Grundsätzliches zur PKV - Beitragsanpassungen (Private Krankenversicherungen)
keo, Mittwoch, 08.04.2009, 16:58 (vor 5713 Tagen)
Hallo
wie ist das mit den Beitragsanpassungen bei der PKV?
Ich bin 25 Jahre und habe keine Krankenvorgeschichte - könnte mich also perfekt privat versichern!
Wie setzen sich jetzt Beitragserhöhungen zusammen. Erhöhen sich die Beiträge individuell nach persönlichem Risiko und Alter. Oder steigen die Beiträge nur allgemein z.B. wenn ich älter werde.
Wie würde sich ein zukünftiger Beitrag (nach Abschluss der Versicherung) zusammensetzen - aus persönlichen und/oder allgemeinen Risikofaktoren?
vielen dank für eure antworten
grüße
keo
Re: Grundsätzliches zur PKV - Beitragsanpassungen
Thomas, Mittwoch, 08.04.2009, 21:57 (vor 5713 Tagen) @ keo
Es gibt eine Kalkulationsverordnung (KalkV) des Gesetzgebers, die die Tarifsteigerungen vorgibt. D.h. es wird geschaut, wieviele Menschen eines Geschlechts in einer Kohorte (Altergruppe, z.B. 31-35 Jahre alt) wieviele Kosten verursachen. Sind die Kosten höher als kalkuliert, muss angepasst werden. Die älteren Kohorten sind dann immer Vorhersageinstrument für die jüngeren.
Ein auskömmlich kalkulierter Tarif, der schon seit Jahrzehnten besteht, ist deshalb meist teurer als neue Tarifwerke, bei denen die Vorhersagekohorten fehlen und absichtlich ausgeblendet werden, um den Tarif billig und damit wettbewerbsfähig zu halten. Natürlich könnte ein altes Versicherungsunternehmen die Zahlen der Alttarife als Vorhersagegrundlage heranziehen, tun diese aber leider oft nicht mit der Begründung, dass die Gesundheitsprüfung jetzt strenger sei als früher in den 70igern. Das eine strengere Gesundheitsprüfung über 10 Jahre nach Beitritt hinaus eine Auswirkung auf die Kalkulation hat, ist meiner Meinung nach aber ein Trugschluss.Am Anfang spart man allerdings damit enorm Kosten.
Wenn dann die einst Gesunden nach 10 Jahren krank geworden sind, stimmt dann die Kalkulation in einem Neutarif nicht mehr. Es wird ein paar Jahre dann versucht, das Problem zuzukleistern und dann gibt es eine Megaerhöhung. Dann kann man zwar oft in einen Neutarif beim selben Versicherer wechseln, der explodiert dann aber oft auch, wenn das v.a. viele kranke Altversicherte tun usw.
Nun haben Sie einen Einblick in die Tücken der Tarifkalkulation.
Dass z.B. ein Börsencrach oder noch viel mehr ein Pleitegehen einer Bank wie der Hypo Real Estate (verwaltet die scheinbar sicherste Anlage in Pfandbriefen, die aber ohne Verwaltung leider nicht mehr funktionieren) die Kalkulation dann noch einmal ins Wanken bringen oder ganz kippen könnte, kommt noch erschwerend hinzu.
Re: Grundsätzliches zur PKV - Beitragsanpassungen
PKV-Kenner , Donnerstag, 09.04.2009, 23:10 (vor 5712 Tagen) @ Thomas
@ Thomas...
die halbrichtige Meinung möchte ich nur halb korrigieren.... die, von dir angesprochenen "Nachteile" entsprechen einem VVG-konformen Verhalten...
Re: Grundsätzliches zur PKV - Beitragsanpassungen
Thomas, Freitag, 10.04.2009, 11:55 (vor 5711 Tagen) @ PKV-Kenner
Was heißt hier halbrichtig? Die - natürlich vereinfacht - beschriebenen Zustände lassen sich nun einmal bei nicht wenigen Tarifen am Markt finden. Und dass das nicht gesetzeskonform ist, hat nie jemand behauptet. Wie sollte das der Gesetzgeber auch regeln, außer er wollte die PKV zerstören? Soll der Gesetzgeber Einsteigertarife verbieten?
Man könnte die KalkV natürlich so absurd ändern, dass der Beitrag inflationsbereinigt lebenslang ab dem 40. Lebensjahr nicht steigt, sondern fällt. Wer unter solchen Umständen aber noch in die PKV gehen soll bzw. kann, bleibt mir ein Rätsel. Da würde ja jeder draufzahlen, der nicht 90 wird.
Re: Grundsätzliches zur PKV - Beitragsanpassungen
Joachim Röhl , Berlin 0172-3079777, Freitag, 10.04.2009, 13:58 (vor 5711 Tagen) @ Thomas
Nicht überall wo PKV draufsteht ist auch PKV drin. Schon seit den Mittneunzigern gibt es die Frühwarnungen der recht nüchternen Versicherungsmathematiker, welche neben der inzwischen schon gesellschaftlich fast akzeptierten "Zweiklassenmedizin" auch noch eine weitere Aufsplittung bei den Privaten selbst voraus sagten:
1. Klasse sind die absoluten unlimitierten ganz privaten Barzahler, beispielsweise eingeflogen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten oder der Russischen Föderation
2.Klasse die hauseigenen Hochleistungstarife einiger Gesellschaften (GOÄ/GOZ über dem 3,5fachen Steigerungssatz) welche in der Regel ab dem 40.nur noch betuchte Mitbürger (um die 10% aller Versicherten) bezahlen können und dann kommt die breite
3.Klasse für ca. 60% der Kunden meist nur bis zum 3,5fachen Satz versichert und in der
4. "Bretterklasse" weit unterhalb des 2,3fachen Satzes rumpelt es wie bei Sparvögeln von AirBerlin in den letzten Reihe kurz vorm Gang-WC, Essensauswahl meist eingeschränkt, der geringe Sitzabstand tut sein übriges....runterkommen werden die Kunden aber alle, so zumindestens bei den Airlinern.
Was ich hier zitiere sind die einfach ablesbaren Steigerungssätze. Wer die nicht als erste grobe Orientierung zur Kenntnis nimmt und auch mit Begriffen wie fester oder prozentualer Selbstbeteiligung, Zahnstaffeln, limitierten Erstattungssätzen oder auch dem Hausarztprinzip u.a. Leistungsparametern auf Kriegsfuß steht, sollte nicht meckern, wenn er später kräftig Nachlösen muß. Warum? Ganz einfach, weil er vorher vergessen hatte ordentlich anzusparen!