GKV / Ausland / Elternzeit (Private Krankenversicherungen)
Hallo liebe Experten,
ich hätte eine etwas komplizierte Frage an euch!
Ich bin Promotionsstudentin mit steuerfreiem Stipendium (1100 €/Monat) und mit dem zweiten Kind schwanger! Mein Mann arbeitet derzeit kurzzeitig im Ausland. Da es kein Abkommen mit dem Beschäftigungs-Land (Katar) gibt, bin ich derzeit freiwillig gesetzlich versichert, meine Tochter mit mir und wir müssen den Höchstsatz zahlen, weil ja sein Gehalt zur Hälfte auf mich gerechnet wird. Der Vertrag im Ausland endet nun und er wird sich in Deutschland arbeitssuchend melden, wird wahrscheinlich ALGI (alte Anwartschaft) bekommen. Er hat bereits einen neuen Vertrag beim jetzigen Arbeitgeber in Aussicht, allerdings erst nach der Geburt unseres Kindes. Was passiert mit unserer Krankenversicherung während dieser Zeit und in meiner Elternzeit?
Wird mein Mann über mich familienversichert in der Arbeitslosigkeit, oder wird er selbst versichert?
Können meine Tochter und ich uns trotz meines Stipendiums ggf. über ihn familienversichern?
Was passiert, wenn er in der Zeit einen befristeten Job in Deutschland findet?
Was ändert die Geburt an meiner Versicherungs-Situation?
Und was die erneute Beschäftigung im Ausland ohne Abkommen? Muss ich mich dann in der Elternzeit wieder freiwillig gesetzlich versichern (zum Höchstsatz)?
Würde es evtl. helfen, wenn ich vor Mutterschutz und Elternzeit noch einen Job als wissenschaftliche Hilfskraft an der Uni annehme, so dass ich pflichtversichert werden?
Ok, eigentlich sind es doch mehrere Fragen!
Würde mich über etwas Erhellung der Lage freuen!
Liebe Grüße
Laura
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Ach, ganz vergessen! Der Fall wird evt. noch komplizierter! Das Stipendium endet im Monat VOR der Geburt, das heißt, falls ich keine Verlängerung bekomme (wovon ich wegen der Schwangerschaft ausgehe) habe ich ab dann kein Einkommen mehr!
Liebe Grüße
Laura
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Ich schon wieder!
Also ein paar Fragen konnte ich mir jetzt durch weitere Internet-Recherchen beantworten.
Für den Fall, dass mein Mann ALG I erhält oder ein Deutschland einen versicherungspflichtigen Job findet, wird er damit selbst gesetzlich versichert. Bei Wegfall des Stipendiums kann ich mich über ihn familienversichern. Damit sind wir zum Zeitpunkt der Geburt alle bei ihm familienversichert. Bleibt die Frage:
Was passiert, wenn seine Versicherung endet, weil er ins Ausland geht? Muss ich mich dann wieder freiwillig gesetzlich versichern? Was ist mit unseren Kindern? Er ist ja nicht in einer PKV, sondern schlicht vor Ort versichert, wo es kein Abkommen gibt. Was passiert mit unseren Kindern? Im Moment ist Sophia über mich familienversichert, obwohl der das höhere Einkommen hat, wurde von meiner GKV so akzeptiert (die haben natürlich alle Infos), wohl weil wir Sophia ja nicht bei ihm versichern können, er ist ja tausende Kilometer weit weg von uns! Ich vermute, das wird dann auch weiterhin so geregelt? Hängt das vom guten Willen der GKV ab oder ist das der Regelfall?
Zweiter Gedanken: Was würde passieren, wenn ICH vor der Geburt noch einen versicherungspflichtigen Job annehme, der zum Beispiel bis zum Mutterschutz oder zur Geburt oder ähnlichem befristet ist? Bleibe ich beitragsfrei versichert oder endet die Beitragsfreiheit, weil auch das Beschäftigungsverhältnis endet?
Oje, das ist alles so kompliziert und ich finde im Internet keine vergleichbaren Fälle, was mich angesichts der sehr speziellen Situation auch nicht wundert...
Hoffentlich kann mir da jemand helfen!
Liebe Grüße
Laura
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Hallo,
beim Ende der Familienversicherung ist wieder eine freiwillige Versicherung am sinnvollsten ( Beiträge nach halbem Ehegatteneinkommen). § 9 SGB V mit § 240 SGB V
Die Familienversicherung für die Kinder ist ausgeschlossen, wenn das Einkommen des Ehegatten, der nicht gesetzlich krankenversichert ist, regelmäßig über 4162 € monatlich liegt.
