passive Sterbehilfe (Gesetzliche Krankenkassen)

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Sonntag, 27.06.2010, 20:51 (vor 5263 Tagen)

Ein ganz heißes Eisen haben die Bundesrichter fast unbemerkt von der Öffentlichkeit da in die Hand genommen, so heiß, daß es seit dem Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten, auch bekannt als Aktion T4 nicht mal mehr angesprochen werden durfte. Nun während der ebenso heißen Fußballweltmeisterschaft wurde das Thema medial eher ausgeblendet juristisch neu beleuchtet und gesetzliche Krankenkassen und private Versicherer wirds unter Kosten-Nutzen Aspekten sicher freuen, wenn todkranke Versicherte von der nun möglichen passiven Sterbehilfe Gebrauch machen. Der Grund liegt auf der Hand: über 90% der lebenslang eingezahlten Beiträge werden allein in den letzten drei Lebensmonaten für Intensivmedizin ausgegeben. Teure Palliativmedizin mit wohlfälligen Hospizen wirds weiterhin geben, so man denn die Kosten dafür aufbringen will bzw. kann. Alles wird zum Geschäft, auch das mit dem Tod.

passive Sterbehilfe

GKVler, Dienstag, 29.06.2010, 22:43 (vor 5261 Tagen) @ Joachim Röhl

lies dir das Urteil mal durch - und du wirst sehen, dass es gar nichts aber auch gar nichts mit Kosten zu tun hatte.

es geht darum, ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen. darum, dass der Tod, wenn er denn unumgänglich ist, nicht mit irgendwelchen Apparaten verzögert werden soll. Und vor allem darum, dass die Wünsche und Vorstellungen der betroffenen MENSCHEN stärker berücksichtigt werden sollen.

Aber ich geh davon aus, dass du lieber 5 Jahre lang im Wachkoma in einem Luxus-Pflegeheim liegst, dass deine tolle PKV hoffentlich finanziert. Und dass dich die Pfleger dann 4mal am Tag wenden, 2mal täglich deine Mahlzeiten servieren - direkt per Schlauch in den Magen. Du brauchst nicht mal zu kauen. Täglicher Katheterwechsel. Und die Beatmung wird auch noch für dich übernommen - na, wenn das kein Service ist.

Bloss schade, dass du dann von all den nix mehr mitbekommst (oder vielleicht doch, kann keiner so genau sagen...)

so stell ich mir mein Leben vor...:-(

Gruß GKVler

P.S. es gibt Grenzen, die sogar du einhalten solltest...

passive Sterbehilfe

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Mittwoch, 30.06.2010, 11:39 (vor 5261 Tagen) @ GKVler

Jetzt weiß ich endlich, daß Du nicht in der Leistungsabteilung sitzt. Denn wenn einer mit Handlungsvollmacht beispielsweise auf das Abschalten der Herz- Lungenmaschine* drängt, fallen schon 3548€ für künstliche Beatmung über nur 24 Stunden bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems weg und auch nur 30 Tage mit Pflegestufe III in einem Pflegeheim** schlagen mit mindestens 2500€ zu Buche, im privaten Hospiz um die fünftausend. Zyniker sprechen vom einem neuen sozial verträglichen Ableben, da der natürliche Tod als biologische Kostenbremse in Zeiten der hochtechnisierten Apparatemedizin nicht mehr für jeden bezahlbar ist.

* Fallpauschalen
** Pflegedatenbank

passive Sterbehilfe

Lord Dragon, Mittwoch, 30.06.2010, 11:58 (vor 5261 Tagen) @ Joachim Röhl

Herr Röhl,
wenn ich als Patient keine Lebenserhaltende Maßnahmen wünsche, weil mir das je nicht hilf und es keine Hoffnung mehr gibt, dann muss man meine Wünsche respektieren! Das hat mit Kosten nichts zu tun! Es soll meine individuelle Entscheidung respektiert werden, nicht mehr aber auch nicht weniger.

passive Sterbehilfe

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Mittwoch, 30.06.2010, 13:06 (vor 5261 Tagen) @ Lord Dragon
bearbeitet von Joachim Röhl, Mittwoch, 30.06.2010, 14:02

Herr Lord Dragon, es gab seit Änderung der Rechtspraxis nach 1945 immer welche, die sich keine lebenserhaltende Maßnahmen wünschten und dann eben mehr oder weniger betucht im Ausland den letzten Express wie bei DIGNITAS in der Schweiz sogar mit aktiver Sterbehilfe bestiegen. Wer aber hierzulande von plötzlich einbrechender freier Selbstentscheidung der betroffenenen Patienten faselt verkennt, daß nach Jahrzehnten ein Tabuthema juristisch neu gefaßt wurde, weil die Kosten explodieren! So einfach ist das und es bleibt spannend abzuwarten, was als nächste Freiheit offeriert wird. Da die gesetzlich versicherte Bundesbürgerschaft mehrheitlich Beitragserhöhungen, Kopfpauschalen oder auch die Praxisgebühr ablehnt auch in der PKV gängige Dinge wie Selbstbeteiligungen, unterschiedliche Erstattungssätze oder gar gemanagte Tarife, wird eben in Zukunft der Rotstift mit allen Mitteln auf der "Ausgabenseite" angesetzt und nur einige katholische Glaubensvertreter stellens mit Verwunderung fest.

passive Sterbehilfe

GKVler, Mittwoch, 30.06.2010, 20:26 (vor 5260 Tagen) @ Joachim Röhl

ich habe auch schon n der "Leistungsabteilung" gesessen, die allerdings nirgendwo mehr so heißt....


vielleicht ist es ja ein entscheidender Unterschied zwischen GKV und PKV, dass in der GKV trotz allem Kostenmanagement noch so etwas wie Menschlichkeit herscht?

du solltest vielleicht bei deinem Gequassel berücksichtigen, dass diejenigen, die die Kosten tragen müssen nicht identisch sind mit denjenigen, die Entscheidung zum Abschalten der Geräte treffen können - insofern kann die Entscheidung keine Kostenfrage sein. Mal davon abgesehen, dass die Leistungen gesetzlich festgelegt sind und die Kassenmitarbeiter häufig gar keinen Entscheidungsspielraum haben.

und ich denke, nahen Angehörigen sind die Kosten von Kranken- oder Pflegekasse ziemlich egal, wenn es um Tod oder Leben der Eltern, der Kinder, der Geschwister, der Ehepartner oder sonstiger nahestehender Personen gibt.

Gruß GKVler

PS: wer, wie du, solche Fragen nur unter Kostenaspekten betrachtet, muss schon sehr, sehr zynisch sein...

passive Sterbehilfe

Völkischer Beobachter, Freitag, 02.07.2010, 14:08 (vor 5259 Tagen) @ GKVler

Herr Röhl vergleicht das BGH-Urteil zum Selbstbestimmungsrecht todkranker Patienten mit dem Euthanasie-Programm der Nazis. Entweder ist ihm unbekannt, dass seinerzeit geistig Behinderte gegen deren Willen (!!) und ohne Information oder gar Einverständnis der Angehörigen schlicht und ergreifend ermordet wurden. Oder er ist von menschenverachtender Gesinnung geprägt.

Wie hier schon zutreffend ausgeführt wurde, können nach der neuen Rechtsprechung die Patienten selbst über ihre Behandlung entscheiden - ohne Mitwirkung der Kostenträger.

Das Urteil ist mit Sicherheit nicht im Hinblick auf Kostenfragen gefallen.

Herr Röhl: si tacuisses philosophus mansisses!

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