nicht versichert (Sozialpolitik)

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Donnerstag, 15.10.2009, 18:12 (vor 5516 Tagen)

Für die meisten Leser sicher nicht vorstellbar, aber es gibt bundesweit immer noch weit über 100.000 Mitbürger ohne Krankenversicherung. Die Zahl dürfte sogar weiter anwachsen, da der Zustrom von vielfach Nichtversicherten vor allem aus Osteuropa zunimmt. Beim notwendigen Gang zu Hausarzt oder Gynäkologe verlieren sie meist einen Zwanzig- oder Fünfzigeuroschein. Bagatellkrankheiten werden durch den Apotheker behandelt. Bei manchem erkennt man schon am Lächeln, daß sie sich einen Zahnarztbesuch nicht leisten können. Sie sind allgemein sehr vorsichtig, denn Gesundheit ist ihr bestes Gut. Angst haben sie weniger vorm Krankenhaus, als vor Entdeckung und rückwirkender Nachzahlung bei den Gesetzlichen ab April 2007 und ab Februar 2009 in der PKV.
Was aber tun als nichtversicherter Selbständiger, der kein Harzer wird, weil er zu viel verdient und somit nicht kostenfrei versichert werden kann? Auch 307€ in der Gesetzlichen wären für ihn unbezahlbar, wenn die ihn überhaupt nehmen würde, falls er da früher mal versichert war ..
Ich muss zuerst meine Haftpflicht bezahlen, sonst kann ich nicht mehr zur Metro fahren und meinen Laden gleich zu machen oder Krankenversicherung mache ich später, wenn ich Geld habe ist zu hören. Sie können oder wollen nicht und manch einer überlegt wie er den Spagat zwischen Vernunft, Zwang und Pflicht dennoch irgendwie hin bekommt.

AXA hat in diesen Tagen ein Produkt auf den Markt gebracht, was genau dieses Problem lösen kann. Für 105€ männlich oder 164€ weiblich zusätzlich der obligatorischen Pflegeversicherung ist man in der Altersgruppe fünfzig Jahre krankenversichert. Die einmaligen gesetzlichen Nachzahlungen per heute würden ihn runde 540€ und sie 844€ kosten, die Versicherer dürfen aber Ratenzahlungen akzeptieren. Das ist wahrlich nicht das Gelbe vom Ei, ein Tarif mit bis zu 4500€ Selbstbeteiligung, aber immer noch besser, als beim schweren Verkehrsunfall, einer großen Operation, vielleicht noch Transplantation auf Lebenszeit im Schuldturm zu landen. Wer denn so einen Tarif braucht bzw. sonst kauft werde ich gefragt? Zuletzt ein Flugkapitän, aber auch solvente Unternehmer und Freiberufler fragen nach Großschadenstarifen - die gemäß §193 VVG Selbstbehalte bis zu 5000€ pro Jahr haben dürfen. Fragen? ePost

Re: nicht versichert

chris @, Freitag, 11.12.2009, 22:10 (vor 5459 Tagen) @ Joachim Röhl

War die maximale Nachzahlung nicht 18 mb? Aber interessant, solche Tarife haben in meinen Augen auch ihre Berechtigung. Wie ist denn die Annahmepolitik hierbei? Gesundheitliche Probleme und keine KV fallen manchmal ja auch zusammen. Wie wird sich so ein Tarif wohl preislich entwickeln, gerade wenn er für genannten Personenkreis beworben wird?

Re: nicht versichert

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Samstag, 12.12.2009, 00:19 (vor 5459 Tagen) @ chris

Nein nein, die Nachforderungen laufen so wie beschrieben. Da ist gerade heute ein aktueller Fall der Berliner AOK. Die fordert von einer seit 01.04.2009 nicht versicherten Jungunternehmerin bis Dezember ganze 2216€ nach. Man bietet zwar höflich eine Stundung an, aber keinesfalls einen Schuldenerlass. Grund: sie hatte ja die hauptberufliche Selbständigkeit in der Gewerbeanmeldung angekreuzt und dann mit 1200€ geplanten Einnahmen bei der Kassennachmeldung auch äußerst optimistisch aufgetrumpft. Ab Februar nächsten Jahres ist sie rundum privatversichert für weit unter zweihundert, statt 311€ bei AOK ohne Krankengeld.

Tarife mit enorm hoher Selbstbeteiligung, wie der von der axa verkauft man sicher ohne Bauchschmerzen nur an sehr Betuchte, die mehr der Form halber eine Krankenversicherung haben möchten und den kleinen Rest aus der Portokasse zahlen. Die Annahmepolitik bei vorher Nichtversicherten ist als recht rigide einzuschätzen. Mit der Einforderung eines dreiseitigen ärztlichen Zeugnisses inklusive Blutbild und eines zusätzlichen zahnärztlichen Attestes nebst normalen Antrag mit neun noch untergliederten Gesundheitsfragen!

Feiner Unterschied zu sonst gängigen Tarifen sind die auffallend geringen Nachforderungen und man nur kann hoffen, daß nicht einige Oberpfiffige den Versicherer nur als preiswerte Einstiegsvariante zur ganz legalen Entschuldung suchen. Da der Großschadenstarif Vision1 mit 4500€ Selbstbeteiligung weit über der durchschnittlichen Kopfschadensquote eines deutschen Privatversicherten mit rund 600€ jährlich liegt, dürfte er sicher äußerst beitragsstabil bleiben. Fragen? ePost

Beitrag selbst berechnen: https://www.axa-krankenversicherung.de/Vertragsdokumente_AXA/

Re: nicht versichert

Bodi, Sonntag, 13.12.2009, 10:46 (vor 5458 Tagen) @ Joachim Röhl

Aber der PKV zuzuordnende Nichtversicherte (also zuletzt privat Versicherte) haben von einer GKV nichts zu befürchten. Keine Versicherungspflicht im GKV-System und damit keine Nachzahlungen. Wichtig z.B. bei Jobaufnahme und neuer GKV-Versicherungspflicht.

Da von der PKV zuzuordnenden Nichtversicherten nur für Febraur - Mai 2009 volle Monatsbeiträge als Strafe zu zahlen sind und ab Juni 2009 die 1/6-Regelung greift, ergibt sich rechnerisch ein maximaler Strafbeitrag von 13 1/6 Monatsbeitragen, der im übrigen erst im Jahre 2014 erreicht wird (maximaler Zeitraum 5 Jahre rückwirkend).

Re: nicht versichert

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Sonntag, 13.12.2009, 23:45 (vor 5457 Tagen) @ Bodi

Ja, das das ist schon manchmal verwirrend mit der rückwirkenden Nachzahlung bei den Gesetzlichen ab April 2007 und in der PKV ab Februar 2009. Im beschriebenen Fall bestand bis 31.März diesen Jahres eine Mitgliedschaft bei der AOK, danach hatte die Jungselbständige keine Beiträge mehr abgeführt, wurde Ende November herausgefischt und mußte dann auch für nur knapp 8 offene Monate nachzahlen.

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