Kieferorthopädie (Krankenkassenrecht)
Hallo,
welche gesetzliche Krankenkasse übernimmt noch die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung?
Wir wohnen in Niedersachsen und haben das Problem, dass unser Kieferorthopäde keine Kassenzulassung mehr hat (aber für den Kassensatz behandeln will). Die KK will es nicht akzeptieren. Es sind hier im Raum 1500 Patienten unversorgt.
Meine Tochter hatte eine Gaumenspalte, ist fast 14 und der Oberkiefer muss operativ verbreitert werden. Die Behandlung danach kann kein normaler Zahnarzt bringen. Die Kieferorthopäden sind alle ausgebucht und vor allem wollen wir eigentlich nach fast 14 Jahren nicht den Arzt wechseln (er ist Experte für LKG-Spalten).
Die AOK Niedersachsen macht seit November 04 Theater (alle anderen auch laut Aussage anderer Patienteneltern).
Danke für einen Tipp
Orchidee
Re: Kieferorthopädie
Hierzu fand ich folgende Meldung im Online-Nachrichtendienst facharzt.de:
Die FDP in Niedersachsen hat das Sozialministerium des Landes aufgefordert, beim "Kieferorthopädenstreit das Wohl der Kinder im Auge zu behalten". Im Sinne des geltenden Rechts müsse das Sozialministerium endlich auf die Kassen einwirken, damit diese ihren Streit mit den Kieferorthopäden nicht länger auf dem Rücken der Patienten austragen, erläuterte die Sozialpolitikerin Gesine Meißner.
Meißner erklärte weiter: "Die Rechtslage in § 95b des SGBV ist eindeutig – Kieferorthopäden, die ihre Kassenzulassung kollektiv zurückgegeben haben, dürfen weiterhin neue gesetzlich versicherte Patienten behandeln. Sie dürfen dann nur nach dem 1,0-fachen Satz der Gebührenordnung für Zahnärzte abrechnen." Die Kassen müssten für diese Kosten aufkommen.
Das Landessozialgericht in Celle habe am 5. Januar in seinem Urteil diese Formulierung des § 95b SGBV bestätigt. "Der § 95b ist als Schutz für die Patienten gedacht und nicht zum Schutz des Systems von Kassen und vertragsärztlicher Versorgung", betonte Meißner. Im Interesse der Kinder sei es erforderlich, dass das Ministerium auf eine Schlichtung des Streites hinarbeite. "Wir brauchen in Niedersachsen flächendeckend qualifizierte Kieferorthopäden, die ohne lange Wartelisten alle Kinder mit Zahnfehlstellungen behandeln können."
(Do, 17.03.2005 09:35 / js) http://www.facharzt.de
Das Urteil ist rechtskräftig. Hier der Link zum Urteil:
http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/esgb/show.php?id=21728&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Im Ergebnis halte ich das Vorgehen Ihrer Krankenkasse für rechtswidrig. Ihr Kieferorthopäde könnte gegen Ihre Kasse ebenso auf Unterlassung klagen. Oder Sie verklagen die Kasse vor dem Sozialgericht auf Übernahme der Behandlungskosten.
Es gibt auch noch ein Spazialforum hierzu:
http://www.zahnklammern.de
Re: Kieferorthopädie
Danke für die Antwort.
Unser Problem in Osnabrück ist, dass die Kieferorthopäden ein paar Monate später ausgetreten sind und die Krankenkassen daher sagen, dass es kein kollektiver Austritt ist. Sie argumentieren damit, dass es hier eine Einzelaktion (der Hälfte der Kieferorthopäden hier im Raum) ist und es somit nicht als Kollektivaustritt gilt.
Re: Kieferorthopädie
Die Krankenkassen argumentieren damit, dass es hier eine Einzelaktion (der Hälfte der Kieferorthopäden hier im Raum) ist und es somit nicht als Kollektivaustritt gilt.
Ja dann ... können Sie mal sehen, wie die Krankenkassen und das Ministerium für Gesundheit in Niedersachsen Hand in Hand zusammenarbeiten. Gegen die Patienten.
Zuständig sind aber nicht die Kassen, sondern das Aufsichtsministerium. Nach SGB-V § 72a müssen in einem Zulassungsbezirk oder regionalen Planungsbereich 50 % der Leistungserbringer-Gruppe auf ihre Zulassung verzichtet haben.
In jedem Fall wäre zu überlegen, ob politischer Druck auf das Ministerium (Demos, Druck auf Landtagsabgeordnete) oder rechtliche Schritte (Klage, einstweilige Anordnung) dazu führen kann, dass es auch gegen den Wunsch der Kassen den kollektiven Zulassungsverzicht feststellt.
Alternativ käme eventuell auch ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB-V in Betracht, der da lautet: (3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Ist die Leistung also unaufschiebbar und notwendig ?
Kann die Krankenkasse sie durch vertraglich gebundene Vertragsärzte erbringen ? Oder haben die auf absehbare Zeit keine Termine frei und müssen Sie sich deshalb die Leistung selbst beschaffen ? Klagen vor dem Sozialgesetz sind für Sie kostenfrei. Wie wäre es mit einer Klage auf einstweiligen Rechtsschutz, bei dem das SG jetzt zeitnah prüft, ob Ihnen ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 zusteht ? Was sagt ihr Kieferorthopäde dazu ?
Das sind unverbindliche Auskünfte eines Hobbyjuristen, keinerlei Gewähr.