Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag? (Krankenkassenrecht)

Rene @, Samstag, 07.11.2009, 11:24 (vor 5498 Tagen)

Hallo an alle!

Ich fiel 2007 auch unter die Zwangsversicherungspflicht für Selbstständige, da die Kasse umfangreiche Überprüfungen anstellte, durfte ich einen Betrag xxxx nachzahlen.
Da ich einen Berufsunfall hatte ,erhielt ich von der BG so etwas wie einen Existenzgründungszuschuß, da ich meinen Beruf nicht mehr ausüben konnte, dieser lief allerdings 2008/Aug. aus. Bis dahin war ich mit 227.- (ungefähr) Beitrag veranlagt. Nun legte ich den Steuerbescheid 2007 vor, da mein Steuerberater diesen erst Mitte d.J. fertig hatte, hats halt gedauert.
Danach wollte er Sachbearbeier der GKV die BWA 2008 , beides, der Steuerbescheid und die BWA wiesen rote Zahlen auf.
Nun erhielt ich einen Anruf des Sachbearbeiters, der mir eine kräftige Nachzahlung ca. 1350.- seit 08/2008 ankündigte.
Begründung: Ich würde ab diesem Zeitraum nicht mehr in dem ermäßigten Tarif für Existenzgründer geführt, sondern werde nach der Mindesteinkommensgrenze 1980.- Euro festgesetzt.
In einen Tarif für bedürftig Selbständige könne ich nicht eingegliedert werden, da 1. Mieteinnahmen da wären und zum 2. meine Ehefrau ja berufstätig sein.

Nun meine Frage: Nennt man dies soziale Gerechtigkeit?
Wenn ich keine Einnahmen habe muß ich mehr zahlen als wen ich von der BG die Beträge für die Sozialversicherung erstattet bekomme.
Wie zahlt man von 00.00 Euro Gewinn 311.- Beiträge + 1350.- Euro Nachzahlung?

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Czauderna, Samstag, 07.11.2009, 11:35 (vor 5498 Tagen) @ Rene

Hallo,
ob das gerecht ist - darüber kann man diskutieren - rechtens ist es jedenfalls. Solange es eben einen Zuschuss gibt und die restlichen Voraussetzungen auch erfüllt sind gilt eben für hauptberuflich selbständige eine niedrigere Mindestbeitragsbemessungsgrenze wie für die anderen hauptberuflich Selbständigen.
Lag während der Zuschußphase die Grenze bei ca. 1222,000 €, so waren es nach Wegfall des Zuschuss mtl. ca. 1860,00 €.
Somit lässt dann auch deie Nachzahlung nachvollziehen.
Gruß
Czauderna

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Rene, Samstag, 07.11.2009, 13:45 (vor 5497 Tagen) @ Czauderna

Danke für die rasche Antwort!

Was für mich nicht nachvollziehbar ist:
Was ist das für eine Bemesungsgrundlage die zugrunde legt, einem nackten Mann in die Tasche zu greifen?

Für mich, ist dies definitiv ein Verstoß gegen das Grundgesetz, nämlich gegen die Gleichbehandlung, denn ein Angestellter wird nach dem tatsächlichen Einkommen bemessen und bei einem Selbstständigen wird einfach fiktiv ein Einkommen herangezogen, welches er nicht hat.

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Czauderna, Samstag, 07.11.2009, 14:08 (vor 5497 Tagen) @ Rene

Hallo,
wenn diues ein verstoss gegen das Grundgesetz wäre dann würde es diese gesetzlich vorgerschriebene Mindestbeitragsbemessungsgrenze für Selbständige schon lange nicht mehr geben.
Diese Bemessungsgrundlage gibt es schon seit etlichen Jahren, von daher sollte sich jeder Mebnsch, der sich selbständig machen will
auch immer wieder vergegenwärtigen das der Krankenkassenbeitrag und die Pflegeversicherung eben eine bestimmte Größenordnung haben und bei der Kalkulation miteingerechnet werden müssen.

Gruß

Czauderna

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Jaro @, Freitag, 20.11.2009, 12:37 (vor 5484 Tagen) @ Czauderna

Hallo,
das Thema wurde am 15.05.2006 in der WDR2-Sendung ‚Quintessenz‘ besprochen, Überschrift "Arme Selbständige werden geschröpft". (Die entsprechende Internet-Seite steht leider nicht mehr zur Verfügung.) Zweite Überschrift: "Die gesetzlichen Bestimmungen für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenkasse führen vor allem bei Selbstständigen mit wechselndem bzw. geringem Einkommen zu Härten." D.h. erstens stimmt das mit der vorher erwähnten gesetzlich vorgerschriebenen Mindestbeitragsbemessungsgrenze, zweitens gibt es bei GKV-Beiträgen für freiwillig Versicherte zwar eine zwingende Nachzahlung bei zu niedrig angesetzten Beiträgen, jedoch - im Unterschied zu Einkommensteuer - keine Rückzahlung bei zu hoch angesetzten Beiträgen. Ich hatte damit in diesem Krisenjahr heftig zu kämpfen. Mit "Solidargemeinschaft" hat natürlich solche gesetzliche Regelung überhaupt nichts zu tun, und ich persönlich bin froh dass die neue Regierung die Krankenversicherung ändern will. Übrigens ist die Regelung auch für die Versichertengemeinschaft ausgesprochen dumm, denn sie treibt die Selbständigen direkt in die Hände der PKV.
Gruß Jaro

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Lord, Samstag, 21.11.2009, 09:30 (vor 5484 Tagen) @ Jaro

@Rene
Deine Aussage ist nicht richtig. Bei Angestellten wird Bruttoeinkommen als Berechnungsgrundlage herangezogen. Ob der Angestellter im Steuerbescheid rote Zahlen hat, interessiert Krankenkasse auch nicht.

