In der GKV bleiben trotz Verbeamtung? (Private Krankenversicherungen)
Ich bin vor kurzem verbeamtet worden und habe von meinem Versicherungsvertreter ein Angebot für die dbv-winterthur bekommen. Ich dachte, es sei unvermeidlich, in die PKV zu wechseln, und wollte schon unterschreiben. Dann sind mir aber im Gespräch mit meiner Frau Zweifel gekommen, die sich bei meinen Recherchen verstärkt haben.
Meine Situation:
- verheiratet, Ehefrau ohne eigenes Einkommen (wird auch erst in einigen Jahren wieder möglich sein)
- ein Kind von 2 Jahren, zwei weitere Kinder geplant
- ich bin 33 Jahre alt, meine Frau 32 Jahre
Die Prämien der dbv sollen wie folgt festgesetzt werden:
- ich 170 Euro
- mein Sohn 170 Euro
- meine Frau 180 Euro wegen Vorerkrankungen
In der GKV, die zur Zeit noch freiwillig weiterläuft, zahle ich für die ganze Familie den Höchstsatz von gut 500 Euro, weil ich mit dem Bruttoeinkommen die Obergrenze überschreite.
Die PKV wäre also zur Zeit sogar teurer, und zwar trotz der Beihilfe! Und wenn weitere Kinder hinzukommen, kommen deren Prämien natürlich noch hinzu. Außerdem habe ich mir sagen lassen, dass sich die Prämien im Schnitt in 12 Jahren verdoppeln, was die Inflationsrate wesentlich übersteigen würde. Dass die GKV massiv steigen wird, glaube ich eher nicht, hier dreht man eher an der Leistungsschraube.
Auf Besonderheiten wie Zweibettzimmer oder Chefarztbehandlung lege ich im Übrigen keinen Wert, ich würde ggf. durch Zusatzversicherungen medizinische Lücken abdecken. Außerdem halten wir das Prinzip der PKV aus ethischen Gesichtspunkten für grundsätzlich problematisch - wir wollen keine Sonderbehandlung und meinen, dass die KV eine staatliche Aufgabe ist und wollen unsere Gesundheit nicht an ein privates Unternehmen "verkaufen", auch lehnen wir das System der privaten Vorauszahlungen ab, zumal ich viele Geschichten über Zahlungsunwilligkeit der Privaten gehört habe (eine Kollegin zahlt gerade Krankenhausaufenthalt nach Hüft-OP aus eigener Tasche!). Wir würden daher in die PKV nur gehen, wenn dies mit so massiven Vorteilen verbunden ist, dass uns trotz der grundsätzlichen Ablehnung vernünftigerweise keine andere Wahl bleibt.
Meine laienhaften Berechnungen scheinen zu zeigen, dass ich in der GKV einen guten Schnitt mache, bis die Kinder aus dem Haus sind. In den letzten Jahren vor der Pensionierung ist die GKV dann - trotz der Prämienanstiege - etwas teurer, zumal wenn meine Frau dann wieder arbeiten sollte. Was nach Eintritt in den Ruhestand geschieht, weiß ich nicht.
Da ich aber kein Finanzmathematiker bin und auch die Details nicht kenne, kann ich keine genaueren Berechnungen anstellen. Den Versicherungsmakler kann ich leider auch nicht fragen, da er mir nur die PKV-Mitgliedschaft verkaufen will.
Liegt bei mir einer dieser seltenen Fälle vor, in denen sich die freiwillige GKV tatsächlich lohnen würde? Ich bitte um rasche Antworten, da ich mich zügig entscheiden muss (der Versicherungsmakler drängt schon ...).
John
Re: In der GKV bleiben trotz Verbeamtung?
Zuerst zu den Beiträgen: Der für Ihr Kind ist definitiv zu hoch - außer Sie sind hessischer Beamter. Welche Beihilfeordnung gilt denn?
Sollten Sie in Hessen Beamter sein, würden allerdings die Kosten bei mehr Kindern stark sinken.
Bei Bundesbeihilfe und den restlichen Ländern wird das zweite Kind (20%) kostenlos sein, da Ihre Beihilfe von 50 auf 70% steigt, wenn Sie zwei ´Kinder haben. Außerdem steht es Ihnen frei, auf Zweibettzimmer und Chefarzt als Privatpatient zu verzichten und schon wird es billiger.
