Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet? (Krankenkassenrecht)
Hallo,
kann mir vielleicht jemand sagen, wie das mit der Zuzahlungsbefreiung läuft. Ich bin selber gestzlich versichert und chronisch krank. Entsprechend müsste meine Zuzahlungsgrenze doch bei 1% des (meines) Jahreseinkommens liegen oder?
Das Problem: ich bin verheiratet (das selbst ist jetzt nicht wirklich so schlimm) und die Krankenkasse will einfach das Einkommen meines Partners dazu addieren, so dass ich ja im Ergebnis viel mehr dazu zahle, bevor ich befreit werde. Er selber muss 2% seines Einkommens einsetzen, so dass wir zusammen insgesamt über 3% des gemeinsamen Einkommens einsetzen müssten, um überhaupt befreit zu werden.
Ist das so korrekt? Und das obwohl ich sozialversicherungstechnisch völlig "unabhängig" von ihm selber versichert bin? Dann würde ich mich ja, weil verheiratet, schlechter stellen?!? Das kann doch nicht sein, oder?
Kann mir das jemand erläutern? Danke!
Gast
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Grundsätzlich zählt das Familien-Bruttoeinkommen, also auch das des Ehegatten. Von diesem Familien-Bruttoeinkommen kann noch ein Freibetrag für den Ehegatten in Höhe von rund 4500 EUR abgezogen werden.
Im Gegenzug gilt aber auch für Ihren Ehegatten die 1%-Regelung, selbst wenn dieser nicht chronisch krank und/oder woanders gesetzlich versichert ist.
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Vielen Dank für die Antwort.
Dass mein Partner auch "nur" 1% zahlen muss hilft mir ja nciht wirklich viel weiter (abgesehen davon, dass er eh nie zum Arzt geht und so nie auf 1% kommen würde).
Im Ergebnis erhöht sich damit eigentlich meine Zuzahlungsgrenze, denn es wird Einkommen angerechnet, was ja gar nicht mein Einkommen ist. Das widerspricht in der Tat der familienrechtlichen Regelung, dass im Güterstand der Zugewinngemeinschaft die Einkommensmassen getrennt zu betrachten sind. Ich würde mir ja noch gefallen lassen, wenn sein Einkommen in der Höhe, in der er mir theoretisch "Unterhalt schuldet" angerechnet wird, aber komplett finde ich wirklich problematisch. Denn im Ergebnis werden damit Eheleute gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften benachteiligt, und das kann ja wegen Art. 6 GG nicht wirklich sein.
Wir zahlen damit von "unserem" Einkommen also insgesamt 2%, bevor wir zuzahlungsbefreit sind. Mir hilft die Chroniker-Regelung damit überhaupt nicht weiter, wie ärgerlich.
Trotzdem danke,
-Gast-
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Moment - die 1% sind familienbezogen und fallen nur einmal an, also nicht für jedes Familienmitglied einzeln.
Berechnungsbeispiel
Ehepaar mit 2 Kindern, alle gesetzlich versichert.
* Jährliche Bruttoeinnahmen aller Haushaltsangehörigen: 30.000,- €
* minus Freibetrag für Ehegatte (= erster Haushaltsangehöriger): 4.473,- €
* minus Freibetrag für 2 Kinder: 7.296,- € (2 x 3.648,- €)
* ergibt Zwischensumme: 18.231,- €
* davon 2 % = Belastungsgrenze: 364,62 €
Bei 1% (also wenn wie bei Ihnen chronisch Kranke in der Familie vorhanden sind) beläuft sich die Belastungsgrenze im Beispiel auf 182,31 EUR.
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Das ist ja interessant. Dann hätte die KK mir aber doch letztes Jahr auch die Quittungen von meinem Mann anerkennen müssen, oder?
Ich habe sämtliche hier aufgelaufenen Quittungen eingereicht, wovon alle, die auf meinen Mann lauteten wieder zurückgeschickt wurden mit der Bemerkung, diese könnten keine Berücksichtigung finden, weil die 1% Regelung ja nur für mich als chronisch Kranke gelte. Gleichzeitig wurde aber als Berechnungsgrundlage mein und sein Einkommen herangezogen, so dass für mich dann 1% viel mehr waren, als nur 1% von meinem Einkommen.
Selbst wenn das nicht richtig war, ist es für einen Widerspruch schon zu spät. Aber das wäre natürlich wichtig zu wissen für das laufende Jahr. Ich bekomme hier gerade den Eindruck, meine KK pickt sich das für sie Günstige heraus. Wenn es um die Einkommenshöhe geht, fällt da alles mit rein, wenn es um die Befreiungsgrenze geht, sind wir dann doch plötzlich wieder als 2 getrennte Personen zu behandeln.
Was ist jetzt richtig? Gesamtbetrachtung und zwar sowohl für die Einkommenshöhe und dann aber auch für die Befreiungsgrenze? Oder jeden einzeln betrachten, dann aber auch beim Einkommen?!?
