jungen Vertrag komplett und ab Beginn anfechtet, hättest Du trotz gezahlter Beiträge keine Anschlußversicherung und letzte gesetzliche Kasse müßte Dich Kraft Gesetz ganz regulär wiederaufnehmen.

Fragen? joachimroehl@web.de
und im Netz hierzu auch eine ausführliche Sicht von RA Freisler

Nachfragen und Verzögerungen durch PKV

grindelein, Donnerstag, 09.06.2011, 13:49 (vor 4916 Tagen) @ Joachim Röhl

Hallo Herr Röhl, vielen Dank für Ihre umfassende Antwort!
Noch ist nichts passiert aber das beruhigt mich etwas. Schließlich kostet das alles eine Menge geld.

Meines Erachtens sollte diese genaue Überprüfung allerdings bereits vor Eintritt gemacht worden sein. Aber ich denke mal, das ist so gewollt.

Nachfragen und Verzögerungen durch PKV

Bodi, Donnerstag, 09.06.2011, 13:51 (vor 4916 Tagen) @ grindelein

Zu ergänzen ist: Bei weitem nicht jede Ungenauigkeit oder fehlende Angabe bei den Gesundheitsfragen berechtigt den Versicherer zum Rücktritt oder gar zur kompletten Anfechtung des Vertrages:

Siehe § 19 Abs. 3+4 VVG:

"(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen." (de facto kann der Versicher in diesem Fall aber nur Vertragsbestandteile kündigen, welche nicht zur Erfüllung der Versicherungspflicht nach § 193(3) VVG notwendig sind)

"(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil."

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