Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann (Sonstige Themen)

Mark (Versicherungskaufmann), Sonntag, 11.05.2003, 21:35 (vor 7870 Tagen)

Erst mal ein großes Lob an die Macher dieser Seite. Endlich mal eine Seite, die objektiv und sachlich die Informationen der GKVen den Kunden aufzeigt.
So und jetzt zu Ihnen. Wie ich dem Forum entnehmen konnte, gibt es viele Gegner der BKKen ("schlechter Service, lange Warteschleifen,keine Geschäftsstellen...).
Es ist Tatsache, dass die BKKen geringere Verwaltungskosten haben, da sie eine schlanke Personal- und Betriebsstruktur haben. Das kommt allen Patienten zu Gute. Denn je weniger Filialen, Sachbearbeiter eine Kasse hat und je weniger Geld sie in Werbung investiert, desto mehr Geld kommt der Versichertengemienschaft zu Gute. Das gleiche Prinzip herrscht auch bei den Privaten Versicherern. Entweder Allianz (viele Filialen,viel Werbung,viele Aussendienstler = hohe Beiträge) oder WGV (wenig Werbung,weniger Aussendienstler = niedrige Beiträge). Jeder gesparte Euro kommt ALLEN zu Gute, denn die starken Kassen (und das sind auch ein paar BKKen) müssen die finanzschwachen (und das sind leider auch die AOKen aufgrund der großen Anzahl der Sozialhilfeempfänger, die kein Kassenwahlrecht haben und der hohen Verwaltungskosten) finanziell unterstützen (RSA=Risikostrukturausgleich).
Bei der Wahl der Krankenkasse sollte man abwägen. Ist einem der Service (Ansprechpartner,Filiale) sehr wichtig oder der Geldbeutel. Alle die, die den engen Kontakt brauchen empfehle ich diese Kassen, wie z.B. Barmer, AOK, IKK... Alle die auf Filialen, Ansprechpartner verzichten können, empfehle ich eine BKK.
Nur an eines sollten Sie alle denken: Es ist ihr Geld! Sie können viel sparen bei einem Wechsel zu einer BKK und können das Ersparte in eine sinnvolle private Zusatzversicherung investieren. Da sind sie einem Privatpatienten gleich gestellt.

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Sonntag, 11.05.2003, 23:56 (vor 7869 Tagen) @ Mark (Versicherungskaufmann)

Allen BKKs pauschal von vorneherein schlechteren Service zu unterstellen, ist absolut undifferenziert:

Beispielsweise bieten einige BKKs telefonische Erreichbarkeit rund um die Uhr an - und das nicht lediglich mit angelernten TelefonistInnen, sondern mit kompetenten Fachkräften! Ebenso moderierte Web-Foren zu den verschiedensten Fragestellungen, die ebenfalls rund um die Uhr betreut werden. Und per E-Mail, Fax oder manueller Briefpost kann man sich natürlich auch an seine BKK wenden. Wegen der heutzutage im Berufsleben zunehmend geforderten zeitlichen Flexibilität der Beschäftigten, die oftmals mit den Öffnungszeiten der Geschäftsstellen der "Versorgerkassen" unvereinbar ist: Aus meiner Sicht eine sehr gute Sache! Hinzu kommt: Auch Ältere haben heutzutage vielfältige Möglichkeiten, den Umgang mit den neuen Kommunikationstechniken (Internet, E-Mail) in speziellen (auf ihre Altersgruppe ausgerichteten) Kursen zu erlernen - was ihnen nicht nur bezüglich der Kommunikation mit ihrer Krankenkasse zugute kommt, sondern für das "Bestehen" in der heutigen Kommunikations- und Wissensgesellschaft allgemein wichtig ist.

