Falscheinstufung für freiwillige Versicherung (Krankenkassenrecht)
Bei uns hat sich folgendes Problem ergeben:
Ich bin seit 1999 selbständig und privat krankenversichert. Meine Frau war bis 2002 bei der Barmer pflichtversichert. Da wir 2002 geheiratet haben, war unsere erste Idee natürlich, sie ab diesem Zeitpunkt auch privat zu versichern, was aber aufgrund einiger Erkrankungen, die unter Multiple Sklerose eingestuft wurden, nicht mehr machbar war. Blieb also nur die Möglichkeit, sie freiwillig bei der GKV zu versichern.
Die Barmer schickte zur Einstufung ein Schreiben, dass auffordert, seine Einkünfte offenzulegen, und zwar sowohl diejenigen meiner Frau als auch die meinen. Alternativ könne man ankreuzen, dass das Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liege, was ich denn auch prompt tat. Das schien für mich plausibel zu sein, da mir ja klar war, dass meine Frau kein Einkommen, ich dafür die gesamten Einkünfte habe.
Als Antwort kam dann noch 2003 ein Schreiben, dass man meine Frau demzufolge in der Beitragsklasse 801 führe und daher exorbitante 551,03 Euro im Momant zu zahlen seien.
Den Frosch haben wir damals geschluckt, haben gedacht: Ok, so ist das halt. Ungünstig eben, wenn der eine in der PKV, der andere in der GKV ist.
Kürzlich dann wurden wir über einen Bekannten darauf hingewiesen, dass diese Einstufung wohl nicht korrekt sein kann. Eine prompte Nachfrage bei der Barmer wie auch bei einer anderen GKV brachte nun das Ergebnis, dass in unserem Fall nur die halbe Beitragsbemessungsgrenze für die Einstufung hätte verwendet werden dürfen. Die umgehende Reklamation bei der Barmer erbrachte nun folgende Antwort: Man werde den Beitrag rückwirkend zum 1.1.2007 anpassen. Der Beitragssatz beträgt dabei in etwa die Hälfte des bisherigen.
Und was ist mit 2004 bis 2006? Da lautet die Antwort, dass man diese Beiträge nicht erstatten könne. Man habe damals intensiv versucht, uns zu kontaktieren, um zu hinterfragen, ob meine Frau selber keine Einkünfte habe. Dabei habe es mehrere unbeantwortete Telefongespräche gegeben, insbesondere sei eine schriftliche Anfrage Ende 2003 unbeantwortet geblieben.
Hierzu soviel: Meine Frau ist so gut wie immer daheim (allein wegen unserer zwei Kinder). Der Anrufbeantworter ist immer aktiv. Meine Frau beantwortet jede ernsthafte telefonische Anfrage. Zum Schreiben: Da wir alle (wichtigen) Schreiben archivieren, können wir das Schreiben an uns durchaus finden: Es handelt sich um ein (nicht individualisiertes) Standardformular, auf welchem Veränderungen der persönlichen Gegebenheiten einzutragen sind. Da es bei uns ja seit der letzten vorigen Statusabfrage keine Änderungen gab, haben wir dieses Formular tatsächlich nicht zurückgesendet.
Wir fühlen uns von der Barmer ernsthaft hintergangen. Das ursprüngliche Formular für die Einkünfte hinterlässt beim Blick mit jetzigem Wissen den Eindruck, dass es so designed ist, dass "schnelles Ankreuzen" zum Vorteil der Barmer unterstützt wird.
Wer hat Ähnliches erlebt? Was habt Ihr gemacht bzw. was würdet Ihr machen? Gibt es rechtliche Grundlagen für sowas?
Re: Falscheinstufung für freiwillige Versicherung
Hallo,
der Fall ist vertrackt. Einerseits haben wir hier ein unrichtiges Ausfüllen durch den Kunden, andererseits die mittlerweile
geschäftsmäßige Intransparenz zum Nachteil des Kunden durch eine GKV.
Ich rate zu anwaltlichem Beistand. Sozialgerichtsverfahren sind deutlich kostengünstiger als andere Prozesse.
Die Gesetzgebungs/Beratungsstümperei führt im Sozialbereich zunehmend zu einer Art Case-Law. Der Richter hangelt sich von Einzelfall zu Einzelfall.