Danke vorab für die Antwort,
-Gast-
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Das ist in § 62 (2) SGB V eindeutig geregelt:
"(2) 1Bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen nach Absatz 1 werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners jeweils zusammengerechnet. 2Hierbei sind die jährlichen Bruttoeinnahmen für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15 vom Hundert und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 vom Hundert der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu vermindern. 3Für jedes Kind des Versicherten und des Lebenspartners sind die jährlichen Bruttoeinnahmen um den sich nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes ergebenden Betrag zu vermindern..."
Oder weniger verklausuliert:
"Die Zuzahlungen werden als "Familienzuzahlungen" betrachtet, d.h. es werden die Zuzahlungen des Versicherten mit den Zuzahlungen seiner Angehörigen, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, zusammengerechnet. Dasselbe gilt auch bei eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften".
M.E. hat sich Ihre Kasse im letzten Jahr also "vertan". Es sei denn, Ihr Mann ist beihilfeberechtigt und /oder privatversichert. Zahnersatz-Zuzahlungen und Ausgaben für frei erhältliche, nicht verschriebene Medikamente finden im Rahmen der 1- bzw. 2%-Regelung allerdings tatsächlich keine Berücksichtigung.
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Hallo Bodi,
ich werde zu Gunsten der KK mal davon ausgehen, dass die sich letztes Jahr "vertan" haben, auch wenn das ganz schön ärgerlich für mich ist, weil ich extra nochmal nachgefragt hatte. Und bei den Quittungen meines Mannes (selber gesetzlich versichert, nicht beihilfeberechtigt) handelte es sich um Quittungen für rezeptpflichtige Medikmente.
Den § 62 Abs. 2 SGB V werde ich mir aber vorsorglich mal merken. Trotzdem entnehme ich dem nicht, dass dann - wenn einer der beiden Ehepartner chronisch krank ist - für beide die 1% Regelung gilt. Könnte ja auch für beide dann die 2% Regelung greifen.
Steht das noch irgendwo anders? Nicht, dass mir die KK dann 2% anrechnen möchte dieses Jahr...
Danke vorab,
-Gast-
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Die 1%-Regel gilt für alle Familienangehörigen, sobald mindestens ein Familienmitglied chronisch krank ist. Für junge chronisch Kranke übrigens neuerdings nur unter weiteren Voraussetzungen.
Für alle Fälle hier ein Originalzitat vom Bundesgesundheitsministerium:
"Für Versicherte, die bereits vor dem 1. April 2007 schwerwiegend chronisch krank waren, gilt eine Grenze von ein Prozent der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Diese Belastungsgrenze gilt für den gesamten Familienhaushalt"
http://www.bmg.bund.de/cln_042/nn_1168248/SharedDocs/Standardartikel/DE/AZ/B/Glossarbegriff-Belastungsgrenze.html
Eine für Ihren Fall gute Seite ist auch:
http://www.betanet.de/betanet/soziales_recht/Zuzahlungsbefreiung-fuer-chronisch-Kranke-820.html
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Hallo,
ich habe zu diesem Thema heute mit meiner KK telefoniert.
Unsere Situation: Ich bin in der GKV, mein Mann und meine Tochter in der PKV.
Jetzt soll das Einkommen meines Mannes zu meinem hinzugerechnet werden, obwohl die Kosten für ihn und meine Tochter (Tarif mit Eigenbeteiligung) nicht mit angerechnet werden.
Damit müsste ich alleine für ein doppeltes Gehalt die Zuzahlung bezahlen, bevor ich eine Befreiung bekommen kann. Ist das wirklich so?
Durch unsere "Versicherungsmischehe" kommen leider immer wieder Fragen auf, die jede der Versicherungen zu ihren Gunsten auslegt. Gibt es irgendwo eine Informationsquelle, die diesen Überschneidungsbereich behandelt?
Gruß,
Sandra
Re: Zuzahlungsbefreiung - welches Einkommen wird angerechnet?
Die Kasse hat recht.
http://www.betanet.de/betanet/soziales_recht/Zuzahlungsbefreiung-Krankenversicherung-675.html#ue5
Zitat:
"Ist ein Ehepartner beihilfeberechtigt und/oder privat krankenversichert, werden die Zuzahlungen, die auch dieser evtuell leisten muss, nicht als Familienzuzahlung berechnet, das bedeutet, die gesetzliche Krankenkasse erkennt diese nicht als Zuzahlungen in ihrem Sinne an. Beim Familieneinkommen werden allerdings beide Einkommen herangezogen und somit als Grundlage für die Zuzahlungsbefreiung genommen"
Auch in "Mischehen" gelten jedoch die Freibetragsregelungen für Angehörige (siehe Berechnungsbeispiel).
Re: Zuzahlungsbefreiung
Ihre Krankenkasse muß die letzten 4 Jahre korrigieren und das zuviel einbehaltene Geld auszahlen - Rücknahme eines Verwaltungsaktes nennt sich das (glaube ich) - nochmal prüfen Gruss Motzerella