Außerdem bieten einige BKKs etliche freiwillige Satzungsleistungen an, die bei den großen "Versorgerkassen" nicht zu bekommen sind. Beispiele: Ausnahmslose Gleichberechtigung von Schul- und Alternativmedizin (SECURVITA BKK - diese hat bezüglich dieses Sachverhaltes bereits etliche Sozialgerichtsverfahren gegen das Bundesversicherungsamt erfolgreich bestritten), Haushaltshilfe für Singles (z. B. BKK Gothaer, Verkehr und Dienstleistungen - dort bis zu 8 Wochen je Krankheitsfall), Höchstzuschuss bei "ambulanten medizinischen Vorsorgemaßnahmen" für Unterkunft/Verpflegung etc. (13,00 EURO/Tag für Erwachsene, 21,00 EURO/Tag für Kinder).

Müsste "meine" BKK nicht ca. 60 % ihrer Gesamteinnahmen dem Risikostrukturausgleich opfern, über den letztlich primär ein sinnloser überbordeter Verwaltungsapparat der großen "Versorgerkassen" finanziert wird, könnte das von ihr angebotene freiwillige Leistungsspektrum noch viel höher sein (obwohl sie sich heute schon von der großen Mehrheit der übrigen gesetzlichen Krankenkassen im positiven Sinne deutlich unterscheidet).

Was die freie Krankenkassenwahl für Sozialhilfeempfänger anbelangt: Etliche Kommunen (z. B. Hamburg) drängen aus fiskalischen Gründen bereits heftig darauf, dass Sozialhilfeempfänger künftig ausnahmslos als gleichberechtigte Mitglieder der GKV angehören sollen - verbunden mit allen Vor- und Nachteilen (also auch dem Recht auf freie Krankenkassenwahl). Hintergrund: Sozialhilfeempfänger, die nicht GKV-Mitglied sind, erhalten heutzutage oftmals eine höherwertigere Versorgung als GKV-Versicherte (weil sie aus dem seit Jahren "gedeckelten" Finanzbudget der GKV herausfallen und die städtischen Sozialämter somit letztlich die so zu Stande kommenden Mehrkosten zu tragen haben). Und: Die freie Krankenkassenwahl dieses Personenkreises würde - wenn sie von den Betroffenen verantwortungsvoll genutzt wird - wegen der dann insgesamt geringeren Beitragshöhe (indem sich ein Teil der betroffenen SozialhilfeempfängerInnen für eine BKK entscheidet) ebenfalls die städtischen Sozialämter entlasten.

Gruß
Elgin

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Andreas @, Montag, 12.05.2003, 10:21 (vor 7869 Tagen) @ Mark (Versicherungskaufmann)

Hallo Mark,

ich möchte einige deiner Ausführungen doch mal klarstellen, weil sie ganz einfach so nicht stimmen:

1.
Die Tatsache, dass einige BKKs mit sehr "schlanken" Personalstrukturen auskommen, liegt in erster Linie daran, dass BKKs, die sich neu öffnen, in den Anfangsjahren eine deutlich weniger arbeitsintensive Clientel anlocken. Klar, Kranke und ältere Menschen bleiben meist bei Ihrer bisherigen Kasse. Sie haben häufig bereits die Erfahrung gemacht, dass es wichtig ist, vor Ort Ansprechpartner zu haben.

Deshalb ist es logisch und sicher kein Verdienst der BKKs, wenn momentan für die Kundenbetreuung weniger Personal gebraucht wird. Wie schnell sich die "Risikostruktur" und damit auch die Beitragskalkulation ändern kann, konnte man an der rasanten Beitragsentwicklung einiger BKKs in der jüngsten Vergangenheit ja deutlich beobachten.

2.
Keine Krankenkasse versichert überwiegend Sozialhilfeempänger. Und selbstverständlich haben diese auch ein Wahlrecht innnerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung.

3.
Woher weiß ich eigentlich, ob für mich ein Ansprechpartner bei der Krankenkasse wichtig ist?
Ich kann das vielleicht zum jetzigen Zeitpunkt beurteilen, aber weiß ich denn, in welche Situation ich morgen oder übermorgen komme? Solange ich gesund bin und von meiner Krankenkasse außer der Versichertenkarte nichts benötige ist mir logischerweise eine Geschäftsstelle vor Ort unwichtig. Deshalb kann man solche Fragen, in der Art und Weise, wie Du sie stellst, vorausschauend gar nicht beantworten

Ein entscheidendes Kriterium ist, wie im Krankheitsfall alles geregelt wird. Wie schnell erhalte ich mein Krankengeld, unterstützt mich die Krankenkasse beispielsweise wenn es um eine schnell Klinikaufnahme geht usw.