Ein Anmerkung zu Ihren ethischen Bedenken: Je nach Beihilferegelung könnten Sie in der GKV auf Kostenerstattung umsteigen und würden dann Restkostenbeihilfe erhalten und wären dann sogar Privatpatient und doppelt "solidarisch" - einmal zahlen Sie in die GKV und ein anderes Mal zahlen Sie die Privatrechnung und subventionieren die teuren Geräte für die Kassenpatienten.
Übrigens: Es ist bei Ihrem Einkommen definitiv unsinnig die Beihilfe in welcher Konstruktion auch immer nicht zu nutzen. Leider haben schon die höchsten Gerichte einen Arbeitgeberbeitrag zur GKV für Beamten verweigert.
Was soll dann das ganze Beihilfesystem? Damit halten die Länder die Unikliniken am Überleben, denn diese würden sofort pleite gehen, wenn es keine PKV-Beamten mehr gäbe. Dass diese Hochleistungskliniken auch für GKV-Versicherte wichtig sind, ist wohl klar. Vielleicht mögen Sie einiges anzweifeln, was ich hier schreibe, doch die Länder haben das alles gut durchgerechnet und werfen den Beamten nicht freiwillig Geld hinterher!
Re: In der GKV bleiben trotz Verbeamtung?
Bei mir gilt die Beihilfenverordnung NRW. Dass das zweite Kind faktisch kostenlos ist, weil meine Beihilfe auf 70 % steigt, ist mir klar. (Wobei ich nicht mit Sicherheit weiß, ob die PKV in diesem Fall meinen Vertrag auf 30 % reduzieren muss. Aber das wäre schwer zu hoffen.) Das dritte Kind zahlt dann aber natürlich wieder drauf, vermutlich weitere 170 Euro unter gleichbleibenden Bedingungen. Das wird dann irgendwann Wahnsinn (vier Kinder ... sind aber nicht konkret geplant), zumal angesichts der die Inflation deutlich übersteigenden Prämiensteigerungen und der stagnierenden Besoldung.
Auf yahoo habe ich denselben Beitrag eingestellt (nur verkürzt wegen Zeichenbegrenzung), die Antworten waren interessant:
http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AtjxcNAgyZwwLDpwooF6YFgJCgx.?qid=20070507045744AApr15Q
Praktisch jeder rät mir dort zur PKV, damit die Beihilfe nicht flöten geht und wegen der angeblich besseren Leistungen (wobei ich die ersten 30 Lebensjahre gesetzlich versichert und nie mit den Leistungen unzufrieden war). Das mir vorliegende Angebot sei auch sehr teuer; regelmäßig wird die Debeka empfohlen. (Ich weiß natürlich nicht, ob die Autoren zufällig alle dort arbeiten ...)
Trotzdem bleiben die ethischen Bedenken bestehen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die GKV künftig auf ein Minimum herabgeschraubt wird, zudem können Zusatzleistungen kontrahiert werden. Und wenn ich im Ergebnis genauso viel zahle wie in der PKV unter Berücksichtigung der Beihilfe - oder sogar weniger -, dann wäre es doch eigentlich ethisch richtig, den Staatssäckel zu schonen, oder? Nur aus Prinzip das Geld abzugreifen ist doch unsinnig.
Ob das mit der Kostenerstattung in der GKV wirklich klappt, weiß ich allerdings nicht, dann übernimmt man ja doch das Risiko, dass die GKV nicht zahlt und man auf den Kosten sitzenbleibt. Das scheint mir sehr speziell und kann jetzt wohl nicht bei meiner Entscheidung maßgeblich berücksichtigt werden.
Ich sehe allerdings (nur) ein wirkliches Problem: dass nämlich die GKV teurer wird als die PKV, wenn die Kinder in 20 - 25 Jahren aus dem Haus sind, also in den letzten Berufsjahren, oder wenn meine Frau mal wieder arbeiten sollte und damit aus der Familienversicherung rausfällt. Was aber bei Überschreiten der Einkommensgrenze auch nach der BeihilfeVO der Fall wäre - und was dann wieder die Frage aufwerfen würde, was aus dem privaten Vertrag wird (muss sie dann aufstocken, oder kann sie in die GKV wechseln?).
