Werden neben Ärzten auch Physiotherapeuten von Ersatzkassen besser bezahlt? (Krankenkassenrecht)
Elgin Fischbach , Sonntag, 30.05.2004, 15:38 (vor 7482 Tagen)
Ich lese ab und zu in diversen Verbraucherzeitschriften, dass die Ersatzkassen neben höheren Kopfpauschalen (an die Kasenärztlichen Vereinigungen) auch höhere Vergütungen für Physiotherapeuten (früher: Krankengymnasten) bezahlen.
Falls dies mit den höheren Vergütungen für Physiotherapeuten wirklich stimmt: Was hat es damit konkret auf sich?
Und hat diese Regelung für die Versicherten der Ersatzkassen konkrete Vorteile im Vergleich zur aus AOK/BKK/IKK bestehenden Konkurrenz (lt. Gesetz müssen ja alle gesetzlich Versicherten unabhängig von ihrer gewählten Krankenkasse überall gleich - bzw. diskriminierungsfrei - behandelt werden)?
Gruß
Elgin
Re: Werden neben Ärzten auch Physiotherapeuten von Ersatzkassen besser bezahlt?
Heiko, Sonntag, 30.05.2004, 16:13 (vor 7482 Tagen) @ Elgin Fischbach
Ich sage es nochmal: Ich verstehe nicht, was das soll? Meine Ärztin hat mir gesagt, das sie von jeder GKV das selbe Honorar bekommt. Die Aussage ist aber schon 2 Jahre her. Hat sich seitdem was geändert?
Es macht doch auch gar keinen Sinn. Warum sollte eine KK einem Arzt mehr bezahlen, als unbedingt nötig? Wozu bei der schwierigen finanziellen Lage Zusatzkosten? Jede KK wird so wenig bezahlen wie möglich. Alles andere wäre doch unsinnig, oder?
Grüße,
Heiko
Re: Werden neben Ärzten auch Physiotherapeuten von Ersatzkassen besser bezahlt?
Elgin Fischbach , Sonntag, 30.05.2004, 16:22 (vor 7482 Tagen) @ Heiko
Was Ärzte meinen bzw. sagen, ist die eine Seite. Was diversen Verbraucherinformationen entnehmbar ist, ist - leider(!) - etwas anderes.
Deshalb will ich nun endlich konkret wissen, was an alledem wirklich konkret ""dran"" ist.
Gruß
Elgin
Re: Werden neben Ärzten auch Physiotherapeuten von Ersatzkassen besser bezahlt?
Thorsten, Sonntag, 30.05.2004, 19:01 (vor 7481 Tagen) @ Elgin Fischbach
Ich habe nur Fachwissen über Kopfpauschalen Ärzte:
1. Es gibt keine Vergütungsunterschiede von AOK, DAK-Patienten zu BKK-Versicherten.
2. Was jedoch stimmt, ist das einzelne BKKn (nicht alle!!!) geringere Kopfpauschalen ( x Mitgliederzahl = Gesamtvergütung einer Kase an die KV) zahlen. Dies führt dazu, dass den KVn bei steigenden Mitgliederzahlen von manchen BKKn insgesamt Geld verloren geht. Dies hat jedoch nichts mit der Vergütung einer einzelnen Leistung eines Arztes an seinen Patienten zu tun!!!
Bei Heilmitteln gibt es m.M.n. genaue abrechungsposten, also auch kein Unterschiede.
Re: Werden neben Ärzten auch Physiotherapeuten von Ersatzkassen besser bezahlt?
Heiko, Sonntag, 30.05.2004, 20:04 (vor 7481 Tagen) @ Thorsten
Ja, irgendsowas hat die Ärztin damals auch gesagt. Ich hatte gefragt, ob ich jetzt nichtmehr gern gesehen bin, wenn ich mit so einer billigen BKK komme. Sie hat gesagt, daß sie von denen das selbe kriegt (Weil es keine Unterschiede gibt) aber die weniger in irgendeinen Ausgelichtstopf einzahlen.
Grüße,
Heiko
Re: Werden neben Ärzten auch Physiotherapeuten von Ersatzkassen besser bezahlt?
Elli , Sonntag, 30.05.2004, 23:04 (vor 7481 Tagen) @ Thorsten
Entschuldige aber hier muss ich etwas klarstellen:
1. Es gibt große Unterschiede in den Kopfpauschalen. Wenn immer mehr Versicherte in Kassen wechseln, die geringere Kopfpauschale bezahlen, dann steht der Kassenärztlichen Vereinigung der Länder entsprechend weniger Geld zur Verfügung, die Sie dann an die Ärzte zahlen können. Da die Kopfpauschalen der ""älteren"" und seriösen Kassen oft bereits vor über 10 Jahren verhandelt wurden, als es den Ersatzkassen noch richtig gut ging, sind diese entsprechend höher. Es sind aber laut Vertrag nur Steigerungen, nicht aber Senkungen möglich. Daher kommt es dass z.B. die DAK die 2.höchste und die BARMER die 6.höchste Kopfpauschale in Deutschland zahlt.