Klar sehe ich das als Krankenkassenmitarbeiter anders als Du als Versicherungskaufmann.

Nur eines ist auch klar:Vermittlern von privaten Zusatzversicherungen ist es meist völlig egal, wie gut ihr Kunde bei seiner gesetzlichen Krankenkasse versichert ist. Meist wird das Billigste angeboten und einziges Ziel ist es, an die Provision für den Abschluß der Zusatzversicherung zu kommen. Eine sicher nachvollziehbare Vorgehensweise. Auf eine objektive Beratung darf der Kunde aber hier nicht hoffen.

Insoweit möchte ich Dein Sachurteil absolut in Frage stellen.

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Montag, 12.05.2003, 11:59 (vor 7869 Tagen) @ Andreas

Hallo Andreas,

die von Dir genannten "rasanten Beitragserhöhungen einiger BKKs" hängen nicht mit deren eigener veränderter "Risikostruktur" zusammen - sondern mit dem Risikostrukturausgleich, in den "risikoärmere" Krankenkassen zu Gunsten von AOK etc. einzahlen müssen.

Ich persönlich halte den Risikostrukturausgleich teilweise für verfehlt: Es wird ein immenser, überbordender Verwaltungsapparat der Großkassen von anderen Krankenkassen mit finanziert - der den Versicherten am Ende keinerlei Service- und Leistungsvorteile bringt, was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann:

Einige BKKs bieten freiwillige Satzungsleistungen an, die bei den Großkassen überhaupt nicht zu bekommen sind - ebenso einen weitaus besseren Kundenservice (worauf ich bereits in meiner gestrigen Antwort über den Forumsbeitrag von Mark "Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann" differenziert eingegangen bin).

Müsste "meine" Krankenkasse (BKK Gothaer, Verkehr und Dienstleistungen) nicht ca. 60 % ihrer Gesamteinnahmen in den Risikostrukturausgleich einzahlen: Deren Beitragssatz (derzeit 13,4 %) könnte deutlich niedriger liegen - oder das im Vergleich zu den meisten anderen gesetzlichen Krankenkassen bereits ohnehin vorbildliche Angebot freiwilliger Satzungsleistungen (beispielsweise Haushaltshilfe für Singles - bis zu 8 Wochen je Krankheitsfall) könnte noch weitaus üppiger ausfallen (angesichts des durch gesetzliche Maßnahmen immer kleiner werdenden Pflichtleistungskataloges aller gesetzlichen Krankenkassen ein wesentlicher Aspekt)!

Gruß
Elgin

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Lui, Montag, 12.05.2003, 12:13 (vor 7869 Tagen) @ Elgin Fischbach

"Es wird ein immenser, überbordender Verwaltungsapparat der Großkassen von anderen Krankenkassen mit finanziert".

Der Risikostrukturausgleich gleicht die "Einnahmen" einer Krankenkasse aus, nicht aber die "Ausgaben".

Was haben also die Verwaltungskosten mit dem RSA zu tun?

Nachzulesen in § 266 SGB V.

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Montag, 12.05.2003, 12:32 (vor 7869 Tagen) @ Lui

Der Risikostrukturausgleich ist so angelegt, dass die Empfänger-Krankenkassen nicht zu wirtschaftlicher (sparsamer) Haushaltsführung und Prävention ermuntert werden - nach dem Grundsatz: "Wir erhalten ja ohnehin diese Unterstützungszahlungen" (die nach dem Willen des Gesetzgebers bis 2007 noch immens anwachsen werden).

Wäre das Umgekehrte der Fall, müssten die Empfänger-Krankenkassen (in der Regel "Großkassen") schon allein aus Wettbewerbsgründen auf die Idee gekommen sein, ihre im Vergleich zu den von ihnen oftmals pauschal als "Billigkrankenkassen" kritisierten BKKs überdurchschnittlichen - und aus Sicht vieler Versicherter unnützen - Verwaltungsausgaben zu reduzieren, was Beitragssatzsenkungen und/oder Leistungsverbesserungen für die Versicherten zur Folge hätte.