Außerdem ist die GKV im Ruhestand nicht ganz billig, weil auch dann natürlich keine Beihilfe fließt.
Letztlich lässt sich allerdings nicht vorhersagen, wie das Beihilfenrecht in 25 bis 30 Jahren aussehen wird. Der Deutsche Beamtenbund kämpft ja darum, dass auch freiwillig GKV-Versicherte in den Genuss der Beihilfe kommen. Das war ja angeblich sogar schon im Entwurf der Gesundheitsreform drin, ist dann aber wieder rausgestrichen worden. Wenn mal wieder eine "linke" Regierung dran ist, wird daraus vielleicht mal was. Ich vermute, dass letztlich eine gewisse Bewegung unvermeidlich ist, um den Kollaps der GKV zu vermeiden. Das ist aber nur eine laienhafte und unqualifizierte Vermutung, auf die ich eine lebenslange Versicherungsentscheidung nicht stützen kann.
Apropos lebenslang: Aus der PKV komme ich ja voraussichtlich niemals wieder raus. Das ist mir äußerst unheimlich und verstärkt meine - ohnehin vorhandene - Abneigung erheblich.
Ich bitte im Hinblick auf die vorstehenden Ergänzungen um weitere hilfreiche Tipps!
Re: In der GKV bleiben trotz Verbeamtung?
1. Zur Debeka:
Sicherlich nicht schlecht (aber bitte nur mit Ergänzungstarif wegen der Hilfsmittel! Kuren und Reha sind bei der Debeka nur mit mickrigen Tagessätzen und damit nicht ausreichend versichert ebenso fehlt die häusliche Behandlungspflege!), doch beschäftigt die Debeka ein Heer von Internetschreiberlingen, die für Beamte immer Debeka empfehlen. Übrigens: Die Debeka hat hier die Stellschrauben gegen die Quoten-GKV für Beamte gestellt, da die dann zusperren können. Es sitzen halt viele Lehrer und damit Debekakunden im Bundestag!
2. Lassen Sie mal Ethik und weitere metaphysische Überlegungen weg! Krankenversorgung ist ein knallhartes kapitalistisches Geschäft und das sieht man v.a. in Ländern mit Bürgerversicherung, wie GB und Spanien, da dort im Gegensatz zur deutschen GKV keine Kostenerstattung bzw. Zusatzversicherung funktioniert. Dann sind die Reichen zu 100% in der GKV und zu 100% in der PKV und schon der untere Mittelstand kann sich keine vernünftige Behandlung mehr leisten. Dass sich das nicht so stark auf die Lebenserwartung auswirkt, liegt z.Z. daran, dass medizinische Eingriffe manchmal mehr Risiken in sich tragen als dass diese helfen. Dies kann sich aber mit einem weiteren medizinischen Fortschritt grundlegend ändern.
Vielleicht ist es in einer überaltertenden Gesellschaft auch ethisch, entweder gesund zu bleiben oder sich mit dem wirtschaftlich sinnvollen - ich zitiere das Sozialgesetzbuch V ! - zufrieden zu geben.
3. Zum Vergleich Beihilfe NRW und GKV:
a) Sie wissen schon, dass Sie in der Beihilfe NRW jährliche Selbstbeteiligungen (=Kostendämpfungspauschale) bis zu 750 Euro haben. Dies hängt von Ihrer Besoldungsgruppe ab und muss natürlich bei einem Vergleich GKV/PKV mitkalkuliert werden!
b) Es droht eine Absenkung der erstattungsfähigen Sätze auf den Basistarif ab 2009 in der Beihilfe. Damit wird die PKV, wenn man diese auch absenkt und nicht die Nachversicherungsgarantie nutzt, aufgrund des 1,8fachen Satzes wohl billiger.
c) Bei Beihilfe + PKV hat man den fundamentalen Vorteil gegenüber der GKV, dass die PKV alle Lücken, die in der Beihilfe durch Kürzungen entstehen, nachversichern muss - und dies ohne Gesundheitsprüfung. Das gibt"s bei der GKV leider (noch) nicht. Die TK arbeitet aber dran!