Die Versicherung in Katar keine gesetzliche Krankrnversicherung nach dem SGB V und wird daher wie eine deutsche PKV behandelt.
Wenn das Einkommen (Einkünfte im Sinne des Steuerrechts) aktuell über der Grenze liegt, kann es ggf. auch ein Versehen der deutschen Krankenkasse sehen.
Ggf. beim Finanzamt nachfragen, wie hoch die Einkünfte des Ehegatten nach dem deutschen Steuerrecht sind.
Der Aufenthaltsort der kinder und die Entfernung zum Vater spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Was passiert, wenn seine Versicherung endet, weil er ins Ausland geht? Muss ich mich dann wieder freiwillig gesetzlich versichern? Was ist mit unseren Kindern? Er ist ja nicht in einer PKV, sondern schlicht vor Ort versichert, wo es kein Abkommen gibt. Was passiert mit unseren Kindern? Im Moment ist Sophia über mich familienversichert, obwohl der das höhere Einkommen hat, wurde von meiner GKV so akzeptiert (die haben natürlich alle Infos), wohl weil wir Sophia ja nicht bei ihm versichern können, er ist ja tausende Kilometer weit weg von uns! Ich vermute, das wird dann auch weiterhin so geregelt? Hängt das vom guten Willen der GKV ab oder ist das der Regelfall?
Bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung besteht nach der Geburt Beitragsfreiheit. Dies gilt nur, solange das Arbeitsverhältnis besteht oder Elterngeld bezogen wird. (§ 192 und § 224 SGB V)
Gruß
RHW
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Hallo RHW,
vielen Dank für die ausführliche Antwort! Die Krankenkasse weiß, wie hoch das Einkommen meines Mannes ist. Ich hab auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mein Mann nicht gesetzlich versichert ist! Die Beträge sind allerdings nur vor deutschen Steuern, die ja nachträglich noch bezahlt werden müssen (steht wegen der Progression noch garnicht fest, wieviel, wahrscheinlich wird mein Mann ja 5 Monate arbeitssuchend sein) und außerdem läuft der Vertrag nur 7 Monate. Was muss genau über den 4162 € liegen? Der Jahresschnitt?
Zu welchem Tarif würden denn ggf. die Kinder dann versichert? Jedes einzelne Kind freiwillig gesetzlich? Wieder zum Höchstsatz wegen des zu hohen Einkommens?
Die versicherungspflichtige Beschäftigung betreffend: Ich habe jetzt überall nur gelesen, dass Beitragsfreiheit nur in der Elternzeit besteht und Elternzeit heiß ja eigentlich, dass ein Beschäftigungsverhältnis ruht und ist nicht mit dem Bezug von Elterngeld gleich zu setzen, oder? Ich werden den entsprechenden Paragraphen mal raussuchen, danke!
Viele Grüße
Laura
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Kleine Nachfrage:
Ist es relevant, dass ich nur den Mindestbetrag von 300€ erreichen würde beim Elterngeld? Den bekommt ja eigentlich jeder, der nicht wieder arbeitet...
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Hallo,
die Höhe des Elterngeldes spielt keine Rolle. Normalerweise gibt es automatisch eine Meldung der Elterngeldstelle an die Krankenkasse (die Höhe wird aber nicht mitgeteilt, weil sie ohne Bedeutung ist). Wenn das Elterngeld endet, endet auch die Beitragsfreiheit (Ausnahme: das Arbeitsverhältnis besteht noch).
http://bundesrecht.juris.de/sgb_5/__192.html
http://bundesrecht.juris.de/sgb_5/__224.html
Für die Einstufung der Kinder ist das Elterneinkommen ohne Bedeutung. Das bedeutet 140 Eur pro Kind, wenn die Kinder keine Einnahmen haben.
Jetzt zum schwierigsten Punkt:
Absatz 3: http://bundesrecht.juris.de/sgb_5/__10.html
Es sind die regelmäßigen Einkünfte maßgebend (dieser Begriff taucht als "Gesamtbetrag der Einkünfte" des Ehemannes auf dem Steuerbescheid auf; vielleicht ist noch ein Bescheid aus den Vorjahren greifbar). Die Krankenkasse rechnet das monatliche Bruttogehalt ohne steuerfreie Zulagen abzüglich Werbungskosten zuzüglich 1/12 der erwarteten Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) zuzüglich Mieteinnahmen und Zinseinkünfte (sofern sie auf dem Steuerbescheid auftauchen würden/werden). Auch wenn die Beschäftigung nur 7 Monate dauert, erfolgt diese Berechnung wie bei einer Dauerbeschäftigung. Steuern, Versicherungsbeiträge und Freibeträge können nicht in Abzug gebracht werden. Es können aber wie im Steuerrecht die Werbungskosten (ggf. Pauschale) in Abzug gebracht werden (Einzelheiten wie im Steuerrecht).
