Wie funktioniert das Krankensystem in Schweden? (Private Krankenversicherungen)
Juergen, Mittwoch, 31.10.2007, 20:33 (vor 6235 Tagen)
Hallo,
ich habe einen Bekannten, der das ganze System in Dtl. nicht versteht zw. gesetzlich und privat usw. Er meinte in Schweden zahlt er nur 300 Euro pro Jahr und ist damit versichert, so wie alle Schweden die sind alle vom Staat automatisch versichert und man muss sich da auch nicht solche Sorgen machen.
Weiss darueber jemand Bescheid wie die Schweden das so machen?
Re: Wie funktioniert das Krankensystem in Schweden?
Thomas, Mittwoch, 31.10.2007, 23:38 (vor 6235 Tagen) @ Juergen
Ca. 60% Spitzensteuersatz+höhere Mehrwertsteuer!
Volkswirtschaftlich sehr sinnvolles System, da der Arbeitgeber nicht mit Gesundheitskosten belastet wird, doch nicht gut für die Versorgungsqualität, da es keinen Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Versicherern und Gesundheitsdienstleistern gibt. Sehr lange Wartezeiten!
Ums kurz zu machen: Wollen Sie ein Gesundheitssystem mit der Mentalität eines Finanzamtes, dann gehen Sie nach Schweden oder nach Großbritannien.
Alle Länder mit einem Versicherungssystem (z.B. auch Frankreich, Österreich, Schweiz) anstelle eines Steuersystems haben ein erheblich besseres Versorgungsniveau. Denn Versicherungsbeiträge lassen sich schnell erhöhen, Steuern nicht. Dann verweigert man einfach noch mehr Leistungen als in den Ländern mit Versicherungssystemen, um die Steuern konstant zu halten.
Re: Wie funktioniert das Krankensystem in Schweden?
Juergen, Donnerstag, 01.11.2007, 15:19 (vor 6234 Tagen) @ Thomas
habe mich gestern mit einem Englaender unterhalten, der wusste gar nicht was ich meine mit Krankenversicherung, sowas kennt er nicht. Er geht zum Arzt und muss da nie was zahlen. Der schwedische Bekannte ging ebenso in England zum Arzt, ohne Karte, ohne Geld und wurde kostenlos untersucht.
Soll das heissen ich kann als EU-Buerger auch einfach nach England gehen und werde dort kostenlos verarztet?
Gibts dafuer nur Mehrbettzimmer und lange Schlangen?
Sooo schlecht finde ich das ganze gar nicht, die Gesundheit ist des Menschen hoechstes Gut und die Gesundheitsversorgung vom Staat kostenlos zur Verfuegung zu stellen hat doch was.
Re: Wie funktioniert das Krankensystem in Schweden?
Thomas, Donnerstag, 01.11.2007, 16:23 (vor 6234 Tagen) @ Juergen
Sorry, es herrscht in Deutschland Krankenversicherungspflicht für alle hier gemeldeten Bürger, Sie müssen sich in D krankenversichern, um in England oder Schweden die staatlichen Gesundheitssystem nutzen zu können!
Fahren als Person mit Erstwohnsitz in D nach GB oder S, werden Sie dort kostenlos behandelt, wenn Sie in D Mitglied einer GKV sind, da GB bzw. S der deutschen GKV eine Rechnung schickt. Meinen Sie, dass der britische oder schwedische Steuerzahler deutschen Unversicherten die Behandlung zahlen will?
Wenn der Schwede oder Brite nach D reist und behandelt wird, wird dem schwedischen bzw. britischen Staat die Rechnung über die Deutsche GKV geschickt.
Zur Qualität: In GB katastrophal! In S gut, jedoch mit Wartezeiten, die so manchen sterben lassen. Bei Krebs kann man nicht ein Jahr auf die Behandlung warten.
In S wird wohl jetzt als Folge vieles umgebaut und damit teurer, in GB soll es billig bleiben, um die Wirtschaft nicht zu strangulieren. Dort gibt es aber etliche Zusatzversicherungen, ohne die man mit Dialyse ab 60 verrecken gelassen wird, weil keine mehr bezahlt wird, um Ihnen mal klar zu machen, um was es hier geht.
Wenn Sie Geld sparen wollen, dann wählen Sie einen GKV oder PKV-Tarif mit hoher Selbstbeteiligung. Dann sind Sie wenigstens im Notfall vernünftig abgesichert. Im Normalfall sind Sie dann unversichert. In GB wäre es umgekehrt. Da der Notfall schnell zum Exitus führt, hat das natürlich keine politischen Folgen, da Tote bekanntlich nicht mehr wählen können.