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Samstag, 21.11.2009, 09:55 (vor 5484 Tagen) @ Jaro

Wer die Flucht in die PKV rein aus Beitragsgründen antritt, wird natürlich in jungen und mittleren Jahren eindeutige Vorteile geniessen können. Aber die schmelzen dahin, wenn einer weder umfangreiche private Altersvorsorge noch zusätzliche Beitragsentlastungen für seine private Krankenversicherung aufbaut. Wird von fast allen Privaten angeboten, aber vielen Versicherten liegt die Jacke heute näher als die Hose ... habe jetzt kein Geld oder werde ich später was tun ist oft zu hören. Spätestens mit 55 muß die Altersvorsorge aber stehen oder man sollte zurück in die GKV gehen. Denn später wirds schwierig bis fast unmöglich. Die Gesetzliche selbst verlangt als solidarische Versicherung dem freiwillig versicherten Rentner meist nur um die 136€ ab.
Was oft im Forum, aber hier nicht so klar angesprochen wurde: wer den Mindestbeitrag von 307€ als Selbstständiger nicht aufbringen kann, sollte eine Einstufung als nebenberuflich Selbständiger bedenken und bei der Kasse schnellstens beantragen. Dann werden auch nur 136€ fällig! Ist aber auch das zu viel, bleibt noch der holprige Weg der kostenlosen Familienversicherung bei Selbständigkeit, so man einem gkv-versicherten Ehepartner hat. Wege und Stege wurden im Forum bereits mehrfach aufgezeigt. Fragen? ePost

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Czauderna, Samstag, 21.11.2009, 13:50 (vor 5483 Tagen) @ Joachim Röhl

Hallo,
grundsätzlich war es in der Vergangenheit der Wille des Gesetzgebers dass Beamte und Selbständige nicht in der GKV versihert sein sollten. Von daher durften wir diesen Personenkreis von jeher nicht als Mitglierder aufnehmen, es esei denn sie kam aus der Familienversicherung oder aus einer anderen gesetzlichen Kasse.
Gerade die Problematik der Selbständigen zeigt deutlich die Ungerechtigkeit der dazugehärigen Gesetzgebung durch die Festsetzung eines relativ hohen Mindestbeitragsbemessungsgrenze.
Bisher wurde erfolglos in allen Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit dagegen geklagt.
Inwieweit das Grundgesetz hier herangezogen werden kann, will und kann ich nicht beurteilen.
Der Selbständige in der GKV hatte ich der Vergangenheit nur zwei Alternativen dieser "Zwangseinstufung" zu entgehen, in dem er entweder in die PKV wechselte wo das Einkommen keine Rolle spielte oder er überhaupt auf eine Krankenversicherung verzichtete.
Letzteres ist ihm nun ebenfalls durch die Gesetzgebung genommen worden und das findet er ungerecht (???) - ich nehme mal an dass der eine oder andere Arbeitnehmer auch auf eine Krankenversicherung verzichten würde - aber er kann es nicht - ist das auch ungerecht ??.
Die Fälle der Selbständigen die uns momentan so immens beschäftigen haben grundsätzlich alles etwas gemeinsam - sie mussten oder müssen nachzahlen und sie haben nicht den erforderlich finanziellen Background dafür.
Es stellt sich auch immer wieder heraus dass vor Beginn der selbständigen Tätigkeit Mann oder Frau das Thema Krankenversicherung hintenangestellt hat und von daher war es dann auch immer die Krankenversicherung, die bei Schwierigkeiten finanzieller Art in der Firma als erstes dran glauben musste, noch vor der Voll-Kasko für das Auto.
Eine selbständige Tätigkeit die darauf basiert, das man von der Hand in den Mund lebt aber die Frage der Kranken-, Pflege- und der Altervorsorge nicht berücksicht, sollte erst gar nicht begonnen werden.
Gruß
Czauderna

Re: Zwangsvers. f. Selbst. rote Zahlen= mehr Beitrag?

Joachim Röhl ⌂ @, Berlin 0172-3079777, Samstag, 21.11.2009, 14:42 (vor 5483 Tagen) @ Czauderna

Heißt auf gut deutsch mindestens 200€ für die Kranken- und Pflegeversicherung inklusive Krankentagegeld! einzuplanen und je nach Eintrittsalter und unter Einrechnung vorhandener Ansprüche aus der Gesetzlichen Rentenversicherung nochmal meist weitere 200€ für die private Altersvorsorge aufzubringen. Wer weniger einzahlt ist entweder der erfolgreiche Jungstarter kurz nach Studienabschluß oder einer, der felsenfest drauf vertraut, daß auch in Zukunft Leistungen zur Grundsicherung wie heute üblich fließen. Fragen? ePost

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