Hallo, vielleicht kann mir hier jemand einen Tipp geben.
Ich bin alleinstehend, 36 Jahre alt und seit 2001 Beamter. Damals habe ich versucht in eine PKV zu kommen, wurde aber wegen Vorerkrankungen nicht genommen. Heute weiß ich, dass es wohl schon damals eine Regelung der PKV gab, dass frisch Verbeamtete auf jeden Fall aufgenommen werden, das hat mir aber damals niemand gesagt. Nun habe ich erfahren, dass es seit 1.1.2005 das Angebot an GKV-versicherte Beamte gibt für einen erleichterten Wechsel in die PKV (keine Ablehnung aus Risikogründen, keine Leistungsausschlüsse, max. 30 % Zuschlag). Wenn ich es richtig verstanden habe, gilt dies aber nur für den Grundtarif, nicht für die Zusatztarife - die könnte ich wohl zum Teil gar nicht abschließen. Macht es Sinn für mich den Wechsel in die PKV jetzt noch anzugehen? Oder gerade jetzt nach Beschluss der Gesundheitsrefrom? Aktuell bin ich bei der AOK Rheinland freiwillig versichert und zahle über 500 Euro/Monat...

Bei Ihnen gilt Beihilferecht NRW oder Bundesrecht, falls Sie Bundesbeamter sind!
In NRW/Bund ist die Beihilfe noch recht gut im Leistungsumfang und nur die spiegelbildliche Abbildung der Beihilfe ist relevant für die Öffnungsaktion, d.h. Sie müssen sogar in Wahlleistungstarife aufgenommen werden, d.h. inkl. Chefarzt und Zweitbett. Bedenken Sie aber die Selbstbeteiligung in der NRW-Beihilfe, d.h. Sie müssen einige 100 Euro pro Jahr selbst zahlen, dies müssen Sie auf den PKV-Beitrag draufrechnen, um mit der AOK vergleichen zu können!

Nun zu den Hauptproblemen:
Die Beihilfeergänzungstarife sind sehr wichtig und diese werden Ihnen u.U. verweigert. Viele denken hier nur an Zähne - doch reine Zahntarife würde man Ihnen bei einem vernünftigen Zahnstatus auch bei sonstigen Vorerkrankungen nicht verweigern. Die Problemfälle heißen für Sie:

1.Kur
2.Rehabilitation
3.Anschlussheilbehandlung
4.Hilfsmittel
5. Häusliche Behandlungspflege

Wenn Sie z.B. zum typischen Beamtenversicherer, der DEutschen BEamten KrankenKAsse (Debeka) sind Sie ohne Beihilfergänzungstarif katastrophal versichert, da Kur und Reha nicht versichert sind. AHB ist dort Kulanzleistung, ebenso häusliche Behandlungspflege, die Hilfsmittel (bitte vergessen Sie hier Brillen, sondern denken Sie an Heimdialysegeräte, Beatmungsgeräte=Eiserne Lunge usw, die kosten alle über 50T€) sind praktisch nicht versichert, wenn man daran denkt, dass die GKV 3000 kennt, die Debeka im Beamtentarif ohne Ergänzungstarif nur eine Hand voll. Bei der HUK sind z.B. die Hilfsmittel so oder so nicht toll, bei der DKV sind diese besser und da ist auch die AHB und HBPf drin, aber da fehlen Ihnen wieder die Kur- und Rehateile ohne Ergänzungstarif.

Und dann kommen wir noch zum Thema Psycho: Hier gibt es auch große Unterschiede. Die GKV zahlt - wenn"s sein muss - jede Woche eine Sitzung, die Debeka z.B. nur 20 pro Jahr, danach gar nichts mehr. Bei anderen Versicherern schaut"s ähnlich aus.

Da Sie aber nach einer Anfrage bei einer PKV mit dem Ergebnis "Aufnahme in die Normaltarife unter Ablehnung des Beihilfergänzungstarifes" das Recht auf die Berufung auf die Öffnungsaktion bei anderen PKVs verloren haben, sollten Sie hier sehr vorsichtig sein:

2 Methoden gibt es:

1. Laden Sie sich die Broschüre zur Öffnungsaktion unter www.pkv.de herunter. Fordern Sie von allen an der Öffnungsaktion teilnehmenden Versicherern die Tarifbedingungen und die Allg. Versicherungsbedingungen (AVB) für die Tarife an, die an der Öffnungsaktion teilnehmen. Oft gibt es bei Versicherern Paralleltarifwerke (z.B. DKV), bei denen der billigere für die Öffnungsaktion geschlossen ist und nur der teurere, oft seltsamerweise aber auch der bessere dafür geöffnet ist.
Vergleichen Sie hier, wo z.B. Reha schon im Normaltarif versichert ist bzw. der Hilfsmittelkatalog sehr breit bzw. offen ist. Dann heißt es durchstudieren und abwägen.