Dass BKKs - trotz ihres "schlankeren" Verwaltungsapparates - keine "Billigkrankenkassen" sein müssen, habe ich bereits in mehreren E-Mails zur Gesamtthematik deutlich gemacht.

Gruß
Elgin

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Lui, Montag, 12.05.2003, 12:45 (vor 7869 Tagen) @ Lui

„Zwischen den Krankenkassen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Mit dem RSA werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden in der Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, der Zahl der nach § 10 Versicherten (Familienversicherte) und der Verteilung der Versicherten auf nach Alter und Geschlecht getrennte Versichertengruppen zwischen den Krankenkassen ausgeglichen. Einnahmen- und Ausgabenunterschiede zwischen den Krankenkassen, die nicht auf die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, der Zahl der Versicherten nach § 10 oder die Alters- oder Geschlechtsverteilung der Versichertengruppen nach § 267 Abs. 2 SGB V zurückzuführen sind, sind nicht ausgleichsfähig.“

So steht’s im Gesetz!

Also nochmals: Der RSA hat mit den Ausgaben einer KK nicht das geringste zu tun!!!

Die KK müssen Sie mir nennen, die wegen des RSA zu „nicht wirtschaftlicher (sparsamer) Haushaltsführung“ ermuntert wird. Bin gespannt was diese KK zu Ihren „Vorwürfen“ sagt.

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Montag, 12.05.2003, 13:47 (vor 7869 Tagen) @ Lui

"Schau"n Sie sich doch nur "mal das dichte Fillialnetz der Großkassen an! Ich habe bisher (mit Ausnahme der beinahe insolvenzgebeutelten DAK, über die in in letzter Zeit häufiger berichtet wird) absolut keinerlei Bestrebungen festgestellt, dieses Fillialnetz angemessen zu verkleinern - was besonders auf sämtliche AOKs und die Barmer EK zutrifft.

Weitere große Einsparmöglichkeit - besonders bei den AOKs: Ausgaben für unnütze Werbung massiv reduzieren. Wie oft sehe ich - an Bushaltestellen oder anderswo - AOK-Plakate hängen (andere - weitaus erfolgreichere - gesetzliche Krankenkassen verzichten bewusst darauf; denn wer erfolgreich ist, hat so etwas nicht nötig). Weiterer großer Werbeposten der Großkassen (besonders der AOKs): Vertrieb von Ge-/Verbrauchsartikeln per Shop, die oftmals nichts mit der unmittelbaren Gesundheitsvorbeugung/-erhaltung zu tun haben und den Versicherten zu geringeren Preisen als anderswo üblich angeboten werden (worauf ich als BKK-Versicherte bewusst verzichte!).

Gruß
Elgin"

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Lui, Montag, 12.05.2003, 13:59 (vor 7869 Tagen) @ Elgin Fischbach

Das mag alles richtig sein, aber wie gesagt, vom RSA werden diese Sachen weder finanziert noch irgendwie auf andere Kassen umgelegt.

Und was die Werbung betrifft - mir persönlich gefällt die Werbung der BKK Mobil-Oil (Auspuff - Formel 1) sehr gut.

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Montag, 12.05.2003, 14:42 (vor 7869 Tagen) @ Lui

"Schwarze Schafe" gibt es überall - (leider!) auch unter den Betriebskrankenkassen: Neben der BKK Mobil-Oil (bezüglich ihrer zweifelhaften Werbekampagne) sind hier beispielsweise auch die BKK Taunus und die BKK Essanelle (bezüglich ihres mangelhaften Kundenservices - worüber in diesem Forum ja schon oft diskutiert wurde) beim Namen zu nennen.

Das soll jedoch nicht über den Großteil der BKKs hinwegtäuschen, der sich im Interesse seiner Versicherten für ein optimales Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Leistungserbringung einsetzt.