Beamtenanwärter PKV oder GKV
Annette , Dienstag, 06.11.2007, 16:27 (vor 6229 Tagen) @ Juergen
Hallo,
ich möchte im Dezember nochmals eine Ausbildung zur Fachlehrerin für Förderschulen beginnen. In den letzten 15 Jahren war ich familienversichert bei der AOK, nun werde ich Beamtenanwärterin (70 % Beihilfe berechtigt) und muss mich selbst versichern.
Da ich aber schon im biblisches Alter von 49 Jahren bin, falle ich aus dem Beamtenanwärtertarifen der PKV raus. Auch nach der Ausbildung von 18 Monaten werde ich nicht mehr beamtet werden können und werde dann, falls ich eine Stelle bekomme nur Angestellte sein.
Bei der DEBEKA hat man mir einen Tarif P30, Z30, BE/S1 angeboten der bei ca 210,€ liegt.
Da ich aber im Juli d.J. einen Bandscheibenvorfall hatte und über Jahre hinweg immer schon wegen Rückenschmerzen in Behandlung war sehe ich einer Ablehnung entgegen.
Meine GKV würde mich freiwillig versichern, ich überlege aber auch einen Wechsel zur TK. Diese bietet mir nun einen Vertrag mit Kostenerstattung an, da ich ja beihilfeberechtigt bin. Leider kann mir keiner genau sagen wie das in der Praxis abläuft. Was sind Pflichtleistungen der GKV und was kann über die Beihilfestelle abgerechnet werden. Selbst bei der Beihilfestelle ist man mit diesen Fragen überfordert.
Re: Beamtenanwärter PKV oder GKV
RW, Dienstag, 06.11.2007, 18:33 (vor 6229 Tagen) @ Annette
Hallo,
die Pflichtleistungen, also die Kassenleistungen, sind die Leistungen, die der Arzt bzw. Zahnarzt direkt über die Karte abrechnen kann. Für die Abrechnung gibt es jeweils bestimmte Gebührenpositionen.
Nicht abrechenbar sind insbesondere neue und unübliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder unwirtschaftliche Maßnahmen. Die Prüfung der Abrechnung erfolgt pro Quartal von der Kassenärztlichen Vereinigung des jeweiligen Bundeslandes.
Das Gesamtwerk aller abrechenbaren ärztlichen Leistungen:
http://www.ebm2000plus.de/ (über 1100 Seiten)
Evtl. ist auch der Link mit den ausgeschlossenen Leistungen interessant:http://www.g-ba.de/informationen/
Re: Beamtenanwärter PKV oder GKV
Thomas, Dienstag, 06.11.2007, 22:18 (vor 6229 Tagen) @ Annette
Was die Beihilfe zahlt, hängt vom Bundesland ab. Dies entnehmen Sie bitte der jeweiligen Beihilfeordnung. Es gibt Länder, in denen wie z.B. vor kurzem in Bayern, die Restkostenerstattung für die GKV sogar abgeschafft wurde.
Im Großen und Ganzen möchte ich Ihnen von der Kostenerstattung abraten, denn damit kann man - wie Sie wohl beabsichtigen - kein Geld sparen.
Und nun zu den Details:
Eine Privatrechnung ist ca. 2 bis 5x so hoch wie die GKV-Rechnung im Rahmen der Chipkarte. Die TK müsste hier also mehr erstatten als vorher, damit das ganze aufgeht. Dies geht aber nur gegen einen Mehrbeitrag. Eine Privatrechnung ist aber die Grundvoraussetzung, um die Beihilfe nutzen zu können.
Normalerweise muss die GKV zu 100% die Kassensätze, die bei Chipkartenbehandlung erstattungsfähig gewesen wären, erstatten und damit faktisch 20-40% der Privatrechnung, damit die Beihilfe auf 100% aufzahlt (Differenzkostenerstattung).
Hier spielt Ihr persönlicher Beihilfebemessungssatz keine Rolle, die Beihilfe zahlt immer auf 100% auf, auch wenn die GKV im Normaltarif (also ohne Selbstbehalt) nur 5% vorerstattet.
Da dies sehr teuer für die Beihilfe werden kann, wurde dies auch in einigen Ländern abgeschafft, seitdem es die Öffnungsaktion der PKV für Beamte, jedoch leider nicht für Anwärter gibt.
