Ist dieses System noch zu retten (Sozialpolitik)

Klaus @, Dienstag, 25.02.2003, 20:37 (vor 7941 Tagen)

Vorweg, auch ich denke als freiwilliges Mitglied einer BKK über den Wechsel zu einer anderen Kasse nach. So habe ich die Möglichkeit ca. 35 € pro Monat zu sparen (und meinem Arbeitgeber auch noch mal).

Ich habe in den letzten Tagen ein bisschen in verschiedenen Foren gelesen. Ich frage mich, wo kommen Beitragssätze zwischen 11,9% und 15,xx% her. Das können doch nicht nur Verwaltungskosten sein. Ich lese von Vermutungen, dass Krankenkasse bewusst Schulden einfahren um mehr Mitglieder zu bekommen.

Eines ist doch klar, im "Solidarsystem" GKV fehlt viel gelt (oder wird falsch verwendet). Nun wechsele ich die Kasse - 70€ pro Monat weniger für das System. Für mich und meine Familie entstehen bei der alten und neunen Kasse Verwaltungsgebühren (ca. 300€ einmalig weniger für das System). Nun gibt es Beiträge in diesem Forum die Beitragserhöhungen bei den Billigkassen voraussehen). Nach einer Beitragserhöhung geht das Spiel dann von Vorne los (zumindest das mit den Verwaltungsgebühren). Nun ist der Unterschied meiner aktuellen und meiner Zukünftigen GKV nur 2 %, aber rechnen wie dies mal mit Beiträgen von über 15%.
Solange es so ein schwachsinniges System gibt, muss Zwangsläufig jeder zu den Billigkassen wechseln.

Meine Fragen:
- Warum gibt es so viele GKVs.
- Warum gibt es BKKs mit Beiträgen um 14% (ich denke mir, hinter jeder BKK steht ursprünglich mal ein Betrieb. Der muss doch ein Interesse an kostengünstiger Verwaltung haben)
- Wo kommen die großen Unterschiede bei den Beiträgen her (das können doch eigentlich nur Verwaltungskosten sein, denn für das Risiko bei den Versicherten gibt es doch eine Strukturausgleich)

Ich hoffe, dass ich auf diesem Wegen ein paar Antworten bekommen. Vielleicht schaut ja auch mal ein Politiker oder einer aus der Expertenkommission der Bundesregierung in dieses Forum --- am Rande erwähnt ich glaub auch noch an den Klapperstorch ;-)

Re: Ist dieses System noch zu retten

Lui @, Mittwoch, 26.02.2003, 07:31 (vor 7940 Tagen) @ Klaus

Das mit den Beitragssatzunterschieden ist relativ einfach erklärt:
12 % Beitrag aus 3.000 Euro sind eben effektiv immer noch mehr als 15 % aus 1.500 Euro. Und so läufts nun mal bei den Billigkassen. Der RSA löst dieses Problem auch nur in Ansätzen. Ich will bestimmt nicht die Verwaltungskosten ausser Acht lassen, aber der Einfluß auf den Beitragssatz ist verschwindend gering. Manche hier im Forum glauben immer noch, es liegt an den Verwaltungskosten der Großkassen – mit Sicherheit nicht!!!
Wo sind denn die Behinderten versichert? Bei welchen Kassen versichern die Sozialämter die Sozialhilfeempfänger? Wer betreut die Versorgungsberechtigten nach dem Bundes- oder Soldatenversorgungsgesetz? Dies nur einige Beispiele. Auch dieser Personenkreis hat ein Recht, anständig versichert zu sein. Deswegen gibts das Solidarsystem. Aber bei diesem Machenschaften wirds natürlich unterlaufen. Ich würde mir nur mal wünschen, dass „alle“ gesetzlich Versicherten zu einer Billigkasse wechseln. Dann wärs gleich vorbei mit 12,?? %. Deshalb gibts nur eine Lösung und die heißt „Einheitskasse“.

