Privatversicherung/Gesundheit (Private Krankenversicherungen)
Avalon, Dienstag, 23.01.2007, 21:35 (vor 6515 Tagen)
Hallo, folgende Frage habe ich:
Ich war bis zum Jahr 2000 Drogensüchtig und habe Dank eines Methadonprogramms diese Angelegenheit zu meiner Zufriedenheit abgeschlossen. Gesundheitliche Folgen sind nicht bekannt. Jetzt kann ich als Angestellter durch das Überschreiten der BBM in die PKV wechseln. Bin ansonsten völlig gesund und ca. Mitte 30. Welche PKV ist da vorurteilsfrei und kann das handeln? Wie offen sollte ich damit umgehen?
Schon einmal Danke.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Thomas, Mittwoch, 24.01.2007, 01:27 (vor 6515 Tagen) @ Avalon
Wenn Sie damit offen umgehen, können Sie leider eine PKV nach heutigen Muster vergessen. Da Sie sicherlich in den letzten 5 Jahren gegenüber Ärzten offen dies zugegeben haben, steht dies noch in den Akten und muss damit auch bei den Gesundheitsfragen offen angegeben werden.
Sie müssten praktisch mindestens 5 Jahre, bei vielen Versicherern 10 Jahre wegen u.U. stationären Behandlungen warten und ab sofort alle Ärzte nicht mehr besuchen, denen Sie reinen Wein eingeschenkt haben. Erst nachdem fünf bis zehn Jahre nirgends in den Akten "Zustand nach Drogenentzug" drin steht, wären Sie sicher vor einer Anfechtung.
Sie sehen, dass das ganze kaum realisierbar ist. Auch sollten Sie sich nicht so sicher sein, dass Ihre Drogensucht keine Folgen haben könnte, so steigt die Krebsgefahr enorm. Schließlich haben Sie sich wohl längere Zeit Nervengift zugeführt.
Eine andere Möglichkeit wäre es, über einen PKV-Spezialmakler eine Ausschreibung in anonymisierter Form vorzunehmen, in der Hoffnung, dass sich ein PKV-Versicherer großzügig zeigt, was ich aber ehrlich für unmöglich halte. Allerdings müssen Sie in dem unwahrscheinlichen Fall der Aufnahme mit einem Totalausschluss jeglicher Suchtbehandlungen und psychischer Therapien rechnen.
Bitte stellen Sie selbst oder über einen Makler aber bitte keine Probeanträge, denn dann kommen Sie bei einer Ablehnung trotzdem in eine Warndatei der deutschen Versicherungswirtschaft und können dann ein Leben lang - also auch in 10 Jahren - vergessen, noch eine Personenversicherung abzuschließen. Lassen Sie sich von einem Makler schriftlich vorher bestätigen, dass die Anfragen nur anonymisiert erfolgen!
Da Sie wegen der 3-Jahres-Frist ab 2.2.2007 (Gesundheitsreform), die man über der Versicherungspflichtgrenze (liegt übrigens 500 Euro über der BBM!) verdienen muss, wohl erst 2010 in die PKV können, würde ich Ihnen raten, den Basistarif der PKV abzuwarten. Der kommt ab 2009, zahlt den Ärzten wohl das 1,5fache Honorar, das diese von den Ersatzkassen bekommen, und kann ohne Gesundheitsfragen versichert werden. Ob das ganze billiger wird, sei dahingestellt!
Bitte beachten Sie auch, dass Sie in einer PKV während Ihrer Suchttherapie ziemlich viel selbst zahlen hätten müssen. Auch wenn Sie sagen, dass dies Ihnen nicht mehr droht, sollten Sie wissen, dass in der PKV Kur und Reha nie mitversichert sind (außer durch Kurtarife) und Sie auf die Leistung der Rentenversicherung hier alleine angewiesen wären.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Sora, Mittwoch, 24.01.2007, 08:59 (vor 6515 Tagen) @ Avalon
Hallo Avalon,
erst mal will ich dir gratulieren, dass du es gesundheitlich und finanziell geschafft hast!
Ich kann mir aber eine Anmerkung zu deiner Frage nicht verkneifen. Ich gehe davon aus, dass deine (mit Sicherheit sehr teure) Behandlung von irgendeiner gesetzlichen Krankenkasse und somit aus Beitragsmitteln der Solidargemeinschaft finanziert wurde.
Jetzt, wo es dir besser geht, überlegst du, diese Solidargemeinschaft zu verlassen, um selbst Geld zu sparen?!
