Leistungsinstellung im Notfall nach Beitragsverzug (Private Krankenversicherungen)

Gundula Böhme @, Montag, 25.01.2010, 18:10 (vor 5417 Tagen)

Hallo, wir haben ein Problem:
eine mir nahestehende Person war jahrtehntelang gut verdienender Rechtsanwalt (unverheiratet) + wurde im März 2009 schwer depressiv.Im Juli 2009 verlor er seine Zulassungi + sein Vermögen(Kreditkündigungen etc.) und gab seine Kanzlei auf. er hat einfach nicht mehr gearbeitet, sondern stundenlang "Löscher gestarrt".
Bei seine private Krankenversicherung hat er seit 03/09 Rückstände und hat diese bis auf ca. 1.000 EU reduziert (3.200 EUR gezahlt).Endlich begab er sich um Arzt, der ihn sofort u.a. wegen mgl.Suizidalität in ein psych. Krankenhaus einwies.Dort ging es ihm zunehmend besser,er spricht seit einer Woche auch wieder mit Menschen und nicht nur mit seinem Hund. Heute informierte das Krankenhaus über die Nichtbewilligung der notw. Leistungen durch die PKV. Die Versuche zur Konfliktlösung scheiterten, die Leistungsverw. wurde tel damit begründet, daß ein Beitragsrückstand bestände, psych. Erkrankungen keinen Notfall darstellen und wohl auch eine arglistige Täuschung(!!!) vorläge, da der Patient wohl beim Vertragsabschluß (vor vielen Jahren) hätte eine psych. Vorbelastung angeben müssen(!!!).VorVertragsabschluß gab es jedoch keinerlei derartige Anzeichen.Das Krankenhaus müßte die Behandlung sofort beenden, warnt jedoch vor schlimmen Folgen. Und jetzt? Erbitte Rat!

Re: Leistungsinstellung im Notfall nach Beitragsverzug

chris @, Montag, 25.01.2010, 22:09 (vor 5416 Tagen) @ Gundula Böhme

Wegen Beitragsrückstand können akut notwendige Behandlungen nicht mehr verweigert werden. Eine Sanktion wegen arglistiger Täuschung hätte meines Erachtens innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis, also spätestens nach Mitteilung der stationären Behandlung, erfolgen müssen, könnte also verjährt sein.

Die Kernfrage ist also, ob psychische Erkrankungen als Anlaß für akute Behandlungen gelten können, welche auch ohne Beitragszahlung zu leisten ist. Diese Kernfrage wird aber wohl erst gerichtlich geklärt werden müssen, da das entsprechende Gesetz sehr jung ist. Hat Ihr Bekannter eine Rechtsschutzversicherung?

Eine andere Sache: Überprüfen Sie seine Unterlagen und Beitragszahlungen. Meines Wissens nach ruht das Vertragsverhältnis nach zwei Monaten Nichtzahlung, wenn dies dann erfolgt, der aktuelle Beitragsrückstand also weniger als diese zwei Monatsbeiträge beträgt, kann es sein, daß die KV nicht mehr ruht. Wenn sie nicht ruht, muß trotz Beitragsrückstandes voll geleistet werden. Das wäre zu prüfen. Außerdem muß die KV ihm schriftlich mitgeteilt haben, ob und ab wann seine KV ruht. Dieser ganze Schriftverkehr wäre also auch auf formale Fehler der KV zu prüfen.

Re: Leistungsinstellung im Notfall nach Beitragsverzug

G.Böhme @, Freitag, 05.03.2010, 18:45 (vor 5378 Tagen) @ chris

Hallo und besten Dank.
Das Krankenhaus mußte die Behandlung durch Absage der PKV beenden. Der Betroffene ( 15kg Gewichtsverlust seit seiner Entlassung Mitte Januar) redet nur noch mit seinem Hund, der Oberarzt ruft öfters wegen der hohen Suizidalität an.Der Beitragsrückstand beträgt nur noch die Monate Febr. - März 2010, also 2 Monate.Die Rückkehr in die GKV ist verwehrt, da in diesem Jahr sein 55.Geburtstag war.
Die PKV lehnt nach wie vor alle Leistungen ab, es ist die Kündigung zu erwarten, wenn der Rückstand getilgt ist und die neuen Behandlungskosten anfallen.
Und dann? Am besten wäre die Rückkehr in die GKV, doch das geht nun nicht mehr.

Re: Leistungsinstellung im Notfall nach Beitragsverzug

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Freitag, 05.03.2010, 19:42 (vor 5377 Tagen) @ G.Böhme

Bis zum 31.12.2008 hätte eine PKV den Betroffenen kündigen können wegen Verletzung der vorvertraglicher Anzeigepflicht, wenn auch damals alle negativen Voraussetzungen dafür überhaupt erfüllt gewesen wären. Seit 1. Januar 2009 greift jedoch die Pflicht zur Versicherung* von manchen ungeliebt und im konkreten Fall als rettender Anker. Denn eine Kündigung durch den Versicherer ist ausgeschlossen, falls der Betroffene nicht eine Anschlußversicherung nachweist. Heißt im konkreten Fall, daß selbst während der Beitragssäumigkeit! ein kompletter Anspruch besteht auf die Erstattung von Kosten für die Behandlung akuter Erkrankungen oder von Schmerzzuständen. Die Summe von sicher weniger als eintausend Euronen sollte kurzfristig beim Versicherer inklusive aufgelaufener Säumniszuschläge und Mahngebühren eingezahlt werden und somit die Ihnen nahestehende Person und seinerzeit gut verdienender Rechtsanwalt sofort wieder vollen Leistungsanspruch ganz im Sinne der Darstellung von Chris haben.

Sollte sich die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung jedoch bewahrheiten und innerhalb der letzten 10 Jahre erfüllt worden sein, kann der Versicherer einen medizinischen Risikozuschlag erheben oder im Extremfall auch auf den Basistarif umstellen. Eine Kündigung bleibt wie oben beschrieben allerdings auf Lebenszeit ausgeschlossen.
* http://www.pkv.de/positionen/gesundheitsreform_neuregelungen_2009/pflicht_zur_versicherung/ Fragen? Sie bitte umgehend eine RA für Medizin- bzw. Versicherungsrecht

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