Damit können Sie sich den Luxus einer Privatbehandlung leisten, jedoch kein Geld sparen, da die GKV 100% nur bei 100% Beitrag leisten kann!
Wie funktioniert das ganze in der Praxis:
Sie gehen als Privatpatientin zum Arzt und bekommen eine Rechnung nach der privatärztlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die Sie selbst aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Diese schicken Sie an die GKV, die Ihnen dann den Teil erstattet, der bei Sachleistung (Chipkarte) dem Arzt direkt erstattet worden wäre, abzüglich der Praxisgebühr, einer Verwaltungskostenpauschale und einer Pauschale aufgrund eines Verzichts auf Budgetierung. In Kliniken wird nur eine Poliklinikpauschale pro Quartal erstattet.
Man weiß leider nie, wie viel man erstattet bekommt, da die GKV nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) und die Beihilfe/PKV nach der GOÄ abrechnen - zwei Gebührenordnungen, die nur mit Hilfe eines Computerprogrammes umrechenbar sind.
Was dann übrig bleibt, zahlt die Beihilfe nach Abzug etwaiger Selbstbehalte der Beihilfe zu 100%. So kann es in einigen Ländern passieren, dass man dann einmal Praxisgebühr an die GKV und dann noch einmal an die Beihilfe zahlen darf. Wird gar nichts von der GKV vorgeleistet, zahl die Beihilfe nur den persönlichen Satz, also bei Ihnen 70%.
Die Beihilfe zahlt meist nichts bei Medikamenten, da hier die GKV einen 100%-Schutz bietet, jedoch bleiben Sie auf dem Großkundenrabatt der GKV von bis zu 15% sitzen und müssen diesen selbst übernehmen.
Sie sehen, dass das Kostenerstattungssystem nur Sinn macht in Verbindung mit einer privaten oder GKV-Zusatzversicherung (wie bei der TK), die natürlich Geld kostet. Es ist ein enormer Aufwand, der wirklich nur lohnt, wenn Sie die Leistungen einer privatärztlichen Behandlung dauerhaft nutzen wollen und nie aus der GKV raus oder aufgrund von Gesundheitsproblemen in die PKV reinkommen.
Re: Beamtenanwärter PKV oder GKV
Paul, Donnerstag, 08.11.2007, 21:49 (vor 6227 Tagen) @ Thomas
Hallo,
ich hätte mal ne Frage zu der Ausage "Es gibt Länder, in denen wie z.B. vor kurzem in Bayern, die Restkostenerstattung für die GKV sogar abgeschafft wurde."
Wurde da für die "Bestandskunden" eine Art Übergangregelung eingeführt? Oder haben die, die ne Restkostenerstattung der GKV/Beihilfe hatten nun ein Problem? Wie müssen die sich jetzt versichern ?
Gruß
Paul
Re: Beamtenanwärter PKV oder GKV
Thomas, Freitag, 09.11.2007, 16:52 (vor 6226 Tagen) @ Paul
In Bayern wurde dies z.B. 14 Tage vor Inkrafttreten mitgeteilt. Als dann die Beihilfestellen kapiert haben, dass die Wahl des GKV-Kostenerstattungswahlrechts 12 Monate Bindefrist bedeutet, wird nun maximal bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit des Kostenerstattungsverfahrens erstattet.
Wer in der GKV bei Nutzung der Chipkarte (Sachkostenverfahren) bleibt, muss jetzt den vollen Beitrag ohne Möglichkeit einer Privatbehandlung oder einer durch die Beihilfe getragenen GKV-Selbstbeteiligung zahlen, d.h. ein Beamter zahlt dann den doppelten GKV-Beitrag wie ein Staatsangestellter. Der Staat zieht sich damit aus der Gesundheitsfürsorge zurück und erklärt diese zur Privatsache des Beamten. Ferner wurde auf die Öffnungsaktion der PKV hingewiesen und damit die Sinnlosigkeit von rechtlichen Einsprüchen untermauert.
Damit wird es wohl bis Ende 2007/Anfang 2008 in Bayern faktisch keine gesetzlich versicherten Beamten/Pensionäre zumindest des gehobenen bzw. höheren Dienstes mehr geben, aber etliche mit PKV-Tarifen mit 30%-Risikozuschlag. Beim mittleren Dienst ist die GKV trotz fehlender Arbeitgeberbeteiligung bei einer Familie oder höherem Alter immer noch billiger als die 50%-PKV mit oder ohne 30%-Zuschlag.