Nur mal so als kleiner Denkanstoss.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Avalon, Mittwoch, 24.01.2007, 22:20 (vor 6514 Tagen) @ Sora
Vielen Dank für die sehr ausführlichen Hinweise. Zur moralischen Fragestellung: Leider ist es nicht so einfach zu sagen, man habe es gesundheitlich und finanziell geschafft; eine Drogensucht ist leicht so teuer wie ein Einfamilienhaus und wird auch sicher viele Jahre des Lebens kosten; sei es in Qualität oder Lebenserwartung. Da heisst es sparen. Die Preise für eine Substitution sind hingegen nicht so hoch, wie allgemein angenommen; eine Substitution verläuft zudem ambulant.
http://www.g-ba.de/cms/upload/pdf/abs5/beschluesse/2003-03-24-AMR_4a.pdf
In Verbindung mit den Arztbesuchen lässt sich hieraus keine emotionale Bindung zur gesetzlichen Solidargemeinschaft erstellen; zumal der Drogensüchtige, der trotz seiner Sucht regulär arbeitet, ja auch ggfs. mehr als diese Aufwendung in die Kasse eingezahlt hat. Und er hat das gleiche Wahlrecht wie jeder andere auch, welcher die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet. Dankbarkeit oder eine Abwägung, welche zumindest in meinem Falle nicht zu meinen Gunsten ausgehen würde, halte ich im Falle des Wahlrechtes zu einer Krankenkassenart nicht hilfreich. Auch ehemalige Drogensüchtige haben das Recht, eine Krankenkasse zu erwählen, um zudem nicht vor Dankbarkeit in die Knie zu fallen vor einem irgendwie gearteten Gesundheitssystem, auf welches diese selbst keinen Einfluss haben, es sei denn, durch Zahlung von Geldbeiträgen im Rahmen der gesetzlichen Pflichtversicherung. Ich hoffe, nicht unversöhnlich zu klingen, bitte aber zu überlegen, dass nicht jedes Klischee auf alle Menschen übertragbar ist.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Gast, Freitag, 26.01.2007, 17:59 (vor 6512 Tagen) @ Avalon
Deine Denkweise ist beschämend.
Ich hege einen gewissen Groll gegen Menschen, die sich der Drogensucht hingeben. Deine Gedankengänge sind für mich nicht nachvollziehbar. Leider habe ich als gesetzlich Versicherter nicht die Möglichkeit, einem Drogenabhängigen die Behandlung zu meinen und den der anderen Beitragszahler zu verweigern. Nachdem ich deinen Beitrag gelesen habe, würde ich die Sache jedoch glatt anstrengen wollen. Mal schauen, wie offen die Politik damit umgeht, schließlich wollte man auch schon an Privatunfälle herantreten, warum auch nicht an selbstverschuldeten Drogensüchtigen?
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Avalon, Freitag, 26.01.2007, 21:06 (vor 6512 Tagen) @ Gast
Naja, sachlich ist das nicht, lieber Gast. Neben der Aussage, dass Sie Drogensüchtige und/oder ehemalige Drogensüchtige nicht mögen und Ihnen auch keine entsprechende Krankenversicherung zugestehen, kann ich da argumentativ nicht viel sinnvolles lesen.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Gast, Freitag, 26.01.2007, 21:20 (vor 6512 Tagen) @ Avalon
In Verbindung mit den Arztbesuchen lässt sich hieraus keine emotionale Bindung zur gesetzlichen Solidargemeinschaft erstellen
Für mich als Einzahler in die Solidargemeinschaft lässt sich keine emotionale Bindung zu einem völlig selbst verschuldeten Mißstand erstellen.
Und er hat das gleiche Wahlrecht wie jeder andere auch, welcher die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet
Vom Wahlrecht, der Solidargemeinschaft nicht zur Last zu fallen wurde scheinbar nicht wahr genommen. Schade, sonst wär mein Groll nicht so groß.
Auch ehemalige Drogensüchtige haben das Recht, eine Krankenkasse zu erwählen, um zudem nicht vor Dankbarkeit in die Knie zu fallen vor einem irgendwie gearteten Gesundheitssystem
Dieses ach so schlechte Gesundheitssystem hat immerhin geholfen von der Sucht loszukommen. Dafür war es gut und günstig genug.
Alles in allem ein höchst asoziales Verhalten. Es gibt auch Worte wie Schmarotzer dafür.
