IKK's zerfleischen sich selbst (Gesetzliche Krankenkassen)
Wer solche Kollegen hat, braucht keine AOK, BEK oder ähnliche.
Bizarrer Streit entzweit die Krankenkassen
Ein bizarrer Streit zwischen den Innungskrankenkassen (IKK) und anderen Kassen in Niedersachsen wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der gesetzlichen Krankenversicherung.
Offiziell geht es bei dem Konflikt um die Finanzierung zahnmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern und die Bezahlung von Verbrauchsmaterialien in Arztpraxen.
Im Kern handelt es sich um den Versuch, sich gegenseitig Lasten zuzuschieben.
In der Regel rechnen Krankenkassen die Behandlungen, die ihre Versicherten in Anspruch nehmen, direkt mit den jeweiligen Leistungserbringern ab.
Um die Abrechnung in bestimmten Bereichen zu vereinfachen, bedienen sich die Beteiligten eines Umlageverfahrens:
Die Kassenverbände zahlen für jeden Versicherten ihrer Kassenart anteilig die in Anspruch genommenen Leistungen.
Im Prinzip jedenfalls.
Weil der IKK-Landesverband Nord seit Mai seinen Zahlungsverpflichtungen bei der Zahnprophylaxe und beim sogenannten Sprechstundenbedarf nicht mehr nachkommt, haben jetzt AOK, Betriebs- und Ersatzkassen beim Sozialgericht Hannover einen Antrag auf einstweilige Anordnung eingereicht – und damit heimliche Freude bei der IKK Niedersachsen ausgelöst: Die Kasse sieht darin eine Chance, von ihrer schnell wachsenden Kassenschwester IKK Direkt in Kiel mehr Geld zu bekommen.
Zum Hintergrund:
Im IKK-System hat bis zum vergangenen Jahr der IKK Landesverband Niedersachsen die sogenannte Vertragspartnerumlage für alle Mitglieder bezahlt, die ihren Wohnsitz im Land haben. Seit 2007 ist die hiesige Dachorganisation mit den Partnern aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein im IKK-Landesverband Nord aufgegangen. Die Zahlungsverpflichtungen für die Umlagen in Niedersachsen gingen formal auf die IKK Niedersachsen über – doch diese will die Lasten nicht länger allein tragen.
Kassenchef Wolfgang Krause stört sich vor allem daran, dass seine IKK auch für die niedersächsischen Versicherten der weit größeren IKK-Direkt aufkommen soll.
Die Schwesterkasse ist wegen ihres günstigen Beitragssatzes (12,9 Prozent) stark gewachsen; nahezu jedes sechste der insgesamt 590 000 Mitglieder wohnt zwischen Ems und Elbe. Die IKK Niedersachsen (Beitragssatz: 14,5 Prozent) zählt 200 000 Mitglieder.
Beim Streit über Umlagen für Zahnprophylaxe und Sprechstundenbedarf geht es dem Vernehmen nach um 6 Millionen Euro – angesichts der Milliardenausgaben im Gesundheitssystem wäre das kaum der Rede wert. Vor allem aber sei es eine Frage des Prinzips, findet der niedersächsische IKK-Chef Krause: „Hier wird eine rechtliche Lücke ausgenutzt.“ Daher habe auch die IKK Niedersachsen rechtliche Schritte gegen die Schwesterkasse in Kiel eingeleitet.
An der Förde weist man die Vorwürfe aus Hannover zurück.
„Der wahre Übeltäter“, sagt IKK-Direkt-Chef Ralf Hermes, „ist der untergegangene IKK-Landesverband Niedersachsen.“
Dieser habe die Verträge so formuliert, dass nun die IKK Niedersachsen als Einzelkasse für die Umlagen geradestehen müsse. Die IKK-Direkt sei aber bereit, einen Anteil für Zahnvorsorge der Kinder zu übernehmen. Für die Sprechstundenpauschale gelte das hingegen nicht –
„wegen des Gerechtigkeitsprinzips“, wie Hermes sagt:
Bei der IKK-Direkt seien vorwiegend Gesunde versichert, die nur selten zum Arzt gingen.
Ihren Streit könnten die beiden IKK-Chefs auch außerhalb der Gerichte beilegen – auf einer Vorstandssitzung des IKK Landesverbandes Nord etwa. Dort sind die beiden Kassenmanager nahezu unter sich: Hermes ist der Vorstandschef und Krause sein Stellvertreter.
So viel Solidarität und Nächstenliebe, was wird wohl aus dieser Kasse werden?