Re: Ungleiches Recht für wenige Priviligierte!!!!! (Sozialpolitik)

Dr. Hagenbeck, Freitag, 09.06.2006, 07:28 (vor 6741 Tagen) @ Chylla


Mit Verlaub, Herr oder Frau Chylla, was hat eine Bürgerversicherung mit "Gleichmacherei" zu tun. Es kommt doch auf die konkrete Ausgestaltung und die Umsetzung an. In der ehemaligen DDR waren auch alle "gleich" und gleichzeitig hatten wenige Menschen außerordentliche Privilegien. Das waren ausgerechnet diejenigen, die den ganzen Tag Gleichheit und Sozialismus predigten und sich dabei ständig auf Karl Marx beriefen. Dabei wäre Karl Marx wahrscheinlich der erste Republikflüchtling gewesen oder er hätte den Rest seines Lebens in Bautzen verbracht.

Massagen: Wenn man der Meinung ist, dass Massagen etc. aus medizinischer Sicht nicht unbedingt notwendig sind, dann kann man diese Leistung ganz einfach aus dem Katalog nehmen, auch das hat mit Bürgerversicherung nichts zu tun.

Wenn man die Eigenverantwortung im Gesundheitssystem stärken will, dann sollte man zum einen für mehr Transparenz im System sorgen und zum anderen den prophylaktischen Maßnahmenbereich erweitern, verbessern und hier Anreize zur Vorsorge setzen. Das ist insbesondere langfristig wesentlich kostengünstiger. Aber zur Zeit entfallen fast 99 Prozent der Ausgaben im Gesundheitssystem auf die kurative Medizin, denn daran verdient schließlich die Pharma-Industrie und deren Lobby wesentlich mehr. Und die Lobbyisten sagen, wo es in dieser Demokratie lang geht und weder die Versicherten noch die Gesundheitspolitiker oder die sogenannten "mündigen" Bürger.

Wir wissen heute zum Beispiel, dass das zunehmende Übergewicht bei Kindern und auch Erwachsenen sowohl durch Erbanlagen als auch durch Umweltfaktoren verursacht wird.
Gegen die Umwelt und die Gene kommt der Einzelne aber mit seinem Verhalten nicht an. Nichtsdestoweniger werden immer noch Müsli-Riegel, von denen ein einziges Stück den notwendigen Tagesbedarf an Zucker abdeckt, in der Werbung als "gesund" verkauft oder als kleiner Snack zwischen den Hauptmahlzeiten.

Zumutbarkeit: Armut in diesem sogenannten christlichen Lande beschränkt sich doch nicht (nur) auf die Empfänger von ALG II und Sozialhilfe. Was ist mit den Rentnerinnen und Rentnern, die 40 Jahre lang gearbeitet haben und deren Rente im Monat 10 Euro über dem Sozialhilfeniveau liegt? Was ist mit den Millionen von Geringverdienern, die es inzwischen in Deutschland gibt? Da reicht auch der Verzicht auf den eigenen Urlaub von 20 Jahren nicht für die Finanzierung des Zahnersatzes. ABER WER NICHTS ZU BEISSEN HAT, BRAUCHT ÜBERHAUPT KEINE ZÄHNE. Wollten Sie das sagen? Warum haben Sie es dann nicht gesagt und um den Brei herumgeredet?

Bei einer Bürgerversicherung, die diesen Namen verdient, geht es auf der einen Seite darum, dass auch diejenigen, die in diesem Lande inzwischen jedes Jahr Millionengehälter kassieren oder ausschließlich von Ihren Kapital- und Mieteinkünften etc. leben (und das nicht allzu schlecht) oder wie zum Beispiel Herr Esser eine Abfindung von rund 30 Millionen Euro einstecken und die sich aus dem solidarischen System ausgeklinkt haben, auch wieder ihren Beitrag zu den sozialen Sicherungssystemen leisten und dies nicht ausschließlich aus den Beiträgen der Arbeitgeber (Lohnnebenkosten!) und der gesetzlich Versicherten finanziert wird, obwohl ständig und überall hierzulande davon geredet wird, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen, damit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Auf der anderen Seite sollten tatsächlich alle Bürger versichert sein (auch Obdachlose), damit niermand durch Krankheit zum Fall für das Sozialamt wird und Gesundheit langfristig kein Luxusgut für wenige Priviligierte wie im Lande von George W. Bush.

Unter dem Strich dürfte die geplante Gesundheitsreform von Frau Merkel und Co. allerdings für die gesetzlich Versicherten nichts bringen außer monatliche Mehrkosten, denn die Ausgabenseite, d.h. die Frage, wie das Geld im Gesundheitssystem effizienter eingesetzt werden kann, bleibt vollkommen außen vor, und dass durch diese Reform tatsächlich Arbeitsplätze geschaffen werden, steht auf einem ganz anderen Papier. Letzteres ist schließlich von und vor nahezu allen diesen "Reformen" der letzten 25 Jahre behauptet worden.


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