Festzuhalten bleibt, dass ein immer kleiner werdender Kuchen, nicht auf Dauer ohne Konsequenzen an eine immer größer werdende Arztfamilie verteilt werden kann. Und dass es sich dabei um ein Art ""Gehaltfixum"" des Arztes handelt, das auch gezahlt wird, wenn der Versicherte nicht den Arzt besucht. Dem Arzt ist es nicht schnuppe, welcher Kase du angehörst. Das weiss ich aus einem Gespräch mit einem Abteilungsleiter einer Kassenärztliche Vereinigung.
2. Die Vergütung für Physiotherapie ist auch nicht gleiche, weil z.B. die Ersatzkassen einen anderen Vertrag mit dem Bundesverband der Physiotherapeuten hat, als die AOK oder die BKK.
Tatsache bleibt, dass ein Arzt (und er ist halt auch nur ein Unternehmer) nicht für weniger Geld auf Dauer die gleiche Qualität bzw. den gleichen Braten kocht. Wenn die Kundschaft nicht bereit ist, mehr zu zahlen, muss der ""Koch""halt mit anderen Zutaten backen.
Guten Appetit.
Elli
Re: Werden neben Ärzten auch Physiotherapeuten von Ersatzkassen besser bezahlt?
Elgin Fischbach , Sonntag, 30.05.2004, 23:54 (vor 7481 Tagen) @ Elli
Lt. Gesetzgeber muss ein Arzt sämtliche Patienten gleich - d. h. diskriminierungsfrei - behandeln, unabhängig von der jeweiligen Krankenkasse des einzelnen Patienten.
Letztlich kann (darf) ja dann auf Grund dieser Regelung - angesichts der geringer werdenden Gesamteinnahmen der kassenärztlichen Vereinigungen durch die zunehmenden Versichertenwechsel von Ersatzkassen zu anderen Kassenarten - nur das gesamte Versorgungsniveau für alle Patienten gleichermaßen sinken, also unabhängig von der jeweils gewählten Krankenkasse des Einzelnen.
Würden die Ersatzkassen derartige Zusatzangebote machen wie manche BKKen und IKKen (Alternativmedizin, Haushaltshilfe auch für Singles, Leistungserweiterungen bei häuslicher Krankenpflege zur Sicherung des Ziels einer ambulanten ärztlichen Behandlung über das gesetzlich festgelegte Minimum hinaus usw.), wäre ich wohl schon längst zu einer Ersatzkasse gewechselt. Weil ich jedoch besonders auf Alternativmedizin seit Jahren zwingend angewiesen bin und sich sämtliche Ersatzkassen damit mit Ausnahme des weit verbreiteten ""Modellprojekts Akupunktur"" bis heute enorm schwer tun (ebenso wie die Mehrheit der Konkurrenz), werde ich wohl der IKK Hamburg als Mitglied noch eine Weile treu bleiben (so lange, bis sich bei einer Ersatzkasse irgendwann vielleicht doch "mal etwas in dieser Richtung zum Positiven wendet).
Gruß
Elgin
Thema. Kopfpauschale und (Elli)!
Max(im980), Montag, 31.05.2004, 19:42 (vor 7480 Tagen) @ Elgin Fischbach
Elli, Elli, Elli!
Du hast Recht, dass viele aber nicht alle BKKen geringere Kopfpauschalen an die KVen zahlen als die Ersatzkassen.
Das ist auch der große Vorwurf der KV (Kassenärztlichen Vereinigung).
Daher hat die KV eine große Kampagne gegen BKKen gestartet. z.B. die KV Hamburg.
siehe auch www.billigwirdteuer.de
Elgin kennt ja auch noch die Sache mit der KV Hamburg. Ich hab Sie ja darauf aufmerksam gemacht.
Daraufhin bat Sie die KV Hamburg die Kampagne zu unterlassen und ich hab mir einfach nen Anwalt genommen.
Da wurde die KV HAmburg plötzlich ganz klein.
Jedoch sollten die KVen ganz Ruhig sein, denn genau die schließen ja mit den KKen die Verträge ab und nicht die Ärzte mit den KKen.
D.h. die KVen wissen genau was für Auswirkungen die abgeschlossenen Verträge mit den einzelenen KKen haben.
Unsere Regierung wollte den Streit unterbinden und forderte die KVen auf, dass sie es den einzelenen KKen überlassen sollten, wie die Vertragsgestaltung mit den Ärzten sein sollten. Doch die KVen hatten ja was dagegegen, denn dann wäre ja diese Institution gestrichen worden. Und die Chefs und Vertreter der Ärzte würden ja leider nicht mehr viel verdienen!!!!