Als Einstieg taugen auch Anwaltsportale wie
frag-einen-Anwalt.de
Studiert man dort die bisherigen Beiträge , findet man sicher einen geeigneten Ansprechpartner.
Jedes eigene Jammern und Drohen bei GKV-Sachbearbeitern ist verlorene Zeit. Kundenorientierung ist dort unbekannt.
Re: Falscheinstufung für freiwillige Versicherung
Hallo,
also.... ich meine in der Satzung der Barmer steht, dass grundsätzlich der Höchstbetrag in der freiwilligen Versicherung angesetzt wird. Nur auf Antrag kann eine Einstufung nach dem tatsächlichen (geringeren Einkommen) erfolgen. Und den Antrag habt Ihr nicht gestellt.
Ich würde einen freundlichen Brief an den Vorstandsvorsitzenden schreiben und bitten, dass die Angelegenheit noch mal müberprüft wird. Meist hilft ein weni9g buckeln *g Ansonsten könnt Ihr es vor Gericht versuchen - den Ausgang würde ich nicht besonders erfolgreich einstufen -aber einen Versuch wäre es wert. Ihr seid rechtschutzversichert?
LG, Shops
Re: Falscheinstufung für freiwillige Versicherung
Klagen vor dem Sozialgericht sind für den Versicherten kostenlos. Siehe SGB.
Re: Falscheinstufung für freiwillige Versicherung
Vorsicht Olli,
Du mußt unterscheiden zwischen Gerichtskosten und Anwaltskosten.
Deine eigenen Anwaltskosten hast Du zu tragen, wenn es fehlschlägt.
Re: Falscheinstufung für freiwillige Versicherung
Bei mir war es ähnlich. Ich bin selbstständig und privat versichert, mein Mann war Angestellter. Als er 1989 verstarb bekam mein Sohn Halbwaisenrente. Die Barmer meinte ich müsse meinen Sohn nun freiwillig versichern, da ich selbstständig sei. Im Oktober 2009 begann mein Sohn ein Studium und plötzlich als ich ihn zum Studententarif (der günstiger ist, als der seit 1989 von mir bezahlte Beitrag) versicherte, erhielt ich einen Brief von der Deutschen Rentenversicherung. Dass mein Sohn als Student pflichtversichert sei und deshalb von mir angeblich zu Unrecht erhaltene Krankenversicherungszuschüße zurück zu zahlen seien. Gleichzeitig wurde die Rente in Höhe von ca. 270,00 Euro auf 230,00 Euro gekürzt. Nun hat sich herausgestellt, dass mein Sohn bereits 1989 falsch eingestuft wurde und ich somit 20 Jahre lang viel zu hohe Beiträge bezahlt habe. Die Rechtschutzversicherung teilte mir auf Anfrage mit, dass meine Ansprüche angeblich bis auf 4 Jahre verjährt seien. Das kann ich gar nicht glauben. Bis jetzt warte ich allerdings noch auf die Reaktion der Barmer.
Re: Falscheinstufung für freiwillige Versicherung
Ist leider so. Fehler von beiden! Seiten können maximal auf vier Jahre korrigiert werden.
Anm. auch gibt es im Sozialrecht keine wie im Bürgerlichen Gesetzbuch und somit für die Private Krankenversicherung rechtlich garantierte und notfalls einklagbare Vertragssicherheit. Alles kann theoretisch schon morgen verändert, gekürzt oder im schlimmsten Fall gestrichen werden. Begriffe wie die Kassenleistung beim Zahnersatz, Kieferorthopädie bei Erwachsenen aber auch Sehhilfen oder das Sterbegeld sprechen da Bände. Blick in die Streichliste gefällig? http://login.maklerdienst.net/output/nf1260525627.pdf Wer zum Beispiel heute seiner GKV nicht den Rücken kehr und sich für einen der angebotenen Wahlltarife entscheidet, hat keinerlei Garantie, daß seine GKV die sicher sinnvolle Zusatzversorgung nicht schon morgen einstampft! Läuft da offensichtlich alles nach dem griechischen Spruch pantha rei -> bzw. alles fließt. Fragen? ePost