Auch wenn die Finanzmittel für die Werbung der großen "Versorgerkassen" (AOK & Co.) nicht unmittelbar aus dem RSA stammen: Die für die Werbekampagnen benötigten Finanzmittel werden dann an anderer Stelle dem allgemeinen Finanzhaushalt entnommen, um ihn dann dort durch den RSA auffüllen zu können.

Letztlich müssen nämlich sämtliche Ausgaben der Krankenkassen (auch die der großen "Versorgerkassen" AOK & Co.) finanziert werden - und sei es über unseriöse Schummelei (letztlich zu Lasten der Versicherten anderer Krankenkassen!).

Gruß
Elgin

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Lui, Montag, 12.05.2003, 16:15 (vor 7869 Tagen) @ Elgin Fischbach

Nun aber halb lang. Woher beziehen Sie diese Erkenntnisse? Es ist schon allerhand, einigen Kassen „unseriöse Schummelei“ zu unterstellen – außer natürlich Sie haben handfeste Beweise, dann auf den Tisch damit.
Wenn Sie den Gesetzestext des § 266 SGB V genau gelesen hätten, dann würden Sie erkennen, dass sich die Frage, ob die Finanzlöcher wegen der Werbeausgaben vom RSA aufgefüllt werden, gar nicht stellt. Ihre These entbehrt jeder Grundlage.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Die Einnahmen oder Ausgaben aus dem (in den) RSA berechnen sich unabhängig von den Ausgaben einer Kasse. Da können die Verwaltungskosten noch so hoch sein – der RSA bleibt unverändert.
Was soll also eine Kasse wohin buchen? Wenn die Ausgaben doch keine Rolle spielen!!!
In Zukunft besser bei den Tatsachen bleiben und nicht irgend etwas in den Raum stellen.

Und eine Kasse gleich als „schwarzes Schaf“ zu bezeichnen, nur weil sie Werbung macht!?!
Die Kassen stehen im Wettbewerb wie andere Unternehmen in der freien Wirtschaft auch.
Anscheinend bringt Werbung doch was, sonst würds keiner machen.

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Montag, 12.05.2003, 17:08 (vor 7869 Tagen) @ Lui

Tatsache ist: Müssten die BKKs nicht durchschnittlich mehr als die Hälfte ihrer gesamten Beitragseinnahmen in den RSA einzahlen, könnten deren Beitragssätze deutlich niedriger ausfallen - obwohl sie schon heute, neben dem oftmals breiteren Leistungsspektrum der BKKs im Bereich freiwilliger Satzungsleistungen, einen Wettbewerbsvorteil darstellen.

Mit Gesetzestexten verhält es sich wie so oft: Papier ist geduldig ...!

Auch in seriöseren (unvoreingenommenen) Medien wird auf den längerfristig nicht zu leugnenden Zusammenhang zwischen Verwaltungsausgaben und Beitragssätzen hingewiesen!

Werbung haben nur solche Unternehmen nötig, die um ihren Umsatz (bzw. ihre Kundschaft) bangen - denn ohne Grund wird kein Unternehmen dieses zusätzliche Kostenrisiko (Erfolg oder Misserfolg einer Werbekampagne) eingehen!

Ich stütze mich bei meinen Meinungsäußerungen (nicht nur in diesem Forumsbeitrag) auf meine früheren Erfahrungen mit mehreren "Grosskassen" (AOK, Techniker Krankenkasse) - verglichen mit meinen BKK-Erfahrungen seit 01.12.1998 (erst SECURVITA BKK, dann - bis heute - BKK Gothaer, Verkehr und Dienstleistungen; der Wechsel von der SECURVITA BKK zur BKK Gothaer VuD erfolgte nicht wegen des günstigeren Beitragssatzes, sondern wegen der für mich besonders relevanten freiwilligen Satzungsleistung einer Haushaltshilfe für Singles für bis zu 8 Wochen je Krankheitsfall - hätte auch die SECURVITA BKK diese Mehrleistung angeboten, wäre ich ihr wegen der nur dort praktizierten ausnahmslosen Gleichrangigkeit von Schul- und Alternativmedizin unabhängig von Beitragssatzerhöhungen treu geblieben).