Meiner Meinung nach, ist es wirklich sinnvoller, wenn die einzelenen KAssen direkt mit den einzelenen Ärzten die Verträge aushandeln. So können die Ärzte auch nicht meckern. Denn Vertrag ist ja Vertrag.
Weiterhin möchte ich noch hinzufügen, dass zwar die die DAK die zweithöchste und die Barmer die sechshöchste Kopfpauschale zahlt, aber eine BKK die höchste Pauschale zahlt. Dazwischen gibt es auch noch BKKen, die mehr als die Ersatzkassen zahlen.
Man darf und sollte nicht alles pauschalisieren (dass billig auch wenig zahlt!).
Mfg
Max(im980)
Wie funktioniert die Ärzte-Vergütung...
Tobi , Dienstag, 01.06.2004, 09:22 (vor 7480 Tagen) @ Elgin Fischbach
Die Kopfpauschalen kommen nicht direkt bei den einzelnen niedergelassenen Ärzten an, sondern bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Diese fungiert erst einmal als Sammelbecken. Die Ärzte erhalten hieraus je erbrachter Leistung einen aus Punktzahlen umgerechneten Betrag, der sich aus der Gebührenordnung und KV-internen Abrechnungsregularien ergibt, auf die die Krankenkassen keinen Einfluss haben. Die Verteilung der eingegangenen Gesamtvergütungen unter den Ärzten übernehmen damit die KVen. Außerdem wird aus den gezahlten Pauschalen von AOK, BKK und IKK ein gemeinsamer Punktwert gebildet, so dass ein Kassenarzt für eine an AOK- oder IKK-Patienten erbrachte Leistung den gleichen „Preis“ erhält. Damit besteht auch für Ärzte kein Grund zur Klage, denn Sie erhalten für jede Behandlung die gleiche Bezahlung, unabhängig davon, wo der Patient versichert ist.
Die Kopfpauschale enthält damit absolut keine Information darüber, wie „gut“ eine einzelne Krankenkassen die ärztliche Behandlung bezahlt. Für sich allein betrachtet ist die Kopfpauschale eine aussagelose rechnerische Größe.
Punktwerte
Stattdessen müssen die sog. Punktwerte verglichen werden, denn nur so wird erkennbar, was eine Krankenkasse für eine einzelne Leistung bezahlt. Dabei wird die Gesamtvergütung durch den Leistungsbedarf, das sind die gesamten in Anspruch genommenen ärztlichen Behandlungen, geteilt.
Jede einzelne ärztliche Leistung ist mit einer festen Punktzahl bewertet. Alle einzelnen Leistungen werden in Punkten zusammengerechnet und ergeben den Leistungsbedarf aller Versicherten einer Krankenkasse. Über den Faktor des Punktwertes ergibt sich die tatsächliche Zahlung, die eine Krankenkasse leistet. Und hier liegen die wesentlichen Unterschiede: Die Punktwerte des BKK-Systems liegen im Vergleich zu den Wettbewerbern AOK und IKK weit vorn.
Der Rechenweg zur Ermittlung des Punktwertes sieht so aus:
BKK xy mit einer gesunden Mitgliederstruktur und daher geringem Bedarf an ärztlichen Leistungen):
Kopfpauschale 100 € x Mitgliederzahl 100.000 = Gesamtvergütung 10 Mio. €
Gesamtvergütung 10 Mio. € / Leistungsbedarf 200 Mio. Punkte
= Punktwert 5 Cent
Wettbewerber, der mit seiner hohen Kopfpauschale „wirbt“, dessen Versicherte aber mehr ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen):
Kopfpauschale 120 € x Mitgliederzahl 1.000.000 = Gesamtvergütung 120 Mio. €
Gesamtvergütung 120 Mio. € / Leistungsmenge 3 Mrd. Punkte
= Punktwert 4 Cent
Konsequenz: Trotz höherer Kopfpauschale bezahlt der Wettbewerber die ärztlichen Leistungen schlechter, nämlich nur mit 4 Cent pro Punkt gegenüber der BKK xy mit 5 Cent je Punkt. Im Beispiel zahlt die BKK xy 25 % mehr als der Wettbewerber, obwohl Ihre Kopfpauschale niedriger ist.
Es wird deutlich, dass die Kopfpauschale keine Aussagekraft hat. Die höhere Kopfpauschale des Wettbewerbers führt aufgrund des höheren Leistungsbedarfes der Versicherten des Wettbewerbers (diese gehen durchschnittlich häufiger zum Arzt) zu einem geringeren Punktwert. Damit zahlt diese Krankenkasse trotz höherer Kopfpauschale deutlich weniger für jede einzelne ärztliche Leistung als die BKK xy. Entscheidend dafür, ob eine Krankenkasse ärztliche Leistungen gut oder schlecht bezahlt, ist damit allein der Punktwert.