Re: Vergleich der Leistungen von 100 GKVs (Gesetzliche Krankenkassen)

platon67, Mittwoch, 27.05.2009, 07:45 (vor 5660 Tagen) @ Vikingz

Hallo Vikingz,

das ist eine lange Geschichte.... Ich versuche das mal, soweit möglich, kurz zu skizieren.

Wie immer geht es bei der ganzen Problemstellung eigentlich nur ums Geld. Die Hausärzte beklagen und das meiner Meinung nach teilweise durchaus zu recht, die in den letzten Jahren sinkenden Honorare und die nicht lkeistungsgrechte Vergütung . Mit ein ganz großes Problem in der ärztlichen Vergütung war das Problem, dass der Arzt, der eine Leistung erbringt, nicht wirklich weiss, welche Vergütung er dafür letzendlich erhält.

Allerdings wird von den Krankenkassen seit Jahren nachweislich immer mehr Geld in die ärztliche Gesamtvergütung gepumpt, das Geld kommt aber offensichtlich bei den Ärzten nicht an. D.h. hier gibt es ein internes Verteilungsproblem der Honorare innerhalb der Ärzteschaft. Auf die Verteilung der Honorare haben die Krankenkassen keinen Einfluss, diese erfolgt ausschliesslich durch die Kassenärztliche Vereinigung (=Standesvertretung der Ärzte). Mit ein Problem ist hierbei, dass gerade in Bayern in den letzten Jahren immer mehr Ärzte am Markt tätig sind. Die Gesamtvergütung steigt aber nicht aufgrund der Anzahl der Ärzte mit, sondern richtet sich nach den Versichertenzahlen. D. h. je mehr Ärzte am Markt tätig sind, um so kleiner ist der Anteil an der Gesamtvergütung je Arzt....!

Die Hausärzte in Bayern haben nun mit der AOK einen entsprechenden Hausarztvetrtrag ausgehandelt, dér eine spürbare Verbesserung und Transparenz der ärztlichen Vergütung beinhalten soll. U. a. erhält der Hausarzt für im Hausarztvertrag eingeschriebene Versicherte eine so genannte konatktunabhängige Pauschale von ca. 80 EUR. D.h. der Arzt bekommt das Geld auch dann, wenn der Patient zwar im Hausarztmoidell eingeschrieben ist, aber überhaupt nicht in der Praxis auftaucht. Das ist im Prinzip nichts neues, das gab es bisher auch schon, allerdings ín wesentlich geringerer Höhe.

Die AOK verfügt über eine völlig andere Versichertenstruktur als die BKKèn und Ersatzkassen. Die Versicherten der anderen Kassen sind i. d. R. gesünder und jünger und gehen nicht so häufig zum Arzt wie AOK Versicherte (und das ist nicht negativ gemeint, sondern der Versichertenstruktur geschuldet). D. h. die finanziellen Auswirkungen bei den BKKèn wären so schwerwiegend, dass diese Kassen bei Abschluss dieses Vertrages vermutlich relativ´schnell Zusatzbeiträge erheben müßten und damit in Ihrer Existenz bedroht wären.

Der Hausärztverband hat bei bei den Vertragsverhandlungen mit den anderen Kassen die Übernahme des Hausarztvertrages mit der AOK als Bedingung vorausgestzt. Diesem Diktat wollten sich die Kassen wg. der oben beschriebenen Auswirkungen nicht beugen. Darüber hinaus bietet der Vertrag keinerlei nachvollziehbaren Mehrleistungen -weder für den Versicherten noch für die Krankenkasse. Die Verhandlungen wurden abgébrochen und befinden sich nun im Schiedsverfahren.

Darüber hinaus ist die Wirkund der Hausarztmodelle nach wie vor umstritten. Der eigentliche Sinn hierbei ist die Vermeidung von Doppeluntersuchungen und Arzthopping. Also ein reines Kostensteuerungstool. In der Vergangenheit konnte diese Wirkung aber nicht annähernd nachgewiesen werden - was dazu führte, dass bereits existierende Hausarztmodelle (z. B. Barmer) wieder eingestampft wurden.
Der Versicherte hat durch die Teilnahme am Hausarztmodell der AOK eigentlich nur den Vorteil, dass er sich max. 30,00 EUR im Jahr Praxisgebühr spart, wenn er sich an die Regeln hält. Im Gegenzug schränkt er sich aber in der freien Arztwahl und Krankenhauswahl ein. Ein nennenswertes Mehr an Leistungen bekommt er im Hausarztmodell auch nicht.

Meine Erfahrung ist die, dass die Versicherten zu 95% nur an den Hausarztmodellen interessiert sind, um sich die Praxisgebühr zu sparen. Die meisten Versicherten leben das Hausarztmodell seit vielen Jahren ohne gesonderte Verpflichtung, d. h. sie gehen in der Regel zuerst zu Ihrem Hausarzt und lassen sich dann zu Fachärzten überweisen.

Übrigens - der Erlass der Praxisgebühr bei Teilnahme an einem Hausarztmodell ist eine reine Satzungsregelung der Krankenkasse. Es kann durcháus sein, dass die anderen Krankenkassen dann irgendwann einen Hausarztvertrag abschliessen aber nicht die Praxisgebühr erlassen....Mal sehen, wieviele Versicherte dann von ihren Hausärzten überzeugen lassen, sich in die entsprechenden Programme einzuschreiben.

Für eine weitergehende Beschäftigung mit diesem Thema empfehle ich die Seiten der www.kvb und www.bhaev. Sehr interessant und stellenweise auch sehr amüssant.

Ein Wort zum Schluss: Ich habe versucht, soweit es mir möglich war, das ganze wertneutral zu beschreiben. Sollte sich jemand angegriffen fühlen, war das nicht beabsichtigt!!



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