Gruß
RHW
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Vielen Dank,
für die erneut sehr genaue Antwort! Ich bin echt begeistert, wie gut man hier Auskünfte bekommt!
Eine kleine Frage habe ich aber noch zum kompliziertesten Punkt und ich fürchte, sie macht es noch komplizierter, weil es sicher nicht oft vorkommt, dass jemand immer mal wieder gesetzlich versichert ist und mal nicht:
Was passiert, wenn das Bruttoeinkommen während dieser 7 Monate die Jahres-Grenze zwar nicht übersteigt (es liegt übrigens ein Jahreswechsel nach den ersten 1,5 Monaten, zählt genau das Kalenderjahr?), mein Mann aber in der restlichen Zeit, die er zurück in Deutschland ist, noch Einnahmen hat (zum Bsp. Alg1 oder eben einen Arbeitslohn, wenn er einen Job findet) während er dann gesetzlich versichert ist? Werden diese Einkünfte dazu gerechnet und sprengen ggf. dann die Grenze? Was ist mit Einkünften aus anderen Ländern? Bei uns stehen zum Beispiel immer wieder auch Korea, Japan oder andere EU-Länder zur Debatte! Darf meine Tochter (später dann beide Kinder) dann wenigstens in der Zeit, in der er gesetzlich versichert ist, mit familienversichert werden bei wem auch immer das Gehalt höher ist bzw. bei mir, falls mein Mann gerade kein Einkommen hat?
Wow, ist das alles kompliziert!!
Viele Grüße
Laura
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Hallo,
die einfache Frage zuerst:
Bei einer gesetzlichen KV in einem EU-Staat gilt diese Ausschlussklausel nicht!!! Die kostenlose FV über die Mutter ist dann möglich. Die Gehaltshöhe de Eltern ist dann egal. Nur den Antrag frühzeitig stellen!!!
Nun zum Komplizierten:
Das monatliche Gehalt wird mit den 4162,50 EUR verglichen (mit den beschriebenen Besonderheiten). Spätere Änderungen (bzw. Befristungen einer Beschäftigung) sind zunächst ohne Bedeutung.
Wenn die Änderungen eingetreten sind, wird ab diesem Zeitpunkt wieder ganz neu geprüft:
Bei Alg in Deutschland besteht eine GKV und die Familienversicherung (FV) ist möglich.
Wenn bei einer Beschäftigung in Deutschland eine GKV besteht, ist die FV auch möglich.
Bei einer Beschäftigung mit PKV in Deutschland (hängt auch von der Einkommensgrenze ab) erfolgt wieder die Berechnung mit der Prüfung, ob die Ausschlussklausel greift.
Evtl. macht hier auch eine Anwartschaftsversicherung für den "Vater" Sinn, wenn diese Konstellation möglich erscheint.
Gruß
RHW
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Vielen Dank noch einmal!
Das hat viel Licht ins Dunkel gebracht!
Anwartschaft war bisher immer kein Problem! Seine GKV hat ihn als Auslandsrückkehrer immer anstandslos aufgenommen, da er noch nie privat versichert war! Ich hoffe, das ist jetzt nicht anders, nur weil es mit der gesetzlichen Versicherung kein Abkommen gab.
Re: GKV / Ausland / Elternzeit
Hallo,
hier noch eine kleine Anmerkung zur Rückkehr aus Katar:
Wenn man dann versicherungspflichtig ist (z.B. Bezug von Arbeitslosengeld I oder Arbeitnehmertätigkeit zwischen 401 und 4162 EUR) wird man in Deutschland wieder GKV-Mitglied.
Eine freiwillige Versicherung ist in anderen Fällen (z.B. Arbeitsunfähigkeit bei Rückkehr oder Beginn einer Selbständigkeit) aber nicht möglich. Die Versicherung in Katar wird nach dem Sozialgesetzbuch teilweise wie eine Privatversicherung behandelt.
Ggf. gibt es noch eine Versicherung nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V, die viele Parallen zu einer freiwilligen Versicherung hat.
In der Krankenversicherung der Rentner können die Auslandsaufenthalte evtl. zu höheren Beiträgen führen (machmal beginnt eine Rente, eher als man denkt).
Am besten bei der deutschen Krankenkasse nach den Einzelheiten der Anwartschaftsversicherung erkundigen und dann in Ruhe entscheiden!! In vielen Fällen ist die Anwartschaft nicht empfehlenswert, man sollte sich aber mal damit beschäftigt haben.
Gruß
RHW