Sagt tschüß zur BKK (Gesetzliche Krankenkassen)

Jo linchen, Sonntag, 07.03.2010, 22:47 (vor 5375 Tagen)

http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/article6673524/Berater-sagen-Massenfusionen-von-gesetzlichen-Krankenkassen-voraus.html


Berater sagen Massenfusionen von gesetzlichen Krankenkassen voraus

Von Carsten Dierig 7. März 2010, 04:00 Uhr

In fünf Jahren dürfte es nur noch rund 50 Kassen geben. Vor allem die betrieblichen Versicherer werden verschwinden

Die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen wird in den nächsten fünf Jahren kräftig sinken. Das prognostiziert die Wirtschaftsberatungsgesellschaft Ernst & Young in einer Studie, die der "Welt am Sonntag" exklusiv vorliegt. "Der ohnehin laufende Konzentrationsprozess wird sich noch mal beschleunigen", sagt Studienautor Andreas Freiling. Bis 2012 werden seiner Prognose zufolge nur 100 der aktuell 169 Kassen übrig bleiben. Bis 2015 soll die Zahl, die zu Beginn der 90er-Jahre noch über 1000 lag, sogar auf nur noch 50 sinken. Besonders gefährdet seien dabei die meist kleinen Betriebskrankenkassen. Ihre Anzahl soll von heute 130 auf lediglich zehn zurückgehen.

Als Grund für den Konsolidierungsdruck nennt Freiling die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Zum einen ist es im Gegensatz zu früher möglich, dass Krankenkassen pleitegehen. Dafür sorgt das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zum anderen können die verbliebenen Anbieter einen erhöhten Finanzierungsbedarf seit der Einführung des Gesundheitsfonds und des einheitlichen Beitragssatzes von 14,9 Prozent nicht mehr über Beitragssteigerungen ausgleichen. Finanziell schwache Kassen müssen steigende Kosten nun über unpopuläre Zusatzbeiträge ausgleichen. Das aber wird Experten zufolge dazu führen, dass viele Mitglieder der Kassen zu Konkurrenten abwandern und sich dadurch die Problemlage noch weiter verschärft.

Fast jede zweite der 40 von Ernst & Young befragten Krankenkassen macht sich daher schon Gedanken über eine Fusion. Für weitere 33 Prozent ist ein Zusammenschluss zumindest eine Option. Zumal die große Mehrheit der Anbieter bisherige Fusionen als durchweg erfolgreich einstuft. Dadurch habe man Kosten in der Verwaltung und der IT eingespart, die Finanzbasis verbreitert und Arbeitsprozesse optimiert. Zudem schaffe ein größerer Verbund eine bessere Verhandlungsposition, zum Beispiel gegenüber Ärzten und Krankenhäusern.

Die bislang letzten Fusionen gab es zum Jahreswechsel vor wenigen Wochen. Bei den insgesamt elf Zusammenschlüssen sind 14 Anbieter vom Markt verschwunden. Zu den größten Fusionen gehörte die Verschmelzungen der DAK mit der Hamburg-Münchener Ersatzkasse und der Barmer Ersatzkasse mit der Gmünder Ersatzkasse (GEK). Die neue Barmer-GEK ist nun mit 8,6 Millionen Versicherten und einem Marktanteil von fast 13 Prozent sogar die größte Krankenkasse in Deutschland. Sie hat die Techniker Krankenkasse überholt, die im Jahr zuvor noch die IKK-Direkt übernommen hatte.

Ein weiterer Riese könnte schließlich zur Jahresmitte durch die angedachte Fusion der AOK Rheinland/Hamburg mit der AOK Westfalen-Lippe entstehen. Von der Politik ist diese Fusionswelle durchaus gewollt. Die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sprach von 30 bis 50 gesetzlichen Krankenkassen als sinnvollem Ziel.

Allerdings steigt jeder neuen Fusion auch das Risiko, dass eine Krankenkasse scheitert. "Mit der sinkenden Zahl der Marktteilnehmer und der zunehmenden Größe der Fusionspartner steigt die Komplexität", begründet Ernst-&-Young-Partner Freiling. Zumal es mittlerweile auch eine steigende Zahl von Kooperationen zwischen unterschiedlichen Arten von Kassen gibt. "Dadurch müssen mehrere Abrechnungssysteme, IT-Prozesse und vor allem unterschiedliche Unternehmenskulturen zusammengeführt werden", erklärt Freiling. Bis eine Fusion vollständig und erfolgreich umgesetzt ist, dauert es seiner nach Einschätzung mindestens zwei Jahre. Außerdem ließen sich in stark konzentrierten Märkten Synergien nicht mehr so einfach und schnell heben. "In den kommenden Jahren wird daher die Zahl der missglückten Fusionen stark steigen", prognostiziert der Gesundheitsexperte.


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