2. Sie gehen zu einem Honorarmakler und zahlen für eine ordentliche Beratung nicht wenig Geld.

Bei 2. werden Sie sich fragen, warum der Makler das nicht für seine Provision macht? Er bekommt kaum Provision, da keine Versicherung das Versichern eines schlechten Risikos provisioniert! Haben Sie einen guten freien Makler, der an Ihnen schon das eine oder andere verdient hat, dann macht er das auch für die geringe Aufwandsentschädigung, die der Versicherer zahlt.

Eine Anmerkung noch am Rande:
Ohne eine in den AVB verankerte vernünftige AHB würde ich Ihnen nicht raten eine PKV abzuschließen. Natürlich können Sie auf den Beihilfe-Basistarif bis 2009 warten, ob dieser dann wirklich GKV-gleiche Leistungen hat. Dieser wäre dann bei 50%-Beihilfe auf 50% des dann vorliegenden GKV-Höchstbeitrags gedeckelt, d.h. ca. 300 Euro!

Sie können aber auch jetzt schon in die PKV gehen und dann vom 1.1.2009 an ein halbes Jahr in den Basistarif wechseln, wenn er bei Leistungsausschlüssen durch Ablehnung des Beihilfeergänzungstarifs sinnvoller erscheint.

Ein Verbleiben in der GKV ist für Beamte unsinnig, da das neue Gesundheitsreformgesetz eindeutig Beamte der PKV zuweist, d.h. es gesetzlich nicht vorgesehen, dass Sie in der GKV sind!

Hallo Thomas,
danke für die ausführlichen Infos, muss ich erst mal verarbeiten. Noch eine Frage: ich bin beim Land NRW und habe jetzt gehört, dass es möglich sei, dass der Arbeitgeber einen Arbeitgeberzuschuss zu meiner GKV zahlt. Hatte ich mich noch nie mit beschäftigt, vermute aber das das nicht vorgesehen ist. Wissen Sie mehr darüber?
Danke und Gruß
Bernd

Noch ein paar Nachfragen zum eigentlichen Thema:
- Was heißt den "einige 100 Euro" Selbstbeteiligung in der NRW-Beihilfe? Kann man das genauer beziffern? Auf 250 Euro Selbstbeteiligung komme ich in der GKV jetzt auch schon pro Jahr.
- Prinzipiell habe ich aber schon das Recht, ab der Öffnungsaktion der PKV teilzunehmen, auch wenn ich damals schon einmal bei einem "normalen" Antrag abgelehnt wurde?
- Wenn die Gesundheitsreform Beamte nun eindeutig der PKV zuweist, muss ich dann irgendwann auf jeden Fall wechseln? Bislang hätte ich ja gern gewechselt, aber keiner wollte mich.

Gruß
Bernd

Die Beihilfeordnung NRW können Sie sich unter

http://www.bezreg-duesseldorf.nrw.de/BezRegDdorf/autorenbereich/Dezernat_16/ThomasHaede/BVO.pdf

durchlesen. In NRW gibt es eine Kostendämpfungspauschale §12a, d.h. je nach Besoldungsgruppe müssen zwischen 150 (bis A11), 250 (bis A15/C2/W2/R1) usw. bis zu 750 Euro im Jahr selbst getragen werden, erst danach greift die Beihilfe.

Ein Beitragszuschuss - seis zur GKv oder zur PKV - gibt es für Beamte normalerweise nur bei Überforderung, die liegt bei Ihrem Einkommen sicherlich nicht vor - lässt sich ja am AOK-Beitrag sehen, dass Sie höchstwahrscheinlich mindestens A12 bzw. A11 mit Zuschlägen haben!

Natürlich haben Sie das Recht auf die Öffnungsaktion, da Sie diese bisher nie genutzt haben. Vielleicht haben Sie damals auch einen Antrag bei einem Versicherer gesetllt, der an der Aktion damals nicht teilnahm bzw. es heute noch nicht tut!

Wechsel "müssen" müssen Sie nicht. Es ist aber so sinnvoll, da Sie keinen Arbeitgeberanteil zur GKV erhalten, dass sich ein Wechsel z.Z. sogar für über 70jährige Beihilfeberechtigte lohnt! Die Zuordnung per Gesetz erfolgt nur für Beamte ohne Krankenversicherung: Diese müssen in die PKV und dürfen nicht in die GKV. Das spricht aber Bände! Auch die Aussteuerung aus der Beihilfe in vielen Ländern für GKV-Versicherte bis auf Zahnersatz zeigt, wie man sich als Beamter zu versichern hat.

Nochmal danke für die Infos,
dann werde ich mich jetzt mal durch die ganzen Unterlagen arbeiten.