Im Übrigen: eine Methadon-Substitution schlägt mit etwa EUR 6500 / Jahr zu Buche. Noch nicht enthalten sind eventuelle Krankenhauskosten und Kosten für ärztliche Behandlungen.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Avalon, Freitag, 26.01.2007, 22:26 (vor 6512 Tagen) @ Gast
Nun, niemand ist "nur" Drogensüchtig, niemand ist "nur" Familienvater, niemand ist "nur" Hausfrau oder "nur" Mutter. In Ihrem Beitrag haben Sie sich und mich als zwei Gegensätze beschrieben: Ich bin der Drogensüchtige und Schmarotzer, Sie sind der Einzahler in die Solidargemeinschaft. Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn:
Selbst, wenn die Behandlung 65.000 € gekostet hätte, also 10 Jahre gedauert hätte, so hätte ich in meinem Berufsleben noch weitaus mehr in die Krankenversicherung eingezahlt, denn zur Gruppe der "nur" Arbeitslosen gehörte ich noch nicht. Ich besitze also neben der Eigenschaft des "Schmarotzers" und "Drogensüchtigen" noch eine weitere, nämlich die des Einzahlers in die Solidargemeinschaft, und das seit weit mehr als zwanzig Jahren. In dieser Hinsicht bin ich Ihnen da sogar ähnlich, auch wenn Sie das sicherlich zunächst erschreckt. Würde es um Gewerkschaftsmitgliedschaft gehen, würde ich Ihnen auch insgesamt gedanklich folgen können, so leider nicht.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Gast, Freitag, 26.01.2007, 23:15 (vor 6512 Tagen) @ Avalon
Es geht hier um kein Sparbuch. Niemand zahlt in die Sozialversicherung ein und kann bis zu diesem Betrag Leistungen abrufen. Notwendige medizinische Versorgung wird gezahlt.
Bitte vergleichen Sie sich nicht mit einem Krebskranken. Der Krebskranke wird in den meisten Fällen keine andere Chance gehabt haben. Bei ihm ist es völlig egal, ob er nun Abteilungsleiter bei Siemens ist oder ein ALG II Empfänger - gezahlt werden soll in jedem Fall diese Behandlung durch die Solidargemeinschaft. Dafür ist diese auch da.
Allerdings habe ich etwas gegen Dummheit und selbstverschuldetes Elend, wofür die Allgemeinheit zur Kasse gebeten werden soll.
Es gibt durchaus mehrere Millionen Menschen auf der Welt, die "nur" Familienväter sind oder "nur" Mutter.
Diese Diskussion führt allerdings jetzt schon am Thema vorbei. Über Sinn und Unsinn der Drogenproblematik dürfte es jedoch keinen Streit geben, da Drogen überflüssig und lediglich der Nährboden für Kriminalität darstellen. Ich habe keinerlei Verständnis für Drogenabhängige und Drogen.
Re: Privatversicherung/Gesundheit
Avalon, Samstag, 27.01.2007, 00:25 (vor 6512 Tagen) @ Gast
Nunja, Sie machen sich das recht einfach. Es gibt Länder, die fast nur durch den Export von Drogen existieren; dahinter steckt ein handfestes Geschäft. Das ist eben dazu ausgerichtet, Menschen süchtig zu machen, und das unter anderem auch in Europa. Eine Drogensucht "fliegt" niemanden an, und keiner, der eine solche hat, hat das eigentlich gewollt. Da steckt immer ein Vertriebssystem hinter. Wenn Sie sagen, dass solch eine Sucht selbstverschuldet ist, dann geben Sie mir sicher auch Recht, dass, wenn ich behaupte, dass der Verkauf von Zigaretten an Minderjährige nicht schlimm ist, die haben ja selbst schuld? Nach Möglichkeit verkaufe ich die dann noch einzeln, weil die Schüler ja meist nicht genug Geld haben für eine ganze Schachtel... So war es jedenfalls an meiner Schule. Die dummen sind dann die Schüler, nicht das Vertriebssystem. Und wenn eine Bank einem Drogensüchtigen Kredite gibt bis zum Umfallen, ohne nachzufragen, dann funktioniert das System sogar weitergehend. Ich habe Leute gesehen, die kaum noch auf den Beinen stehen konnten, aber Kredit gab es immer noch. Die sind übrigens meistens noch in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Sie geben hier, jedenfalls aus meiner Sicht, dem Ende der Fahnenstange die Hauptschuld. Ich will hier nicht für Drogensüchtige einen Zacken aus der Krone brechen, sehe aber, dass Sie, wie viele andere auch, nur das kleinste Glied in der Kette betrachten. Was den Krebskranken angeht: Zwar habe ich mich nicht mit einem solchen verglichen, greife das Thema aber auf. Hat er geraucht, hat er ja schon wieder ggf. eine Teilschuld, jedenfalls habe ich das so interpretiert. War er nur Passivraucher? Da hätte er ja was sagen müssen. Neuerdings ist ja der Schutz der Passivraucher ja gesetzlich gewährleistet. Wenn der Raucher dennoch weiterraucht, der ihm gegenübersitzt, und der Passivraucher weiterhin sagt:" Rauch ruhig, mir macht das nichts aus...", ist er dann nicht auch fahrlässig?
Ist der gewerbliche Arbeitnehmer im Bergbau fahrlässig gewesen, weil seine Arbeit unter Tage ihm eine Staublunge eingebracht hat, und er der Allgemeinheit zur Last fiehl?
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte nur deutlich machen, dass auch solche Dinge wie eine Drogensucht passieren, ohne dass man gleich ein Verbrecher ist oder das je gewollt hat.
Es gibt keine edlen und keine selbstverschuldeten Krankheiten. Die Krankheiten schreibt das Leben.