Re: Ist dieses System noch zu retten

Claudia, Mittwoch, 26.02.2003, 09:48 (vor 7940 Tagen) @ Klaus

Hallo,
ich glaube, die Anzahl der Krankenkassen hat was mit Markttransparenz und Wettbewerb zu tun. Schlecht ist es für die Kunden doch auf gar keinen Fall. Die Kassen wetteifern ja auch um eine breites Leistungsangebot und eine perfekten Service. Alles zum Wohle des Kunden.
Jeder muss für sich entscheiden was er sich wünscht: wenig Beiträge und dafür vielleicht auch weniger Satzungsleistungen oder ein wenig mehr an Beiträgen und spezielle Leistungsangebote.
Ich kenne eine Menge Leute, die Gewohnheitstiere sind und in ihrer Kasse bleiben, obwohl sie einen Beitrag von 14,9 % und mehr hat. Und Leute, die sich einfach gut aufgehoben fühlen und Angst haben, vor dem, was sie bei einer neuen Krankenkasse erwartet.

- Sicherlich entstehen BKK´en aus Trägerunternehmen, aber irgendwann lösen sich diese von den Trägerunternehmen, z.B. durch eine Öffnung oder Fusionen etc.
Auf die Verwaltungskosten haben die Trägerunternehmen meines Wissens nach gar keine Einfluß. Das ist Sache der Selbstverwaltung (Vorstand, Verwaltungsrat).
Eins ist doch klar: Je mehr Mitglieder, je mehr Personal muss eingestellt werden und umso höher steigen die Verwaltungskosten.

Re: Ist dieses System noch zu retten

Tobi @, Mittwoch, 26.02.2003, 11:02 (vor 7940 Tagen) @ Klaus

Ich versuch jetzt mal alle Fragen so gut es geht zu beantworten:

Warum gibt es so viele Kassen?
Die meisten Kassen sind tatsächlich Betriebskrankenkassen. Liegt einfach daran, dass es viele Unternehmen gab/gibt, die eine eigene Kasse hatten/haben. Die Anzahl sinkt aber ständig: letztes Jahr waren es noch um die 330, die Zahl ist mittlerweile auf ca. 250 gesunken...

Warum gibt es BKK"s mit Beiträgen um 14%?
Hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Von der Mitgliederstruktur (-> Zahlungen in den Risikostrukturausgleich), für welche Länder sind die Kassen geöffnet (wirtschaftliche und soziale Unterschiede, z.B. Mecklenburg-Vorpommern - Baden-Württemberg bedeuten Unterschiede bei Beitragseinnahmen, außerdem bestehen mit den Ärzten unterschiedliche Verträge)

Wo kommen die großen Unterschiede bei den Beiträgen her?
Es liegt auf der einen Seite tatsächlich an den Verwaltungskosten: im Bundesdurchschnitt liegen diese bei 5,50 %. BKK"n bewegen sich i.d.R. zwischen 2 und 3 %. Auf das einzelne Mitglied heruntergerechnet liegt der Schnitt bei 72,- Euro, wirtschaftliche Kassen liegen ca. 30,- Euro darunter.
Stichwort Risikostrukturausgleich (RSA):
Das "Problem" ist, dass die Versicherten, die sich für eine günstige BKK entscheiden, meistens in einer guten Risikoklasse liegen: jung, gesund, gut verdienend. Bei diesen Mitgliedern können die Abgaben in den RSA höher sein als die monatlichen Beitragseinnahmen.
Es liegen mir natürlich nur die Zahlen meiner BKK vor:
Das Gesamtvolumen lag 2002 bei 1,1 Milliarden Euro(=1.118.058.000 Euro). Davon gingen fast 500 Millionen Euro direkt in den RSA. Knapp 600 Millionen Euro waren Leistungsausgaben. Nur rund 35 Millionen Euro gingen in den Bereich der Verwaltungskosten.

Ohne die Zahlungen in den RSA hätten wir einen Beitragssatz von 7,3 %!

Ein Ausgleich ähnnlich dem RSA sollte aber nach wie vor bestehen bleiben. Schließlich haben wir ja ein Solidarsystem. Aber wie kann man die Kassen zu wirtschaftlichem Handeln bewegen? Man könnte z.B. RSA-Ausgleichszahlungen für Kassen kürzen, deren Verwaltungskosten über 4% liegen...
Sollten die Billigkassen ihre Beiträge erhöhen - beginnt das Spiel übrigens nicht von vorn. Wohin sollten die Versicherten denn Wechseln, die sich nur nach dem Beitragssatz orientieren? Es sei denn, dass viele wieder zurück zu ihrer alten Kasse gehen, da dort der Service stimmt und der Beitragsunterschied nicht mehr so viel ausmacht.
Das sind natürlich alles nur meine persönlichen Vorschläge und Vermutungen!

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