Gruß
Elgin

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Lui, Montag, 12.05.2003, 18:45 (vor 7869 Tagen) @ Lui

Zu Absatz 1:
Richtig! Ohne RSA wären einige BKK’s bei etwa 5 % Beitragssatz. Nun spielen Sie diesen Gedanken mal zu Ende. Und? Dieser BKK würden wahrscheinlich nicht nur die Türen, sondern auch noch die Fenster eingerannt werden. Und glauben Sie, dass nur „gute“ Risiken kommen? Sicher nicht. Folge: Beitragssatz steigt wieder, vorausgesetzt, diese BKK bricht nicht zusammen.
Weiteres Problem: Welchen Beitragssatz hätten die „Versorgerkassen“? 30 % plus X. Solange Sie nicht dort versichert sind, kein Problem, oder?
Nur mal wieder so zur Auffrischung: In Deutschland arbeitet das System der gesetzlichen Krankenkassen nach dem sog. „Solidaritätsprinzip“ (sollte es zumindest), d. h. Reiche für Arme, Gesunde für Kranke, Junge für Arme usw.
Und der RSA sollte dies in etwa ausgleichen. Einen kompletten Ausgleich würde nur eine Einheitskasse bringen, hier wäre der Beitragssatz bei etwa 14 %.

Zu Absatz 2:
Stammtischparole – Beweise !!!

Zu Absatz 3:
Vorhin haben Sie noch einen Zusammenhang zwischen RSA-Einnahmen und Beitragssatz gesehen, jetzt zwischen Verwaltungskosten und Beitragssatz. Und ich sage Ihnen, dass Verwaltungskosten von etwa 5 % nicht beitragssatzrelevant sind. Sie erwecken den Eindruck, als werden sämtliche Verwaltungskosten für Werbeausgaben verwendet. So ist es beileibe nicht.
Jede Kasse hat Verwaltungskosten, auch eine BKK. Es gibt aber mehrere Gründe, weshalb die vielleicht niedriger sind, etwa das Verwaltungsgebäude, dass zum Hauptbetrieb gehört – dies nur ein Beispiel.
Die Gründe für die ständig steigenden Beiträge liegen ganz wo anders, beispielsweise an der demographischen Entwicklung unserer Bevölkerung, an der ständig steigenden Arbeitslosigkeit, am medizinischen Fortschritt usw.

Zu Absatz 4:
Wenn ich abends im Fernseher die Werbung sehe, sind dies mit Sicherheit nicht nur Unternehmen, die das nötig haben. Die Werbestrategen haben sich bestimmt was dabei gedacht. Und wenn es sich nicht rechnen würde, gäb’s keine. So einfach ist das.

Zu Absatz 5:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie als „einfaches“ Mitglied einer Krankenkasse Einblick in die Haushaltsplanungen dieser Kasse bekommen haben oder Ihnen die buchungstechnischen Vorgänge erläutert wurden. Wir diskutieren hier über den RSA, über dessen Sinn oder Unsinn, nicht über Kassenleistungen.
Ich habe auch nie behauptet, die BKK’s hätten schlechtere Leistungen, stimmt auch nicht. Es ist natürlich Ihr gutes Recht, diese Kasse zu wählen, die nach Ihrer Meinung die für Sie passenden Leistungen bietet.
Aber mit unserer Diskussion hat dieser Einwand nichts zu tun.

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Montag, 12.05.2003, 19:39 (vor 7869 Tagen) @ Lui

Zu Absatz 1 und 3:

Ich setze das Solidaritätsprinzip keineswegs außer Kraft. Auch Sie geben ja unumwunden zu, dass BKKs niedrigere Verwaltungskosten haben - diesen Kostenvorteil geben BKKs in Form niedrigerer Beiträge an die Versicherten weiter.
Unabhängige Untersuchungen legen dar, dass Ältere nicht automatisch häufiger und schwerer krank sind als Jüngere; vielmehr kommt es auf den eigenen Beitrag zur Gesundheitserhaltung (Prävention, regelmäßige Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen - um Krankheiten frühzeitig erkennen und behandeln zu können etc.) an, was allerdings unabhängig vom Alter für jeden Versicherten gilt.
Die Arbeitslosigkeit wirkt sich primär deshalb negativ aus, weil der Staat seit Jahren die Krankenversicherungsbeiträge besonders für Langzeitarbeitslose aus kurzfristigen fiskalischen Gründen "gedeckelt" hat - ohne dass der Leistungsumfang für die Betroffenen entsprechend eingeschränkt worden wäre; hieraus ableitbare notwendige Konsequenz also: Aufhebung der "Beitragsdeckelungen" für Arbeitslose - was letztlich allen Versicherten und ihren Arbeitgebern wegen der damit einhergehenden allgemeinen Beitragssenkungen (Absenkung der Lohnnebenkosten) zugute käme, und damit auch letztlich dem Arbeitsmarkt insgesamt!
Apropos medizinischer Fortschritt: Auch wenn die einzelnen Untersuchungen/Behandlungen hierdurch teurer werden: Es entfallen im Gegenzug unnötige (Mehrfach-)Untersuchungen, die in der Vergangenheit wegen unzureichender medizinischer Erkenntnisse durchgeführt werden mussten. Erst der Berechnungssaldo hieraus lässt ein objektives Bild zu!
Eine in der Presse veröffentlichte Untersuchung der Gmünder Ersatzkasse belegt, dass 20 % aller GKV-Versicherten 80 % der GKV-Gesamtleistungen beanspruchen - was zu einem Großteil auf im Vergleich zu anderen Staaten mangelhafte Prävention und Behandlungskoordinierung zurückzuführen ist (deswegen ja auch nun die Einführung von Desease-Management-Programmen in der GKV).

Zu Absatz 2:
Ist der kompletten Medienlandschaft etwa pauschal nicht mehr zu glauben? Wenn das so wäre, dann bräuchte sich niemand mehr über diesen Weg zu informieren!

Zu Absatz 4:
Wenn ein Unternehmen das Kostenrisiko für Werbemaßnahmen abdecken kann, ohne dass das Leistungsangebot für die Kundschaft darunter leidet: Gut! Aber genau dies ist ja bei den großen "Versorgerkassen" nicht der Fall: Außer mir gibt es bestimmt noch viele andere Versicherte, die nicht primär wegen der Höhe des Beitragssatzes zu einer BKK gewechselt sind, sondern wegen des besseren Leistungsangebotes einiger BKKs. Hieraus folgt: Kein Geld für fragwürdige Werbemaßnahmen ausgeben, dafür verstärkt freiwillige Mehrleistungen anbieten!

Zu Absatz 5:
Die Höhe der von den Einzahler-Kassen zu leistenden Ausgleichszahlungen in den RSA wirken sich letztlich auch auf deren Umfang freiwilliger Satzungsleistungen aus: Je weniger Beitragseinnahmen für die eigenen Versicherten zur Verfügung stehen, desto weniger freiwillige Satzungsleistungen kann eine Krankenkasse anbieten. Also besteht doch ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem RSA und dem Leistungsangebot der Einzahler-Kassen. Um zu diesem Fazit zu kommen, muss ich keine absolute Fachexpertin sein - das ergibt sich aus dem logischen Gesamtzusammenhang!

Gruß
Elgin

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Andreas @, Montag, 12.05.2003, 14:35 (vor 7869 Tagen) @ Elgin Fischbach

Wir leben heute oftmals in einer absoluten Servicewüste. Die sogenannten Hotlines, die Call-Center, die den Kunden nicht kennen, sind das positive Entwicklungen? In vielen Bereichen geht es mir persönlich so, dass ich diesen Servicerückschritt schon mehrfach erlebt habe: Ob bei der Telekom, bei meiner Bank, bei UPS, überall dasselbe, man ruft am Ort an und landet irgendwo in Deutschland, nach vielen Warteschleifen, und mit der Kompetenz der Mitarbeiter ist es auch manchmal verheerend. Sicherlich lässt sich durch eine Ausdünnung des Geschäfsstellennetzes etwas Geld sparen.

Leidtragender ist jedoch der Kunde, wenn er mal nicht nur den "Service von der Stange" braucht. Ich jedenfalls bin bei meinen privaten Angelegenheiten froh, wo immer ich nicht eine 0800er Nummer oder ähnliches wählen muß, sondern im Ernstfall einen persönlichen Ansprechpartner habe.

A propos Verwaltungskosten: Selbstverständlich gibt es auch in diesem Bereich Optimierungspotenziale. Wer jedoch glaubt, dass darin das Hauptproblem der gesetzlichen Krankenversicherung liegt, irrt.

Die Kassen geben weit über 90% Ihrer Ausgaben für Leistungen aus, die Verwaltung liegt bei einigen Kassen sogar nur um die 5% und darunter.
Deshalb mag es zwar populistisch sein, ständig das Thema Verwaltungskosten als Ursache der Finanzlage in der Krankenversicherung in den Focus zu stellen, die eigentlichen Probleme des Systems, das weiss Jeder, der sich auskennt, liegen aber ganz wo anders.

Wenn die angeblich so unwirtschaftlichen Großkassen der Beratungs-Philosophie der virtuellen BKKs mit teilweise nur einer einzigen oder maximal 2 Geschäftsstellen in ganz Deutschland folgen würden, wäre dies für viele Kunden ein erheblicher Verlust an Service und Beratungsqualität.

Leider denken viele in unserer Gesellschaft nur an junge, gesunde Kunden, die die Kasse nicht groß in Anspruch nehmen und vergessen die Kunden, die krank und/oder alt sind und auf einen Vor-Ort-Service ihrer Kasse angewiesen sind.

Aber: Auch wir können schwer krank werden, werden mal alt (oder auch nicht) und dann, denke ich, werden wir die Dinge womöglich ganz anders sehen, als wir es heute tun.

Gruß
Andreas

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Elgin Fischbach @, Montag, 12.05.2003, 15:04 (vor 7869 Tagen) @ Andreas

Bei "meiner" BKK habe ich bis jetzt keinerlei Warteschleifen oder lästiges "Rumreichen" in der Telefonleitung erlebt - ich bin immer sofort bei einer/einem kompetenten AnsprechpartnerIn "gelandet". Auch habe ich den Eindruck, dass die MitarbeiterInnen sich untereinander verständigen - und sei es "nur" über die EDV. Denn bei Unklarheiten seitens der Krankenkasse erhalte ich unaufgefordert einen entsprechenden Rückruf!

Auch ich gehöre zu den "chronisch Kranken" (Asthma/Heuschnupfen wg. Pollenallergie) und muss somit in gewissen Abständen einen Arzt aufsuchen. Darüber hinaus achte ich - soweit ärztlich empfohlen - auf sinnvolle Prävention. Und benötige unabhängig davon - wie viele andere Versicherte - bei Bedarf kompetenten Rat in Gesundheits- und/oder Sozialversicherungsfragen!

Ich bin - im Vergleich zu meinen früheren Erfahrungen mit dem bürokratischen Verwaltungsapparat mehrerer "Grosskassen" - von Fachkompetenz, Service und Leistungsfähigkeit "meiner" derzeitigen BKK handfest überzeugt!

Gruß
Elgin

Re: Ein Sachurteil von einem Versicherungskaufmann

Lui, Montag, 12.05.2003, 12:04 (vor 7869 Tagen) @ Mark (Versicherungskaufmann)

Mit den Ausführungen von Andreas stimme ich voll überein.

Eins möchte ich aber trotzdem noch hinzufügen:

Auf die Idee, eine Billig-Kasse zu wählen und vom Differenzbetrag eine private Zusatzversicherung abzuschliessen, sind schon viele gekommen.

Aber was passiert, wenn die Billig-Kasse ebenfalls ihren Beitragssatz erhöhen muß?
Kann ich die private Zusatzversicherung ohne Kündigungsfrist kündigen?

Im Endeffekt zahlen viele dann mehr als vorher.

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